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Kinsey Millhone 04 - Ruhelos

Kinsey Millhone 04 - Ruhelos

Titel: Kinsey Millhone 04 - Ruhelos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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Meine Tante glaubte daran, daß jede Frau Fähigkeiten entwickeln sollte, die sich vermarkten lassen, und je mehr Geld dafür bezahlt wurde, um so besser. Jegliches feminine Handeln, dessen Ziel es nicht war, die Unabhängigkeit zu vergrößern, konnte verworfen werden. »Wie angle ich mir einen Mann« kam in ihrer Liste überhaupt nicht vor.
    Als ich zur High-School ging, applaudierte sie, als ich in Hauswirtschaftslehre eine 4 erzielte. Sie hielt es für sinnvoller, wenn die Jungs Hauswirtschaft und die Mädchen Technik und Werken belegen würden. Verstehen Sie mich nicht falsch, sie mochte (manche) Männer sehr, aber sie hatte kein Interesse daran, einen wie eine Krankenschwester zu bemuttern. Sie war niemandes Mutter, erklärte sie, nicht einmal meine, und sie hatte nicht die Absicht, sich wie eine solche zu benehmen. All das zusammen ergibt den Grund dafür, warum ich meine Pistole zurückhaben wollte. G. Pettigrew oder M. Gutierrez mußte ich nichts von alledem erklären. Sie wußten beide, daß ich zwei Jahre lang bei der Polizei gewesen war, und sie wußten beide den Wert einer Waffe zu schätzen.
    Als schließlich alle den Parkplatz verließen, war es vollkommen dunkel und hatte wieder angefangen zu regnen. Einfach perfekt.
    Ich fuhr heim und schickte mich an, eine Liste der Dinge aufzustellen, die ich ersetzen mußte, einschließlich Führerschein, Scheckheft und weiß Gott was noch alles. Zwischendurch gab ich telefonisch den Verlust meiner Kreditkarten durch. Ich hatte nur ungefähr zwanzig Dollar bar bei mir gehabt, aber der Verlust ärgerte mich. Es war alles zu ärgerlich, um lange darüber nachzudenken. Ich duschte, zog mir Jeans, Stiefel und Pullover an und ging zu Rosie’s hinüber, um etwas zu essen.
    Rosie’s ist die Kneipe in meiner Nachbarschaft. Sie selbst leitet sie, eine Ungarin um die Sechzig, klein und stramm, mit rotgefärbtem Haar, das kürzlich ausgesehen hatte wie eine Kreuzung zwischen Terrakotta-Bodenfliesen und einer Füllung aus Dosenkürbis. Rosie ist Autokratin — offen, überwältigend, mißtrauisch Fremden gegenüber. Sie kocht traumhaft, wenn es ihr paßt, aber normalerweise will sie vorschreiben, was man zu essen hat. Sie liebt es, andere zu beschützen, ist manchmal großzügig, oft anstrengend. Wie die mürrische Großmutter deiner besten Freundin ist sie jemand, den man erträgt, um den Frieden zu wahren. Ich bin öfter mal bei ihr, weil ihr Laden nur einen halben Block von meiner Wohnung entfernt und nicht zu elegant ist. Rosie hat wohl das Gefühl, daß sie mich herumkommandieren kann, weil ich öfter zu ihr komme...und im großen und ganzen stimmt das auch.
    Als ich an jenem Abend hereinkam, warf sie nur einen Blick in mein Gesicht und schenkte mir dann ein Glas Weißwein aus ihrem persönlichen Vorrat ein. Ich bewegte mich zu meiner bevorzugten Nische im hinteren Teil. Die Rückwände sind hier hoch, aus festem, dunkel gebeiztem Holz, und die Seitenteile sind in der Form eines Lehnsessels geschnitzt. Augenblicke später tauchte Rosie an meinem Tisch auf und stellte das Glas mit Wein vor mich hin.
    »Jemand hat gerade das Fenster in meinem Auto eingeschlagen und alles geklaut, was mir lieb und teuer war, einschließlich meiner Pistole«, erzählte ich.
    »Ich habe sóska leves für dich«, verkündete sie. »Und danach wirst du einen Salat mit Sellerie essen, etwas Paprikahühnchen, ein paar von Henrys guten Brötchen, Kohlstrudel und schließlich Kirschen, wenn du liebt bist und deinen Teller leer ißt. Es geht auf Rechnung des Hauses wegen deinem Kummer, aber denk über eines nach, während du ißt. Wenn du in deinem Leben einen anständigen Mann hättest, dann würde dir so etwas nicht passieren. Mehr will ich dazu nicht sagen.«
    Zum ersten Mal seit Tagen lachte ich.

13

    Am nächsten Morgen, Montag, fing ich mit der umständlichen Arbeit an, den Inhalt meiner Handtasche zu ersetzen. Zuerst fuhr ich zur Zulassungsstelle, weil die Büros um acht Uhr öffneten. Ich setzte den Papierkrieg für einen neuen Führerschein in Gang und zahlte drei Dollar für ein Duplikat. Kaum öffnete die Bank, da kündigte ich bereits mein Girokonto und eröffnete ein neues. Dann hielt ich bei der Wohnung und rief in Sacramento an, bat um eine beglaubigte Abschrift meiner Zulassung als Privatdetektiv. Ich bewaffnete mich mit einem Stapel Visitenkarten aus meinem Vorrat und trieb eine alte Tasche auf, die ich benutzen konnte, bis ich eine neue kaufen würde. Ich fuhr zum Drugstore

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