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Kinsey Millhone 03 - Abgrundtief

Kinsey Millhone 03 - Abgrundtief

Titel: Kinsey Millhone 03 - Abgrundtief Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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suche dieses kleine rote Adreßbuch, nach dem er dich letzten Dienstag gefragt hat. Ich vermute, du hast keine Ahnung, wo es sich befinden könnte.«
    »Nee.« Sie beugte sich vor und benutzte eine zusammengerollte Dollarnote als Strohhalm und ihr Nasenloch als kleinen Staubsauger. Ich beobachtete, wie der Koks wie bei einem Zaubertrick in ihre Nase flog.
    »Hast du eine Vorstellung, wem er es gegeben haben könnte?«
    »Nee.« Sie setzte sich zurück und hielt sich die Nase zu. Dann befeuchtete sie ihren Zeigefinger, säuberte die Oberfläche des Spiegels und fuhr sich mit der Fingerspitze übers Zahnfleisch, als riebe sie ein Mittel gegen die Schmerzen beim Zahnen ein. Sie langte nach ihrem Weinglas, lehnte sich gegen die Kissen und zündete sich eine Zigarette an.
    »Meine Güte, das ist echt toll«, stichelte ich. »Du gehst heute alles durch. Nimmst ein bißchen Koks, kippst dir den Wein rein, rauchst Zigaretten. Sie werden dich durch die Entgiftung schleusen müssen, ehe du wieder auf die Drei Süd kommst.« Ich wußte, daß ich sie reizte, aber sie ging mir auf die Nerven. Außerdem suchte ich Streit, weil ich annahm, er wäre besser zu ertragen als die Trauer.
    »Leck mich am Arsch«, gab sie gelangweilt zurück.
    »Was dagegen, wenn ich mich setze?« fragte ich.
    Sie deutete ihre Erlaubnis an, und ich ließ mich auf dem Bettrand nieder und sah mich interessiert um.
    »Was ist aus deinem Vorrat geworden?« wollte ich wissen.
    »Was für ein Vorrat?«
    »Den, den du hier drin aufbewahrt hast«, erklärte ich und wies auf die Nachttischschublade .
    Sie starrte mich an. »Ich hab da drin nie einen Vorrat aufbewahrt.«
    Ich mochte diesen Beiklang gerechten Zorns. »Das ist komisch«, behauptete ich. »Ich habe gesehen, wie Dr. Kleinert eine ganze Reißverschlußtasche voller Pillen rausnahm.«
    »Wann?« fragte sie ungläubig.
    »Am Montagabend, als sie dich abgeholt haben. Aufputschmittel, Antidepressiva, Tuinals, den ganzen Krempel.« Eigentlich glaubte ich nicht wirklich, daß die Pillen ihr gehört hatten, aber ich war neugierig, was sie dazu zu sagen hatte.
    Sie starrte mich noch einen Moment länger an und blies dann einen Mundvoll Rauch aus, den sie ordentlich durch die Nase wieder einsog. »Die nehme ich nicht«, stellte sie fest.
    »Was hattest du am Montagabend geschluckt?«
    »Valium. Auf Rezept.«
    »Dr. Kleinert hat dir ein Rezept für Valium ausgestellt?« fragte ich.
    Ärgerlich sprang sie auf und begann das Zimmer abzuschreiten. »Ich bin nicht auf deine Scheiße angewiesen, Kinsey. Mein Stiefbruder wurde heute beerdigt, falls du das vergessen haben solltest. Ich habe andere Sachen im Kopf.«
    »Hattest du näher mit Bobby zu tun?«
    »Nein, ich hatte nicht >näher< mit Bobby zu tun. Was meinst du damit, irgend etwas in sexueller Richtung? So was wie, ob ich eine Beziehung zu ihm hatte?«
    »Ja, so etwas.«
    »Gott, du bist so fantasievoll. Zu deiner Information, ich habe diesbezüglich nicht einmal an ihn gedacht.«
    »Vielleicht hat er diesbezüglich an dich gedacht.«
    Sie blieb stehen. »Wer sagt das?«
    »Nur so eine Theorie von mir. Du weißt, daß er dich geliebt hat. Warum hätte er nicht genausogut sexuelle Gefühle haben sollen?«
    »Ach, hör auf. Hat Bobby das gesagt?«
    »Nein, aber ich habe seine Reaktion beobachtet an dem Abend, als du ins Krankenhaus kamst. Es kam mir nicht so vor, als ob das rein brüderliche Liebe war, die ich da sah. Offengesagt, habe ich Glen damals danach gefragt, aber sie meinte, sie glaube nicht, daß da etwas wäre.«
    »Nun, es war nichts.«
    »Zu schade. Vielleicht hättet ihr einander retten können.«
    Sie verdrehte die Augen und warf mir diesen Blick zu — Gott, Erwachsene sind solche Trottel! — , aber sie war unruhig und erregt. Sie stellte den Aschenbecher auf die Kommode und drückte ihre Zigarette aus. Dann hob sie den Deckel einer Spieldose und ließ ein paar Töne aus »Lara’s Theme« entweichen, bevor sie sie wieder zuklappte. Als sie mich wieder ansah, hatte sie Tränen in den Augen und schien darüber verwirrt zu sein.
    Sie stieß sich von der Kommode ab. »Ich muß meinen Kram zusammenpacken.«
    Sie ging an den Schrank und zog einen Leinensack heraus. Dann öffnete sie die obere Schublade und packte einen Stapel Unterhosen, den sie in die Tasche steckte. Sie stieß die Schublade zu und öffnete die nächste, aus der sie T-Shirts, Jeans und Strümpfe nahm.
    Ich stand auf und ging zur Tür, wo ich mich, die Hand auf dem Knopf, noch einmal

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