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Kinsey Millhone 05 - Kleine Geschenke

Kinsey Millhone 05 - Kleine Geschenke

Titel: Kinsey Millhone 05 - Kleine Geschenke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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jemanden, den er abwechselnd als »Engel«, »Geliebte«, »Licht meines Lebens«, »mein Liebling« und »mein Schatz« anredete. Er schien sich in liebevollen Einzelheiten an ihre Anatomie zu erinnern, ohne ihrem Intellekt viel Aufmerksamkeit zu schenken. Ihr sexueller Enthusiasmus ließ ihn immer noch in Flammen stehen und hatte offenbar gleichzeitig seine Tippkünste beeinträchtigt — reihenweise Durchgestrichenes dort, wo er sich auf die »gemeinsame Zeit« bezog. Ich schätzte, daß es sich um Weihnachten gehandelt haben mußte. Bei der Erinnerung an diese Erfahrung schien er Probleme mit den Adjektiven zu haben, aber die Verben waren eindeutig.
    »Nana, Andy, du alter Teufel«, murmelte ich vor mich hin.
    Er schrieb, er sehne sich danach, sie das Etwas aus seinem xxxxxxxxx saugen zu lassen... der Rest war durchgeixt. Ich schätzte, daß es sich um Blumenteile handelte und daß seine botanischen Kenntnisse ihn im Stich gelassen hatten. Entweder so, oder der bloße Gedanke hatte seine emotionale Ausdrucksschwäche hervorgerufen. Außerdem wußte er wohl nicht so recht, welchen Ton er einschlagen sollte. Er pendelte zwischen schmutzig und ehrfurchtsvoll. Er schrieb ein paar Dinge über ihre Brust, die in mir den Gedanken aufkommen ließen, eine chirurgische Verkleinerung könnte gut für sie sein. Es war peinlich, das zu lesen, aber ich bemühte mich, nicht vor meiner Verantwortung zurückzuscheuen.
    Nachdem ich fertig war, packte ich die Papiere säuberlich zusammen. Ich legte eine separate Akte für sie an, bis ich entscheiden konnte, ob einer von ihnen von Nutzen sein könnte. Dann schob ich den Abfall in den Beutel zurück und stopfte alles in Henrys Mülleimer. Ich betrat meine Wohnung und überprüfte meinen Anrufbeantworter. Eine Nachricht.
    »Hi, Kinsey. Hier ist Ash. Hör mal, ich hab’ gestern mit meiner Mutter über diese Sache mit Lance gesprochen. Sie würde sich gern mit dir treffen, wenn es geht. Ruf mich an, wenn du zurück bist, dann machen wir etwas aus. Vielleicht irgendwann heute nachmittag, wenn du Zeit hast. Danke. Bis bald. Tschüs.«
    Ich versuchte es unter der Nummer ihres Elternhauses, aber da war besetzt. Ich zog wieder meine Jeans an und machte mir etwas zu essen.
    Als ich schließlich zu Ash durchkam, ruhte ihre Mutter und durfte nicht gestört werden, aber ich wurde für 1 6 Uhr zum Tee eingeladen.
    Ich beschloß, zum Gun Club zu fahren und ein paar Schießübungen mit der kleinen .32er zu machen, die ich in einer alten Socke in meiner obersten Schreibtischschublade verschlossen hielt. Ich schob Pistole und eine Schachtel mit Patronen in einen kleinen Stoffbeutel und stopfte ihn in den Kofferraum meines Wagens. Ich hielt zum Tanken und fuhr dann auf der 101 nach Norden, bis zur Kreuzung mit der 154, folgte dann der steilen Straße im Zickzackkurs bergauf. Es war eisig kalt. Mehrere Tage lang hatte es unerwartet heftig geregnet, und alles war dunkelgrün, die Vegetation wurde in der Ferne zu einem intensiven Marineblau. Die Wolken über meinem Kopf wirkten watteweich und weiß, ein wenig ausgefranst. Als die Straße bergan führte, sammelte sich Nebel, und der Verkehr rollte langsamer voran, um sich der wechselnden Sichtweite anpassen zu können. Ich schaltete zweimal herunter und machte dann die Heizung an.
    Auf der Paßhöhe bog ich nach links in eine Nebenstraße ein, die weiter aufwärts führte und sich dabei eine halbe Meile weit ins Hinterland schlängelte. Massive Felsbrocken säumten die Straße, von dunkelgrünem Moos bewachsen, wo die überhängenden Bäume die Sonne versperrten. Die Stämme der Eichen waren von Pilzen übersät, die ihnen die Farbe eines grün angelaufenen Kupferdaches verliehen. Ich konnte Heidekraut riechen, dann den schwachen Duft eines Holzfeuers; der Rauch stieg aus den Hütten entlang der Straße auf. In den Schluchten sammelte sich der Nebel. Das breite Tor zum Gun Club stand offen, und ich fuhr die letzten paar hundert Meter und parkte auf dem Parkplatz, der abgesehen von einem einsamen Lieferwagen verlassen dalag. Ich war der einzige Mensch hier oben außer dem Angestellten.
    Ich zahlte meine vier Dollar und folgte ihm in die Blockhütte, in der sich die Ruheräume befanden. Er öffnete das Vorhängeschloß zum Lager und zerrte ein Rechteck aus Karton hervor, auf das ein Ziel gezeichnet war.
    »Die Sicht könnte schlecht sein, bei dem Nebel«, warnte er mich.
    »Ich riskier’s.«
    Er beäugte mich mißtrauisch, rückte aber schließlich mit

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