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Kinsey Millhone 04 - Ruhelos

Kinsey Millhone 04 - Ruhelos

Titel: Kinsey Millhone 04 - Ruhelos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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Verhalten, durch das Wissen auf beiden Seiten, daß es kein Zurück mehr gibt, wenn wir gewisse Grenzen erst einmal überschritten haben, und daß man die Folgen nicht vorhersehen kann.
    Wir bestellten eine zweite Runde Drinks, dann eine dritte. Wir tanzten langsam, sagten kein Wort. Jonah roch nach Seife, und sein Kinn war glatt, und manchmal summte er, ein tiefes Brummen, wie ich es nicht mehr gehört hatte, seit ich als kleines Kind bei meinem Vater auf dem Schoß saß und ihm zuhörte, wenn er mir vorlas, noch bevor ich wußte, was Worte bedeuteten. Ich dachte an Billy Polo, wie er Lovell auf den Boden gelegt hatte. Das Bild war eine Qual, denn es verriet seine Bedürfnisse. Ich war immer so stoisch, so bemüht, nur ja keine Fehler zu machen. Manchmal frage ich mich, wo der Unterschied ist zwischen vorsichtig und tot sein. Ich dachte über den Regen nach und wie schön es ist, auf saubere Laken zu sinken. Ich legte den Kopf zurück, und Jonah sah mich fragend an.
    »Das ist alles Billy Polos Schuld«, sagte ich.
    Er lächelte. »Was?«
    Ich musterte ihn einen Augenblick lang. »Was würde Camilla tun, wenn du heute nacht nicht heimkommen würdest?«
    Sein Lächeln verging, und seine Augen bekamen diesen Blick. »Sie ist es doch, die über eine offene Ehe spricht«, sagte er.
    Ich lachte. »Ich wette, das gilt für sie, aber nicht für dich.«
    »Nicht mehr«, sagte er.
    Sein Kuß schien vertraut.
    Wir gingen kurz darauf.

21

    Um neun Uhr fuhr ich ins Büro. Die Regenwolken hingen über den Bergen, zogen weiter nach Norden, aber über uns zeigte der Himmel das Blauweiß von ausgewaschenem Jeansstoff. Die Stadt erschien klar und scharf umrissen wie durch eine neue Brille. Ich öffnete die Fenstertüren und trat auf den Balkon, hob die Arme und wackelte kurz mit dem Unterkörper, wie es Fußballer so gern machen. Das ist für dich, Camilla Robb, dachte ich, lachte und ging zum Spiegel, um mich zu betrachten und hemmungslos Grimassen zu schneiden. Amazing Grace. Ich sah aus wie ich selbst. Während Tränen das Selbst auslöschen, verbessert guter Sex es, und ich verspürte frische Energie.
    Ich setzte Kaffee auf und machte mich an die Arbeit, tippte meine Notizen, Einzelheiten der Gespräche, die ich mit Billy und Coral geführt hatte. Cops und Detektive ersticken immer in Papierkram. Von allem muß man schriftliche Berichte anfertigen, so daß jeder, der anschließend Einblick darein nimmt, immer ein klares und umfassendes Resümee der Untersuchung bis zu diesem Zeitpunkt hat. Da ein Privatdetektiv auch Dienstleistungen dieser Art in Rechnung stellt, muß ich immer Buch führen über meine Stunden und Ausgaben und zwischendurch immer wieder Berichte vorlegen, damit ich sicher sein kann, mein Geld zu bekommen. Ich ziehe die Arbeit draußen vor, aber ich nehme an, das tun wir alle. Wenn ich meine Tage im Büro hätte zubringen wollen, dann hätte ich eine Ausbildung gemacht und würde jetzt bei der Versicherungsgesellschaft nebenan arbeiten. Ihre Arbeit scheint in achtzig Prozent der Zeit langweilig zu sein, während mich meine vielleicht in einer von zehn Stunden langweilt.
    Um halb zehn setzte ich mich telefonisch mit Barbara Daggett in Verbindung, gab ihr einen mündlichen Bericht, der mit dem übereinstimmte, den ich für sie zur Post geben würde. Die doppelte Mühe war zwar eigentlich nicht nötig, aber ich machte sie mir trotzdem. Zum Teufel, es war schließlich ihr Geld. Sie hatte Anspruch auf die beste Leistung, die sie kriegen konnte. Anschließend machte ich die Ablage, schloß dann wieder ab, nahm den grünen Rock und die hohen Schuhe mit nach unten und ging zu meinem Wagen, fuhr dann zu Marilyn Smith. Ich kam mir allmählich vor wie der Prinz auf der Suche nach Aschenputtel, den Schuh in der Hand.
    Ich nahm den Highway nach Norden, atmete tief die frische Luft ein. Nach Colgate braucht man nur fünfzehn Minuten, aber ich hatte doch Gelegenheit, über die vergangene Nacht nachzudenken. Jonah hatte sich als Clown im Bett erwiesen... witzig und einfallsreich. Wir hatten uns aufgeführt wie ungezogene Kinder, hatten Snacks gegessen, Gespenstergeschichten erzählt und uns zwischendurch immer mal wieder geliebt, was gleichzeitig intensiv und gemütlich gewesen war. Ich fragte mich, ob ich ihn vielleicht in einem früheren Leben gekannt hatte. Ich fragte mich, ob ich ihn wieder kennen würde. Er war so großzügig und zärtlich, so erstaunt darüber, mit jemandem zusammenzusein, der nicht kritisierte oder sich

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