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Kinsey Millhone 06 - Dunkle Geschaefte - H wie Hass

Kinsey Millhone 06 - Dunkle Geschaefte - H wie Hass

Titel: Kinsey Millhone 06 - Dunkle Geschaefte - H wie Hass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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Ausweispapieren. Ich hob den Deckel. Da lag die SIG-Sauer, zusammen mit der Mauser und den Patronen. Ich steckte mir die SIG-Sauer in den Hosenbund. Scheiß auf die Vorteile des Unbewaffnetseins. Lieber nackt durch ein Flughafenterminal spazieren. Sekunden später war ich wieder drüben, mit den Wagenschlüsseln, die ich ihr zuwarf. Die Dusche war verstummt. Ich verstaute die Kanone in Windeseile in meiner Handtasche. Wir hörten die Badtür aufgehen. »Bibianna?«
    Sie mühte sich vergeblich, den kleinen Drahtring mit den Caddy-Schlüsseln von dem großen Schlüsselbund abzufummeln. Ihre Hände zitterten so heftig, dass die Schlüssel in ihren Fingern wie Kastagnetten klapperten.
    »Nun nimm schon das ganze verdammte Ding!«, zischte ich. »Los!«
    Plötzlich klingelte das Telefon, und wir fuhren beide erschrocken zusammen, zumal das Geräusch so unerwartet kam. Der Apparat stand unter dem Küchentisch, und der Stecker steckte in der Wandbuchse. Ich schubste Bibianna in Richtung Tür und schnappte mir den Hörer. »Ja?«
    Am anderen Ende sagte eine zittrige Frauenstimme: »Bibianna, Gott sei Dank. Lupe hat mir gesagt, dass du wieder da bist. Ich habe versucht, dich in Santa Teresa zu erreichen. Ich war im Krankenhaus... Ich bin — « Der Rest ging in Tränen unter.
    »Tut mir leid, aber hier ist Hannah, eine Freundin von Bibianna. Kleine Sekunde. Sie kommt.« Da war etwas im Ton dieser Frau, das schlimmer war als Pein.
    Bibianna war mitten im Zimmer stehengeblieben und starrte mich an. Ich streckte ihr den Hörer hin.
    Sie bewegte sich wie eine Schlafwandlerin. Ich hätte sie am liebsten in den Hintern getreten, weil mir klar war, dass Raymond das Telefon auch gehört haben musste. Sie nahm mir den Hörer aus der Hand. »Hallo?«
    Ich sah ihr erstarrt zu.
    Sie sagte: »Ja? Mom?...«
    Raymond erschien in der Tür, die Haare noch wirr vom hastigen Trockenrubbeln. »Bibianna?« Er war hastig in ein Paar Hosen gefahren und noch mit der Gürtelschnalle zugange. Ich ertappte mich dabei, wie ich seine bloßen Arme nach der Einstichstelle absuchte. Er sagte: »Was ist los? Wer ist da dran?«
    Sie wandte sich ab und presste sich die Hand aufs Ohr, um trotz seines Gefrages weiter hören zu können. Ihre Miene verdüsterte sich, und sie fragte ungläubig: »Was?«
    Die Essenz dessen, was ihre Mutter ihr erzählte, war an ihrem Gesicht abzulesen. Ihre Augen wanderten zu der Wand mit den kaputten Spiegelkacheln, wo unter dem zerschlagenen Glas der Verputz hervorsah. Ihre Lippen öffneten sich, und ein Laut entfuhr ihnen. Sie legte die eine Hand an ihre Wange. Irgendwas in ihrem Gesichtsausdruck hieß meinen Magen sich zusammen-krampfen.
    Es waren insgesamt nicht mehr als fünfzehn Sekunden vergangen, als Raymond quer durchs Zimmer stapfte und den Hörer an sich riss und aufknallte. Er zerrte die Telefonschnur aus der Dose und feuerte den Apparat an die Wand. Das Plastik-Gehäuse zerbarst und enthüllte die Innereien. Bibiannas entsetzter Blick schnellte von dem Telefon zu seinem Gesicht empor. »Ich weiß, was du mit ihr gemacht hast...«
    »Mit wem?«
    »Meine Mutter ist im Krankenhaus.«
    Raymond zögerte, merkte am Ton ihrer Stimme, dass sie kurz vor dem Ausrasten war. »Was ich gemacht habe? Was habe ich denn gemacht?«
    Bibianna bewegte die Lippen. Sie wiederholte immer wieder die gleichen Worte... zuerst fast tonlos, dann immer lauter. »Du hast ihr das Gesicht zerschlitzt, du Scheißkerl. Du hast ihr das Gesicht zerschlitzt! Du hast Ginas Gesicht zerschlitzt, hier in dieser Wohnung! Du hast ihr schönes Gesicht zerschlitzt, du Schwein. Du Bastard ...«
    Sie fuhr auf Raymond los, die Finger zu Klauen gebogen, grub ihm ihre Krallennägel ins Gesicht. Sie warf sich mit solcher Wucht auf ihn, dass er gegen den Tisch taumelte. Einer der Küchenstühle fiel krachend um. Bibianna war mit zwei Sätzen in der Küche, packte den Griff einer Schrankschublade und zog. Raymond stürzte sich auf sie und packte sie von hinten. Er hob sie halb vom Boden und schleppte sie zurück. Bibianna hielt den Schubladengriff fest. Die ganze Lade flutschte heraus, und alle möglichen Küchenutensilien flogen durch die Gegend. Raymond ging zu Boden und zog sie mit. Sie wehrte sich, schaffte es, sich von ihm wegzudrehen, und trat mit ihren Absatzschuhen nach ihm. Die langen Beine wirbelten durch die Luft. Er versuchte, ihr einen Fausthieb zu verpassen, schlug aber daneben. Sie traf ihn mit einem harten Tritt am Brustkorb. Ich hörte das »Pffff«,

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