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Kinsey Millhone 03 - Abgrundtief

Kinsey Millhone 03 - Abgrundtief

Titel: Kinsey Millhone 03 - Abgrundtief Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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Heute, soweit ich weiß, wird praktisch darauf bestanden.«
    »Was ist aus ihrer Mutter geworden?«
    »Sie hat sich zu Tode getrunken, als Kitty fünf war.«
    Er verfiel in Schweigen. Mir fiel keine Bemerkung ein, die nicht entweder trivial oder fehl am Platze schien. Ich beobachtete, wie er seine Zigarette ausdrückte. Er streifte die heiße Glut ab, eine leere Hülse hinterlassend wie bei einem gezogenen Zahn.
    »Wird man sie der Entgiftung zuführen?« fragte ich schließlich.
    »Eigentlich ist das hier die psychiatrische Abteilung. Ich glaube, die Entziehungsstation ist davon unabhängig. Leo will sie erst beruhigen und dann eine Einschätzung vornehmen, bevor er etwas unternimmt. Im Moment ist sie ein bißchen außer Fassung.«
    Er schüttelte den Kopf und zog an seinem Doppelkinn. »Gott, ich weiß nicht, was ich mit ihr machen soll. Glen hat Ihnen wahrscheinlich erzählt, was für ein Reibungspunkt das zwischen uns ist.«
    »Ihr Drogenkonsum?«
    »Ja, das und ihre Zensuren, ihr Tagesablauf, ihr Gewichtsverlust. Das war ein Alptraum. Ich glaube, sie ist inzwischen auf vierundvierzig Kilo runter.«
    »Also ist sie hier vielleicht gerade richtig«, meinte ich.
    Eine der Doppeltüren wurde geöffnet, und eine Krankenschwester schielte heraus. Sie trug Jeans und ein T-Shirt. Keine Haube, doch eine Schwesternnadel und ein Namensschild, das ich aber von meinem Platz aus nicht lesen konnte. Ihre Haare waren schlecht getönt, in einem Orangeton, den ich bisher nur von Ringelblumen kannte, aber ihr Lächeln war wach und freundlich.
    »Mr. Wenner? Würden Sie mir bitte folgen?«
    Derek erhob sich mit einem Blick auf mich. »Möchten Sie warten? Es dauert nicht lange. Leo sagte, mehr als fünf Minuten würde er mir angesichts ihres Zustands nicht erlauben. Ich könnte Ihnen eine Tasse Kaffee oder einen Drink spendieren, sobald ich hier fertig bin.«
    »In Ordnung. Das ist nett. Ich werde hierbleiben.«
    Er nickte und ging mit der Krankenschwester davon. Einen Moment lang, als sie die Station betraten, konnte ich Kitty dabei hören, wie sie einige phonstarke Flüche recht fantasievoller Art ausstieß. Dann wurde die Tür geschlossen, und der Schlüssel drehte sich geräuschvoll im Schloß. Keiner auf der Drei Süd würde heute nacht schlafen. Ich nahm mir das Exemplar des National Geographie und starrte auf eine Serie von Fotos.
    Fünfzehn Minuten später saßen Derek und ich in einer Motelbar einen halben Block vom Krankenhaus entfernt. Das Plantación ist ein aus der Art geschlagenes Trinketablissement, das aussieht, als sei es aus einem anderen Teil der Stadt hierher gekrochen. Das Motel selbst war augenscheinlich mit dem Hintergedanken gebaut worden, die Verwandten der Kranken und Gebrechlichen aus den umliegenden Kleinstädten, die zur Behandlung ins St. Terry gingen, zu beherbergen. Die Bar war nachträglich hinzugefügt worden, unter Verletzung von Gott weiß was für Gemeindegesetzen, denn sie befindet sich mitten in einer Wohngegend. Natürlich ist die Umgebung inzwischen durchsetzt von medizinischen Gebäuden, Kliniken, Genesungsheimen, Apotheken und verschiedenen anderen Versorgungseinrichtungen der Gesundheits- und Pflegeindustrie, einschließlich einer Leichenhalle zwei Blocks weiter als Dienstleistung für die Leute, bei denen alles andere versagt hat. Vielleicht hatte die Stadtplanungskommission irgendwann beschlossen, bei der Linderung der Schmerzen behilflich zu sein, indem sie zusammen mit dem anderen Zeug auch hochprozentigen Alkohol zugänglich machte.
    Das Innere war schmal und düster. Hinter der Bar erstreckte sich das Diorama einer Bananenplantage, dort, wo sich normalerweise ein langer Spiegel, Likörflaschen und eine Neonreklame für Bier befinden. Angeordnet wie auf einer kleinen, beleuchteten Bühne waren statt dessen maßstabgetreue Bananenpflanzenmodelle in ordentlichen Reihen, und kleine mechanische Arbeiter machten sich in einer Serie von Bildern an die Obsternte. Alle Arbeiter sahen aus wie Mexikaner, einschließlich der kleinen geschnitzten Frau, die mit einem Wasserfaß und einer Kelle dazukam, als gerade die Pfeife zur Mittagspause ertönte. Ein Mann winkte von einem Baumwipfel herunter, während ein winziger hölzerner Hund bellte und mit dem Schwanz wedelte.
    Eine Weile lang saßen Derek und ich fast wortlos an der Theke, so vertieft waren wir in die Szene. Selbst der Barkeeper, der sie sicher schon Hunderte von Malen gesehen hatte, hielt inne, um zu beobachten, wie der mechanische

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