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Kinsey Millhone 04 - Ruhelos

Kinsey Millhone 04 - Ruhelos

Titel: Kinsey Millhone 04 - Ruhelos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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Kindchen. Sie haben kein Recht, uns irgend etwas davon zu fragen. Sie sind nicht von der Polizei.«
    »Ich kann fragen, was ich will«, sagte ich sanft. »Ich kann Sie nicht zwingen, mir zu antworten, aber ich kann Sie immerhin fragen.«
    Sie wurde unruhig, rutschte auf ihrem Platz herum. »Wissen Sie was? Ich mag Sie nicht. Leute wie Sie machen mich krank.«
    »Tatsächlich? Was für Leute?«
    Sie ließ sich Zeit, löste ein Streichholz aus einem Briefchen, kratzte mit der Spitze über die Lläche, bis es aufflammte. Dann zündete sie ihre Zigarette an. Das Streichholz erzeugte ein leises Klirren, als es in den Aschenbecher fiel. Sie stützte das Kinn in die Handfläche und lächelte mich unfreundlich an. Ich wollte, sie hätte sich die Zähne machen lassen, damit sie hübscher aussah. »Ich wette, Sie haben es wirklich leicht gehabt, was?« Ihre Stimme triefte vor Sarkasmus.
    »Außerordentlich.«
    »Hübsches, gutbürgerliches Mittelklasseheim. Die ganze Mama-Papa-Geschichte. Ich wette, Sie hatten kleine Brüder und Schwestern. Einen süßen, kleinen, wuscheligen weißen Hund...«
    »Das ist erstaunlich«, sagte ich.
    »Zwei Autos. Vielleicht einmal die Woche eine Putzfrau. Ich bin nie aufs College gegangen. Ich hatte nie einen Daddy, der mir all das gegeben hat.«
    »Nun, das erklärt dann ja alles«, sagte ich. »Ich habe Ihre Mom kennengelernt, wissen Sie. Sie sieht aus wie jemand, der sein Leben lang hart gearbeitet hat. Zu dumm, daß Sie die Anstrengung nicht zu schätzen wissen, die sie Ihretwegen unternommen hat.«
    »Was für eine Anstrengung? Sie arbeitet im Supermarkt.«
    »Verstehe. Sie finden, sie sollte etwas Vornehmes machen, so wie Sie.«
    »Ich werde das bestimmt nicht bis an mein Lebensende tun, wenn Sie das glauben.«
    »Was ist aus Ihrem Vater geworden? Wo war er die ganze Zeit?«
    »Wer weiß. Der ist schon lange abgehau’n.«
    »Und hat sie mit den kleinen Kindern allein gelassen?«
    »Hören Sie auf. Ich weiß nicht mal, warum ich das überhaupt erwähnt hab. Vielleicht kommen Sie jetzt zur Sache, damit ich an meine Arbeit zurück kann.«
    »Erzählen Sie mir von Doug.«
    »Geht Sie nichts an.« Sie glitt aus der Nische. »Die Zeit ist um«, sagte sie und ging davon. Himmel, und da saß ich und versuchte, freundlich zu sein.
    Ich nahm wieder die Schuhe und den Rock und ließ ein paar Münzen auf den Tisch fallen. Dann ging ich zum Eingang, blieb im Schutz der Tür stehen, ehe ich in den Regen hinaustrat. Es war 10 Uhr 17, und auf der Milagro herrschte kein Verkehr. Die Straße schimmerte schwarz, und der Regen machte ein Geräusch wie Schinken, der in der Pfanne brutzelt, als er aufs Pflaster fiel. Von den Gullideckeln stieg Dunst auf, und wo das Wasser aus den Regenrinnen herabschoß, rauschte ein immer breiter werdender Bach in die Abflußrinnen.
    Ich war unruhig, noch nicht bereit, für diesen Abend Schluß zu machen. Ich dachte daran, bei Rosie reinzuschauen, aber da würde es wahrscheinlich genauso aussehen wie im Hub — rauchig, schäbig, deprimierend. Zumindest hatte die Luft draußen, wenn sie auch kalt war, den süßlichen, blumigen Geruch von nassem Beton. Ich ließ den Wagen an und wendete, schlug den Weg zum Strand ein. Regen prasselte an die Windschutzscheibe.
    Ich bog nach rechts in die Cabana ein und fuhr den Boulevard entlang. Zu meiner Linken, selbst ohne sichtbaren Mond, konnte ich die Brandung ausmachen, ein graues Schimmern, das sich mit donnernder Monotonie auf sich selbst zurückwarf. Draußen im Meer konnte ich die Lampen an den Öltürmen durch den Nebel blinken sehen. Ich hatte an einer Ampel gehalten, als ich hinter mir eine Hupe hörte. Ich blickte in den Rückspiegel. Ein kleiner, roter Honda fuhr in die Spur neben mir. Es war Jonah, scheinbar ebenso wie ich auf dem Heimweg. Er machte mir ein Zeichen. Ich beugte mich über den Sitz und kurbelte das Fenster auf der Beifahrerseite herunter.
    »Kann ich dich zu ‘nem Drink einladen?«
    »Sicher. Wo?«
    Er deutete auf das Crow’s Nest zu seiner Rechten, ein Restaurant, dessen Außenbeleuchtung noch brannte. Die Ampel sprang um, und er fuhr an. Ich folgte ihm, bog hinter ihm auf den Parkplatz ein. Wir parkten Seite an Seite. Er stieg zuerst aus, stemmte sich gegen den Regen, während er einen Schirm öffnete und damit zu meiner Tür kam. Wir drängten uns aneinander und hüpften über Pfützen bis zum Eingang. Er hielt mir die Tür auf, und ich trat ein, hielt sie dann für ihn, während er den Schirm senkte und

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