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Kinsey Millhone 03 - Abgrundtief

Kinsey Millhone 03 - Abgrundtief

Titel: Kinsey Millhone 03 - Abgrundtief Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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würde der Sarg in die Gruft passen, die speziell erworben worden war, um ihn unter der Erde zu beherbergen. Über der Grabstätte war ein komplexer Mechanismus aufgebaut, mit dessen Hilfe der Sarg schließlich in das Loch hinabgelassen werden sollte, doch ich nahm an, das würde erst später geschehen.
    Der Stil von Begräbnissen hat sich geändert, seit meine Eltern beerdigt wurden, und ich fragte mich beiläufig, wovon der Wandel diktiert worden war. Von der Technik, ohne Zweifel. Vielleicht war der Tod heutzutage sauberer und einfacher zu regeln. Die Gräber wurden von Maschinen ausgehoben, die ein ordentliches Loch gruben, das dann von solch niedrigen Geräten überragt wurde wie das, auf dem der Sarg jetzt ruhte. Vorbei die Zeiten, als lebende Liebende sich noch ins offene Grab stürzten. Durch den Aufbau dieses neuen Apparates mußte man sich schon auf den Bauch legen und in das Loch robben, was der Geste ihren theatralischen Effekt raubte.
    Auf der einen Seite sah ich Phil und Reva Bergen unter den Trauernden. Er schien aufgeregt zu sein, doch sie war ungerührt. Ihr Blick wanderte vom Gesicht des Pfarrers zu meinem, und sie starrte mich ausdruckslos an. Hinter ihnen glaubte ich Kelly Borden zu erkennen, doch sicher war ich mir nicht. Ich bewegte mich auf meinem Stuhl und hoffte, seinem Blick zu begegnen, aber das Gesicht war fort. Die Menge begann sich zu verteilen, und überrascht stellte ich fest, daß alles vorbei war. Der Pfarrer in seinen schwarzen Gewändern warf Glen einen feierlichen Blick zu, doch die ignorierte ihn und ging Richtung Limousine. Um nicht unhöflich zu sein, verweilte Derek noch so lange, daß ein paar Worte gewechselt werden konnten.
    Kitty saß bereits auf dem Rücksitz, als wir zum Wagen kamen. Ich hätte wetten mögen, daß sie mit irgend etwas gedröhnt war. Ihre Wangen waren gerötet, und die Augen glänzten fiebrig. Unruhig hatte sie die Hände in den Schoß gelegt, wo sie an ihrem schwarzen Baumwollrock zupften. Die Kleidung, die sie für diesen Anlaß gewählt hatte, war von exotischem, zigeunerhaftem Aussehen. Das schwarze Baumwolloberteil war mit Reihen von Rüschen abgesetzt, die in grellen Türkis- und Rottönen bestickt waren. Glen hatte langsam die Augen zugekniffen, als sie Kitty das erstemal so gesehen hatte. Dann war ein fast unmerkliches Lächeln auf ihre Lippen getreten, bevor sie ihre Aufmerksamkeit etwas anderem zuwandte. Sie hatte sich offenbar entschieden, diese Sache nicht zu einem Thema werden zu lassen. Kittys Verhalten war herausfordernd gewesen, aber ohne einen Widerstand von Glens Seite verlor das Drama den Schwung, noch bevor sie zum ersten Akt angesetzt hatte.
    Ich stand in der Nähe des Wagens, als Derek kam. Er kletterte auf den Rücksitz, zog einen der Klappstühle herunter und streckte sich, um die Tür zuzuziehen.
    »Laß sie offen«, murmelte Glen.
    Der Chauffeur war immer noch nirgendwo zu sehen. Es gab einen Stau, während die Leute wieder ihre Plätze in den entlang der Straße geparkten Wagen einnahmen. Andere liefen ohne erkennbaren Sinn auf der Wiese herum.
    Derek versuchte Glen in die Augen zu sehen. »Also, ich denke, daß doch alles recht gut gelaufen ist.«
    Scharf drehte Glen den Kopf weg und sah aus dem gegenüberliegenden Fenster. Wenn einem das einzige Kind gestorben ist, wen interessiert das schon wirklich?
    Kitty nahm sich eine Zigarette und zündete sie an. Ihre Hände sahen aus wie Vogelkrallen mit einer fast schuppigen Haut. Der mit einem Gummiband versehene Ausschnitt ihrer Bluse enthüllte einen so mageren Brustkorb, daß sich Brustbein und Rippenknochen abzeichneten wie bei einem Jux-T-Shirt.
    Derek verzog das Gesicht, als der Rauch über den Rücksitz zog. »Mein Gott, Kitty, mach das Ding aus. Um Himmels willen!«
    »Ach, laß sie nur«, sagte Glen träge. Kitty schien überrascht von der unerwarteten Unterstützung, doch sie drückte trotzdem die Zigarette aus.
    Der Fahrer erschien und schloß die Tür auf Dereks Seite. Dann ging er hinten um den Wagen herum und glitt hinter das Lenkrad. Als er losfuhr, ging ich zu meinem Wagen.

    Nachdem wir am Haus angekommen waren, hob sich die Stimmung erheblich. Getröstet von gutem Wein und reichlich Hors d’œuvres, schien man den Tod abzuschütteln. Ich weiß nicht, warum Begräbnisse immer noch diese kleinen Tête-à-têtes nach sich ziehen. Alles andere ist modernisiert worden, doch irgendein Überrest bleibt hängen. Es müssen sich zweihundert Menschen im Wohnzimmer und in der

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