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Kinsey Millhone 04 - Ruhelos

Kinsey Millhone 04 - Ruhelos

Titel: Kinsey Millhone 04 - Ruhelos
Autoren: Sue Grafton
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belügen, und nannte deshalb einfach meine Aufgabe und beließ es dabei.
    Er blinzelte mich an. »Billy Polo ist ein sehr schlimmer Kerl. Ich frage mich, ob Sie das wohl wissen.« Seine Stimme klang belegt, und ich bemerkte, daß er zitterte und daß sein Kopf wackelte, wenn er sprach. Ich vermutete, daß er an einer Form der Parkinsonschen Krankheit litt.
    »Doch, das weiß ich. Soviel ich weiß, war er im Männergefängnis von Kalifornien, bis vor kurzem erst. Ich glaube, da hat er auch den Mann kennengelernt, um den es hier geht. Haben Sie eine Ahnung, wo ich ihn erreichen könnte?«
    »Nun ja, wissen Sie, das Haus hat seiner Mutter gehört«, erzählte er und nickte zum Vorderhaus hinüber. »Sie hat es vor ungefähr zwei Jahren verkauft, als sie wieder geheiratet hat.«
    »Wohnt sie noch hier in der Stadt?«
    »Ja, ich glaube, in der Tranvia Street. Sie heißt jetzt Christophen Wenn Sie ‘ne Minute warten, gebe ich Ihnen die Adresse.« Er schlurfte davon und kam kurz darauf mit einem Adreßbuch in der Hand zurück. »Sie ist ‘ne reizende Frau. Schickt mir jedes Jahr zu Weihnachten eine Karte. Ja, da ist sie. Bertha Christophen Wird Betty gerufen. Wenn Sie sie zufällig sehen, grüßen Sie sie von mir.«
    »Das mach ich gern, Mr. Talbot. Und vielen Dank.«
    Tranvia stellte sich als eine breite, baumlose Straße im Osten der Stadt heraus. Einstöckige Häuser auf kleinen Grundstücken mit Drahtzäunen und ungestutzten, mannshohen Büschen, die vom Regen niedergedrückt waren, und mit durchweichtem Kinderspielzeug, das auf gepflasterten Auffahrten herumlag. Die Häuser waren unterschiedlich gut erhalten, aber die Adresse, die ich jetzt von Bertha Christopher hatte, gehörte zu einem der gepflegteren Häuser des Blocks, senffarben mit einem dunkelbraunen Rand. Ich parkte meinen VW auf der gegenüberliegenden Straßenseite, ungefähr fünfzig Meter entfernt, so daß ich darin sitzen und das Haus unauffällig beobachten konnte. Die meisten der abgestellten Wagen waren schäbig, so daß meiner gut dazupaßte.
    Es war jetzt fünf Uhr vorbei, und das Licht verblaßte schnell, die Kälte in der Luft wurde deutlicher spürbar. Der Regen hatte etwas nachgelassen, und so ließ ich meinen Schirm, wo er war. Ich schnappte mir meinen gelben Regenmantel und schlüpfte hinein, stülpte die Kapuze über. Dann verschloß ich den Wagen und überquerte die Straße, platschte durch Pfützen, die das Leder meiner Stiefel dunkel färbten. Der Regen trommelte mit einem pochenden Geräusch gegen den Stoff des Regenmantels, das mir das Gefühl gab, in einem Pfadfinderzelt zu liegen.
    Den Besitz der Christophers umgab eine niedrige Steinmauer aus melonengroßen Sandsteinblöcken, die von Beton zusammengehalten wurden. Pflanzen in Hängeampeln schirmten die Fenster auf der Vorderseite gegen die Straße ab, und ein gläsernes Windspiel in einer Ecke der Veranda klirrte leise im Wind. Zu beiden Seiten eines Metalltisches standen zwei leichte Aluminiumstühle. Alles war naß und roch nach feuchtem Gras.
    Es gab keine Klingel, aber ich klopfte an die Scheibe in der Haustür, legte eine Hand daran, um hineinsehen zu können. Das Hausinnere lag im Schatten, auch von hinten fiel kein Licht nach vorne. Ich trat an das Verandageländer und schaute zu den angrenzenden Häusern hinüber, die beide ebenfalls dunkel waren. Ich nahm an, daß viele der Leute hier bei der Arbeit waren. Nach ein paar Minuten kehrte ich zu meinem Wagen zurück.
    Ich ließ den Motor an und schaltete für eine Weile die Heizung ein. Schließlich waren die Scheiben so beschlagen, daß ich kaum sehen konnte. Ich rubbelte in der Mitte der Windschutzscheibe einen Fleck frei und saß dann da und starrte hinaus. Die Straßenlampen gingen an. Um Viertel vor sechs aß ich mein Sandwich, nur, um etwas zu tun. Um Viertel nach sechs trank ich etwas Kaffee und schaltete mein Autoradio an, hörte zu, wie ein Talkshow-Moderator ein Medium interviewte. Fünfzehn Minuten später, gleich nach den 6-Uhr-30-Nachrichten, näherte sich ein Wagen, verlangsamte das Tempo und bog in die Auffahrt der Christophers ein.
    Eine Frau stieg aus, schwach von einer Straßenlampe beleuchtet. Sie blieb stehen, als wollte sie einen Schirm aufspannen, entschied sich dann aber scheinbar dagegen. Ich sah zu, wie sie die Auffahrt entlangeilte und um das Haus herumlief. Augenblicke später gingen nacheinander die Lampen an... zuerst im linken Raum auf der Rückseite, wahrscheinlich einer Küche, dann im Wohnzimmer
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