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Kinsey Millhone 06 - Dunkle Geschaefte - H wie Hass

Kinsey Millhone 06 - Dunkle Geschaefte - H wie Hass

Titel: Kinsey Millhone 06 - Dunkle Geschaefte - H wie Hass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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als die Luft aus ihm entwich. Sie rappelte sich auf alle viere hoch, kroch wieder in die Küche zurück und griff sich ein Messer, das über den Fußboden geschliddert war. Sie warf sich herum und stach zu. Raymonds Hand schoss nach vorn und packte sie. Er umschloss ihr Handgelenk mit stählernem Griff und drückte so fest zu, dass ich dachte, er würde ihr die Knochen zermalmen. Sie schrie auf. Das Messer fiel auf den Boden. Einen Augenblick lagen sie übereinander. Sein Körper begrub den ihren halb unter sich, und sie keuchten beide.
    Ihr Gesicht verzog sich. Tränen stiegen ihr in die Augen. »Runter von mir, du Schwein«, sagte sie. Raymond glaubte offenbar, das Schlimmste sei überstanden. Er rappelte sich auf die Füße, streckte ihr die Hand hin und zog sie hoch. Sobald sie stand, trat sie ihm voll zwischen die Beine. Ihre Schuhspitze traf ihn zwar nicht ganz im Zentrum, aber mit solcher Wucht, dass er sich an die Hose fasste und schützend den Oberkörper vorkrümmte. Der Laut, den er dabei von sich gab, war eine unartikulierte Mischung aus Schmerz, Überraschung und Wut.
    Ich hatte die Autoschlüssel aus dem Blick verloren. Sie mussten Bibianna irgendwann im Zuge des Gerangels aus der Hand geflogen sein. Ich suchte hastig den Fußboden ab, entdeckte sie in der Nähe der Wand und schnappte sie mir. Ich spielte sie Bibianna mit einem perfekten Tief-Wurf zu. Sie fing sie auf und sauste los. Die Wohnungstür knallte zu, und ich hörte ihre Stöckelabsätze hastig zur Treppe klacken. Dann verlor sich das Geräusch. Ich setzte selbst zu einem Verzweiflungsspurt Richtung Tür an.
    Raymond hakte mir von hinten zwischen die Beine. Ich stolperte und konnte gerade noch die Arme vorstrecken, ehe er mich vollends zu Fall brachte. Wir rangen und gaben dabei beide grunzende Laute von uns. Er schlug mit den Fäusten auf mich ein und legte seine ganze Wut in einen Hagel von Hieben, die ich mit x-förmig vor dem Gesicht gekreuzten Armen abfing. Er packte mich an den Haaren und zerrte mich hoch. Er bog mir den rechten Arm auf den Rücken, verdrehte ihn ruckartig nach oben und trieb mich so zur Tür hinaus und die Galerie entlang. Er hatte nichts weiter an als seine Hosen. Seine Brust war rosa von den Hieben, die die bloße Haut getroffen hatten. Ich spürte den heftigen Drang, ihm auf die bloßen Füße zu trampeln, wusste aber, dass er mir dafür den Arm brechen würde.
    Draußen vor dem Haus hörte ich Bibianna den Cadillac hoch jagen und mit quietschenden Reifen davonschießen. Raymond bugsierte mich zu dem Ford. Er klappte mit einer Hand den Kofferraumdeckel auf, griff sich ein Montiereisen und zerrte mich auf die Fahrerseite. Er drosch gegen das Seitenfenster, bis genug Glas herausgesplittert war, dass er hineingreifen und den Türknopf hochziehen konnte. Er riss die Tür auf und stieß mich hinein. Dann griff er unter den Vordersitz. Er holte ein paar Schlüssel und eine Pistole hervor. Er entsicherte die Waffe und richtete sie auf mich, um dann mit der linken Hand unter dem Lenkrad herumzugreifen und den Wagen anzulassen.

21

    Wir fuhren los. Bibianna hatte nicht mehr als zwei Minuten Vorsprung. Raymond deponierte die Pistole zwischen seinen Schenkeln. Bei fünfzig Meilen brauchte er nicht ernstlich zu fürchten, dass ich mich aus dem fahrenden Wagen werfen könnte. Er stieg aufs Gas und jagte den flatternden Ford auf sechzig, dann auf fünfundsechzig. Straßenlaternen flogen vorüber.
    Ich saß wie erstarrt da, die Augen auf die Straße geheftet, mit dem gleichen faszinierten Gruseln wie bei einer rasenden Fahrt auf dem Rummelplatz. Nach den konsternierten Gesichtern der Fahrer um uns herum zu urteilen, musste Bibianna gerade eben bei Rot über die Kreuzungen gebrettert sein.
    Raymond schien nicht weiter bekümmert um irgendwelche anderen Autos oder Fußgänger oder so hübsche zivilisatorische Einrichtungen wie Verkehrsampeln und Zebrastreifen. Menschen hechteten vor uns zur Seite, und wir zogen einen Kielwasserstreifen aus wildem Gehupe und Geschimpfe hinter uns her. Raymond griff nach dem Autotelefon und hielt es so gegen das Lenkrad, dass er mit dem Daumen eine Nummer drücken konnte. Er horchte ein, zwei Tut-Intervalle lang in den Hörer. Dann wurde auf der anderen Seite abgenommen.
    Er sagte: »Ey, Chopper! Bibianna ist eben mit dem Caddy abgehauen, und ich brauch’ ein bisschen Hilfe... Genau. Sie will am Avalon auf den 405er. Wenn du uns am Harbor verpasst, versuch’s am Crenshaw oder Hawthorne.«
    Vom

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