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Kinsey Millhone 05 - Kleine Geschenke

Kinsey Millhone 05 - Kleine Geschenke

Titel: Kinsey Millhone 05 - Kleine Geschenke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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würde? Ich mußte Daniel finden.
    Ich sammelte seine Gitarre, den Sender und den Kassettenrecorder ein, schob alles auf den Rücksitz meines Wagens und fing dann an, die Nachbarschaft abzusuchen, immer nach seiner Klapperkiste Ausschau haltend. Ich wohne nur einen Block vom Strand entfernt, in einer Gegend, die sich aus Motels und kleinen Bungalows zusammensetzt. Ich fing am Cabana Boulevard an und umkreiste jedes Karree, überprüfte die Wagen bei jedem Motel, suchte auf den Parkplätzen der Restaurants am Strand. Kein Zeichen von ihm. Wahrscheinlich hatte er auch gelogen, als er sagte, wo er wohnte, genau wie in allen anderen Punkten.
    Um 17 Uhr gab ich es schließlich auf und fuhr heim. Wie immer war ich gezwungen, ein paar Häuser weiter zu parken. Die intensive Hitze des Tages ließ nach. Es war lau und sah nach einer milden Nacht aus. Die Sonne ging gerade unter, und die Kombination dieser Januardämmerung mit den sommerlichen Temperaturen machte mich irgendwie nervös; ich biß die Zähne zusammen. Als ich im Begriff war, in mein Tor einzubiegen, stieg mir dieser Geruch in die Nase. Ein toter Hund, dachte ich. Irgend etwas vergammelte. Ich sah die Straße entlang, rechnete damit, im Rinnstein ein armes Geschöpf zu entdecken. Statt dessen fiel mein Blick auf das Fahrzeug unter der blauen Plane gleich vor mir. Ich zögerte einen Augenblick und ging dann auf demselben Weg noch einmal zurück. Der Geruch wurde stärker. Unwillkürlich sammelte sich Speichel in meinem Mund. Ich schluckte, Tränen stiegen mir in die Augen, meine Reaktion auf Angst. Mit spitzen Fingern lüpfte ich die Plane, hob sie über die Motorhaube, bis ich durch die Windschutzscheibe ins Wageninnere spähen konnte.
    Ich riß die Hand zurück, gab einen dieser Laute von mir, die sich nicht in eine menschliche Sprache übertragen lassen.
    An der Scheibe vor dem Beifahrersitz lehnte das aufgedunsene Gesicht von Lyda Case. Die Augen traten aus den Höhlen, die Zunge war dick, rund und dunkel wie bei einem Papagei ragte sie leicht zwischen verquollenen, dunkel angelaufenen Lippen hervor. Ein mit einem Surfing-Motiv grell bedruckter Schal verschwand fast in dem formlosen Fleisch ihres Halses. Ich zog die Plane wieder über die Scheibe und ging geradewegs zu meinem Telefon, wählte 911 und meldete die Leiche. Meine Stimme klang leise und gefühllos, aber meine Hände zitterten erbärmlich. Der Anblick von Lydas Gesicht tanzte noch vor mir in der Luft, eine Vision des Todes, verbunden mit dem Geruch von Verwesung. Man versicherte mir, daß bereits jemand auf dem Weg sei.
    Ich ging wieder hinaus auf die Straße, hockte mich auf den Bordstein und wartete auf die Polizisten, bewachte Lydas Leiche wie ein armer, treuer alter Hund. Ich glaube, keine vier Minuten vergingen, als auch schon der schwarz-weiße Wagen um die Ecke bog. Ich stand auf und trat auf die Straße, hielt einen Arm hoch wie ein Schülerlotse.
    Die beiden uniformierten Beamten, die ausstiegen, kannte ich. Pettigrew und Gutierrez, männlich und weiblich. Ich wußte, daß sie schon Schlimmeres als Lyda Case gesehen hatten... welcher Streifenpolizist hatte das nicht? ... Aber diese Tote hatte etwas Abstoßendes an sich. Sie sah aus, als wäre sie genau so hingesetzt worden, um das Entsetzen noch zu vergrößern. Diese Nachricht galt mir... zynische und makabre Arroganz, eine Eskalation zwischen diesem Mörder und mir. Olives Tod hatte ich noch nicht auf mich persönlich bezogen. Ich hatte ihn als Verlust empfunden, aber ich hatte nicht geglaubt, in irgendeiner Weise selbst gemeint gewesen zu sein. Meine Anwesenheit dort, als die Bombe losging, war rein zufällig gewesen. Das hier war etwas anderes. Das zielte auf mich ab. Jemand wußte, wo ich wohnte. Jemand hatte besondere Vorkehrungen getroffen, um die Tote hierherzubringen.
    Die beiden nächsten Stunden waren angefüllt mit polizeilichen Routinemaßnahmen, trostreichen Prozeduren, so festgelegt wie ein Tanz. Jemand anderer mußte die ganze Verantwortung übernehmen. Lieutenant Dolan erschien. Ich beantwortete Fragen. Der Wagen stellte sich als ein weiterer Leihwagen heraus, diesmal Hertz anstelle von Rent-A-Ruin. Ich hatte ihn an diesem Morgen zum erstenmal bemerkt, wenn ich mich recht erinnerte. Nein, ich hatte ihn nie zuvor gesehen. Nein, mir waren keine Fremden in dieser Gegend aufgefallen. Ja, ich wußte, wer sie war, aber sie hatte sich nicht bei mir gemeldet. Nein, ich hatte keine Ahnung, wann oder warum sie in die Stadt gekommen

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