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Kinsey Millhone 06 - Dunkle Geschaefte - H wie Hass

Kinsey Millhone 06 - Dunkle Geschaefte - H wie Hass

Titel: Kinsey Millhone 06 - Dunkle Geschaefte - H wie Hass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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während du es mit einem Kerl treibst! Halt gefälligst ein bisschen an dich!«
    Raymond wandte mir ein beduseltes Gesicht zu, die Augenlider auf Halbmast. Er kriegte den Mund nicht zu, sein Kinn war lippenstiftverschmiert, und die Haare standen ihm zu Berge. Das ganze Auto roch nach Hormonen, Sexualsäften und Unterhosen. Luis versuchte breit grienend, das Geschehen im Fond im Rückspiegel zu verfolgen.
    Ich fuhr ihn grimmig an: »He, du Spanner, was gibt’s denn da zu glotzen?« Dann wandte ich mich zu Raymond. »Tut mir Leid. Ich weiß, Sie können nichts dafür, wenn diese Menschen keinen Anstand haben.«
    Bibianna rappelte sich hoch und tat ihr Möglichstes, ihren Rock wieder an seinen Platz zu zerren. Sie murmelte: »‘tschuldigung.« Sie hatte einen großen Knutschfleck am Hals, wo Raymond an ihr herumgelutscht hatte.
    Raymond schien tatsächlich betroffen und steckte sein Hemd in die Hose. Er absolvierte wieder eine Serie von Zuckungen, einschließlich Kopfrollen und -rucken.
    Ich setzte gleich noch eins drauf. »Ich hab’ ihr gesagt, mein Freund sitzt im Knast«, erklärte ich ihm. »Das fehlt mir grade noch, dass ich zugucken muss, wie andere sich amüsieren. Herrgott noch mal, sie hat einfach kein Benehmen.« Ich lehnte mich wieder zurück und fegte mir einen imaginären Fussel von der Hose.
    Raymond zog ein Taschentuch heraus und wischte sich einen Teil des Lippenstifts vom Kinn. Er grinste verlegen. »Sie dürfen’s ihr nicht übelnehmen. Sie kann nichts dafür. Sie ist nun mal so«, sagte er.
    »Ach, ich bin es einfach langsam leid, mir andauernd anhören zu müssen, wie sie mit Ihnen angibt. Sie soll ihren Kram doch für sich behalten.«
    »Sie gibt mit mir an?«
    »Ach, i wo, Raymond. Das sag’ ich nur so, weil ich mich so gern reden höre«, sagte ich. »Ist wohl zu viel verlangt, wenn ich gern mal was zwischen die Zähne schieben würde? Wir haben kein Frühstück gehabt, und ich falle gleich um vor Hunger.«
    Raymond beugte sich vor und klopfte Luis mit der Faust auf den Kopf. »He, was ist? Fahr raus. Hast du nicht gehört, was die Dame gesagt hat?«
    Raymond musterte mich belustigt und sagte über die Schulter zu Bibianna: »Die ist richtig, deine Freundin hier. Die hat Pfeffer.«
    »Das ist kein Pfeffer, Raymond. Das ist die nackte Wut«, sagte ich. Bibianna beäugte mich unsicher, aber ich war jetzt richtig in Fahrt. Ich entwickelte den Charakter >Hannah< aus dem Stegreif, und es war tierisch befreiend. Sie war aufbrausend, sarkastisch, direkt und vulgär. Daran würde ich mich gewöhnen können. Die reinste Lizenz zum Auf-den-Putz-Hauen.
    Raymond lächelte mich an.
    »Hier, Boss?« Luis-mit-den-Comic-Armen hielt vor dem Eingang zu einem McDonald’s am oberen Teil der State Street.
    »Ist das recht?«, fragte mich Raymond. Ihm schien aufrichtig daran gelegen, dass das Restaurant meine Billigung fand.
    »Großartig, Raymond. Nichts wie rein.«
    Ich verdrückte drei Eier-McMuffins. Wenn es zehn Uhr abends gewesen wäre, hätte ich ein paar Doppel-Cheeseburger vorgezogen. Bibianna konnte nichts essen. Sie saß nur da und knabberte an einer Apfeltasche, während Luis und Raymond in einer Anwandlung von Frankophilie French Toast und Pommes frites orderten und dazu Ahornsirup. Ich hatte in dem schmalen Gang zur Damentoilette ein Telefon entdeckt, aber der Wandapparat hing genau in unser aller Blickfeld. Raymond hatte den einen Arm locker um Bibiannas Schultern gelegt und massierte ihren Oberarm auf eine Art und Weise, die wohl sexy sein sollte. Dieses Geknete lernen die Knaben auf der High School, und es ist sehr irritierend. Bibianna war jetzt wieder passiv, gefügig und duldsam. Ich wollte, dass sie aufmuckte, sich widersetzte, ihm die Zunge rausstreckte. Dafür half ich ihr doch nicht — dass sie vor ihm kroch wie ein geprügelter Hund. Es war Zeit, dass sie wieder selbst für sich einstand. Wenn sie sich benahm wie ein wehrloses Opfer, würde der Kerl sie auch so behandeln.
    Ich stand auf. »Ich muss mal wohin. Komm doch mit, Bibianna. Du kannst mir die Haare machen.«
    »Ich muss nicht.«
    »Ich aber. Würden Sie uns kurz entschuldigen, Raymond? Wir müssen mal eben für kleine Mädchen.«
    »Nur zu«, sagte er.
    Ich drückte einen Kuss auf meine Zeigefingerspitze und tippte ihm auf die Nase. »Sie sind ein Schatz.«
    Er schlüpfte aus der Sitznische, um Bibianna herauszulassen.

12

    In der Damentoilette drehte sie den Hahn auf, um sich kaltes Wasser ins Gesicht zu spritzen. Ich zog ein

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