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Kinsey Millhone 04 - Ruhelos

Kinsey Millhone 04 - Ruhelos

Titel: Kinsey Millhone 04 - Ruhelos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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Airstream und Concord schienen am häufigsten vertreten zu sein. Jeder hatte ein numeriertes Pappschild im Fenster, auf dem die Nummer des Platzes angegeben war, auf dem er stand. Einige standen auf kleinen Grasflecken, vorübergehende Campingplätze für Wohnwagen auf der Durchreise, aber viele waren auch auf Dauer dort und sahen aus, als wären sie schon vor Jahren hier abgestellt worden. Die Abstellplätze waren nichts weiter als aus Beton gegossene Vierecke, umgeben von weißen Holzzäunen, etwas über einen halben Meter hoch, oder aber durch Bambusmatten voneinander abgegrenzt. Die Höfe, so es welche gab, beherbergten eine Ansammlung von Plastikhirschen und Flamingos.
    Es war fast elf, und viele der Anhänger waren dunkel. Hier und da konnte ich das blaugraue Flackern eines Fernsehers sehen. Ich fand den Chevrolet, mit noch warmer Motorhaube und tickendem Motor, neben einem dunkelgrünen, schäbigen Anhänger mit zerrissener Markise und zur Hälfte abgerissener Aluminium-Scheuerleiste. Aus dem Innern konnte ich das dumpfe Dröhnen von Rock ‘n’ Roll-Musik hören, die in einem zu kleinen Raum zu laut gespielt wird.
    Die Fenster waren Ovale aus heißem, gelbem Licht, ungefähr dreißig Zentimeter über Augenhöhe. Ich schlich auf die rechte Seite hinüber, so nahe heran, wie ich konnte, und sah mich um, um festzustellen, ob einer der Nachbarn mich bemerkt hatte. Der Anhänger gleich nebenan hatte ein Schild ZU VERMIETEN an der Seite, und bei dem auf der gegenüberliegenden Straßenseite waren die Vorhänge zugezogen. Ich kehrte ans Fenster zurück und stellte mich auf die Zehenspitzen, um hineinzuschauen. Das Fenster stand einen Spaltbreit auf. Die Luft, die herausdrang, war heiß und roch nach gebratenen Zwiebeln. Die Vorhänge bestanden aus alten Baumwollgeschirrtüchern über einer Messingstange an einem Ende. Sie hingen schief genug, daß ich Billy Polo und die Frau, mit der er sprach, deutlich sehen konnte. Sie saßen beide an einem Klapptisch, tranken Bier und bewegten die Lippen, aber die Worte waren über dem Lärm der Musik nicht zu verstehen. Das Innere des Wagens war eine deprimierende Collage aus billig getäfelten Wänden, schmutzigem Geschirr, Trödel, aufgerissenen Polstern, Zeitungen und Konserven, die sich auf Regalen stapelten. Ein Aufkleber über der Eingangstür verriet: ICH WAR IN ALLEN 48 STAATEN!
    Auf einer Pappschachtel thronte ein kleiner Schwarzweißfernseher, der auf das Ende eines uralten Krimis eingestellt zu sein schien. Das Tempo der Handlung nahm zu. Ein Wagen schoß los, geriet außer Kontrolle, überschlug sich x-mal, ehe er über eine Klippe stürzte und mitten in der Luft explodierte. Das Bild wechselte, zeigte jetzt zwei Männer in einem Büro, von denen einer telefonierte. Weder Billy noch die Frau schienen zuzusehen, und die Musik muß es auch für sie unmöglich gemacht haben, überhaupt etwas vom Dialog zu hören.
    Ich spürte, wie sich in meiner rechten Wade ein Krampf entwickelte. Ich schaute mich nach irgend etwas um, auf das ich mich stellen konnte, um die Anstrengung zu verringern. Der Nebenhof war ein Dschungel aus wildwucherndem Gestrüpp, und der Parkplatz war mit Abfällen übersät. Unter der Tür zum Wohnwagen stand eine kurze Holztreppe. Ich zwängte mich durch die Büsche, meine Jeans und Stiefel wurden dabei klatschnaß. Ich verließ mich darauf, daß die laute Musik den Lärm übertönen würde, den ich machte, als ich den Tritt packte, mich durch das Gestrüpp zurückzwängte und die Stufen unter das Fenster stellte.
    Vorsichtig stieg ich hinauf und schaute wieder hinein. Billy Polo hatte ein überraschend jungenhaftes Gesicht für einen Mann, der die gesamten dreißig Jahre seines Lebens als Gauner verbracht hatte. Sein Haar war dunkel, eine lockige Masse, die sein Gesicht umgab. Die Nase war schmal, der Mund großzügig, und er hatte ein Grübchen am Kinn, das aussah wie eine kleine Wunde. Er war kein großer Mann, aber seine drahtige Muskulatur ließ auf Kraft schließen. Er hatte etwas Manisches, seine Bewegungen ließen Anspannung ahnen. Seine Augen waren ruhelos, und er neigte dazu, zur Seite zu starren, wenn er sprach, als würde direkter Blickkontakt ihn ängstigen.
    Die Frau war Anfang Zwanzig, mit breitem Mund, kräftigem Kinn und einer Stupsnase, die aussah, als wäre sie aus Wachs gemacht. Sie war ungeschminkt, ihr blondes Haar war dicht, eine Reihe fester Locken, die sie schulterlang trug, spröde und schlecht geschnitten. Ihre Haut war sehr

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