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Kinsey Millhone 05 - Kleine Geschenke

Kinsey Millhone 05 - Kleine Geschenke

Titel: Kinsey Millhone 05 - Kleine Geschenke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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zugeklebt waren. Ich überlegte, wie lange er schon getrennt wohnen mochte.
    Ich hatte Andys Frau Janice ein paarmal bei California Fidelity Parties getroffen und mir nicht viel Gedanken über sie gemacht, bis ich sah, was sie ihm gelassen hatte. Die Dame hatte wirklich ganze Arbeit geleistet. Andy hatte sich immer über ihre Extravaganz beklagt, hatte sich vergewissert, daß wir auch alle wußten, daß sie nur in den besten Geschäften der Stadt einkaufte. Es war natürlich ein Maß für seinen Erfolg, daß sie straflos ausging. Es war klar daß es ihr jetzt um den Unterhalt ging. Andy waren ein Beistelltisch, vier Aluminiumstühle, eine Matratze und etwas Besteck geblieben, das wohl das Monogramm seiner Mutter trug. Es sah aus, als hätte Janice es jahrelang in die Spülmaschine gesteckt, denn es war angelaufen, und die Silberauflage an den Griffen war abgenutzt.
    In den Küchenschränken fanden sich Pappteller und Styroportassen, dazu eine traurige Ansammlung von Konserven. Dieser Knabe ernährte sich ja noch schlechter als ich. Da die Wohnungen brandneu waren, waren die Geräte ultramodern und makellos: selbstreinigender Ofen, großer Kühlschrank (leer mit Ausnahme von zwei Sechserpackungen Bier), klappernde Eiswürfelschale, Spülmaschine, Mikrowelle, Müllschlucker. Im Gefrierschrank stapelten sich Lean-Cuisine-Kartons. Er liebte Spaghetti und Huhn à la Cacciatore. Eine Flasche Aquavit lag auf einer Seite und daneben ein Beutel steinhart gefrorene Milky Ways, die dazu einluden, sich einen Zahn abzubrechen.
    Der Eßbereich war eigentlich nichts weiter als eine Erweiterung des kleinen Wohnzimmers, die Küche wurde von einer weiß gestrichenen Falttür abgetrennt. Es gab nur sehr wenig, was man als Möbel hätte bezeichnen können. Der Beistelltisch schien sowohl als Eßtisch als auch als Büro zu dienen. Das Telefon stand darauf, angeschlossen an einen Anrufbeantworter, der aber keine Eingänge aufwies. Die Oberfläche war mit Schreibutensilien übersät, aber von einer Schreibmaschine war weit und breit nichts zu sehen. Seine Flasche Tipp-Ex war eingetrocknet wie alter Nagellack. Der Papierkorb war leer.
    Ich ging in die Küche zurück und öffnete den vollen Müllbehälter. Mit spitzen Fingern durchwühlte ich ihn und entdeckte zerknüllte Blätter ungefähr drei Schichten weiter unten. Ich entfernte die Tüte und legte eine frische ein. Ich bezweifelte, daß Andy sich erinnern würde, ob er seinen Abfall ausgeleert hatte oder nicht. Wahrscheinlich war er durch sein Eheleben daran gewöhnt, von hinten bis vorn bedient zu werden, und ich schätzte, er glaubte immer noch, daß Elfen und Zwerge des Nachts ins Haus schlichen und Pisse vom Rand seiner Toilettenschüssel wischten, wenn er mal schlecht gezielt hatte. Ich warf einen Blick auf meine Armbanduhr. Fünfunddreißig Minuten war ich jetzt in der Wohnung und wollte mein Glück nicht herausfordern.
    Ich schloß und versperrte die gläserne Schiebetür wieder, ging noch ein letztes Mal durch die Wohnung, um zu sehen, ob ich etwas übersehen hatte, verließ sie dann durch die Vordertür und nahm die Abfalltüte mit.
    Um zwölf Uhr war ich wieder daheim, saß in Henrys Patio auf der Rückseite seines Hauses und hatte Andys Müll um mich herum ausgebreitet wie ein Bettler sein Picknick. Im Grunde war sein Abfall recht sauber, und ich hatte nicht das Gefühl, eine Tetanusspritze zu benötigen, um lebend aus der Sache herauszukommen. Er liebte Mixed Pickles, Oliven, Anchovis, Peperoni und andere Sachen, in denen keine Keime überleben konnten. Es gab weder Kaffeesatz noch Orangenschalen. Keinen einzigen Hinweis darauf, daß er irgend etwas Frisches aß. Unmengen von Bierdosen. Sechs Lean-Cuisine-Plastikschachteln, Werbepost, ein Handzettel von einer Autowaschanlage, ein Brief von Janice, der ihn in Wut gebracht haben mußte, denn er hatte ihn zu einem winzigen Ball zusammengeknüllt und dann hineingebissen. Ich konnte den perfekten Abdruck seiner Zähne im Papier erkennen. Sie bedrängte ihn wegen eines vorläufigen Unterhaltsschecks, der schon wieder überfällig war, wie sie behauptete, und das war zweimal unterstrichen und in Ausrufungszeichen gefaßt.
    Unten im Beutel lag das Schlußblatt eines Scheckbuchs mit dem Namen von Andys Bank und seiner Kontonummer. Das hob ich für spätere Zeiten auf. Ich hatte die zusammengeknüllten Blätter beiseite gelegt, die ich in der Tüte gefunden hatte. Jetzt strich ich sie glatt — sechs Versionen eines Briefes an

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