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Kinsey Millhone 06 - Dunkle Geschaefte - H wie Hass

Kinsey Millhone 06 - Dunkle Geschaefte - H wie Hass

Titel: Kinsey Millhone 06 - Dunkle Geschaefte - H wie Hass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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dreckige Pappteller, Bierflaschen, Aschenbecher und leere Konservendosen türmten. Es roch nach Koriander, Maistortillas und heißem Bratfett. Auf dem Boden standen fünf große, fettfleckige braune Einkaufstüten, aus denen der Müll quoll. Bei der einen bemerkte ich gerade noch ein blitzschnell davonhuschendes Etwas.
    Einer der Burschen am Küchentisch hatte vor sich auf der Blechplatte ein Formular liegen, das er mit Bleistift ausfüllte. Sein Gesicht war rot vor Anstrengung. Seine Pistole hatte er lässig als Briefbeschwerer auf einen Stapel bereits ausgefüllter Blätter gelegt. Ich fragte mich flüchtig, ob er vielleicht ein illegaler Einwanderer war, der gefälschte Immigrationspapiere ausfüllte. Seine Silhouette hob sich scharf vor dem hellen Fenster hinter ihm ab. Im Fall eines Bandenüberfalls vom fahrenden Auto aus würde er umgeblasen werden wie ein Blechbär in einer Schießbude. Ich hörte, wie Raymond ihn mit Tomas ansprach, konnte aber den Rest der Unterhaltung nicht verstehen.
    Von den beiden Kerlen, die an der Wand lehnten, hatte der eine einen Sony-Walkman am Gürtel und eine Pistole im Hosenbund. Der andere blies einen dumpfen Ton auf einer leeren Dos-Esquis-Bierflasche. Beide sahen Raymond entfernt ähnlich, und ich fragte mich, ob sie wohl Verwandte von ihm waren — Brüder oder Vettern. Alle schienen Bibianna zu kennen, sahen sie aber nicht direkt an. Den Frauen war ihr Auftauchen offenbar eher unangenehm. Sie wechselten einen raschen Blick.
    Ich wurde nicht vorgestellt, aber meine Anwesenheit weckte ein gewisses verstohlenes Interesse. Mehrere Männeraugenpaare musterten mich, und irgendjemand machte eine Bemerkung, die alle, die sie verstanden, sehr erheiterte. Luis erschien wieder, ein Dos Esquis in der Hand. Er hockte sich an die Wand, den Unterleib leicht vorgeschoben, den Kopf in den Nacken gelegt und starrte mich über seine Nase an. Seine Haltung hatte etwas Arrogantes. Irgendwie suggerierte sie die überlegene Potenz der Gesetzlosen und Geächteten. Was immer dahintersteckte, der Effekt war jedenfalls, dass ihm niemand sein Vorrecht auf mich streitig machte. Die anderen Typen warfen sich zwar voreinander in Pose, spreizten aber nicht ernsthaft vor mir das Gefieder.
    Jetzt entspann sich eine Debatte unter den dreien am Tisch, die offenbar eine Art Cholo -Mix aus Spanisch und gebrochenem Englisch sprachen. Ich konnte kein Wort verstehen, aber der Tenor war aggressiv. Raymond brüllte etwas, dessen Bedeutung sich mir zum Glück entzog. Der Typ mit dem Bleistift und den Blättern machte sich wieder an die Arbeit, mit einer mürrischen Miene, die wenig Gutes verhieß.
    Bibianna, die der ganze Haufen nicht sonderlich zu beeindrucken schien, warf ihre Handtasche auf einen Sessel und schlüpfte aus ihren Stöckelschuhen. »Ich geh’ duschen«, sagte sie. Dann patschte sie barfuß aus dem Zimmer. Raymond ging zum Telefon und drückte, halb mit dem Rücken zu uns, diverse Wähltasten. »Alfredo, ich bin’s...«Er dämpfte seine Stimme so weit, dass ich nichts mehr mitbekam. Von hinten sah ich, wie er beim Sprechen eine rasche Folge von Zuckungen abspulte, fast wie eine Pantomime oder eine Scharade.
    Ich befand, dass es wohl am besten wäre, mich unauffällig in eine Ecke zu verdrücken und mir zu überlegen, was ich jetzt tun sollte. Als ich mich nach einer Sitzgelegenheit umsah, vergaß ich mein Programm schlagartig. Vor der Tür, etwa einen Meter von mir entfernt, stand ein Pitbull. Ich weiß nicht, wieso ich den Köter vorher nicht bemerkt hatte, aber jetzt war er da. Er war gescheckt, mit weißer Brust und weißen Beinen. Der Kopf war breit und mächtig, die Ohren unkupiert, aber tütenartig gefaltet wie bei einer Fledermaus. Um den dicken Hals trug er ein Lederhalsband mit Metallstacheln. Hatte das Blut an der Wand etwas mit dem Hund zu tun? An dem Halsband hing ein etwa einen Meter langes Stück Kette, dessen anderes Ende um das eine Bein des riesigen königsblauen Sofas gewickelt war. Der Hund gab ein tiefes, brummendes Knurren von sich und starrte auf meine Kehle. Mein Verhältnis zu Hunden ist schon unter optimalen Umständen nicht das beste. Ich kann mich kaum je für ein Geschöpf erwärmen, das aussieht, als lauere es darauf, mir die Halsschlagader aufzureißen.
    Einer der Männer fuhr den Hund auf Spanisch an, aber das Tier schien diese Sprache auch nicht besser zu verstehen als ich. Der Typ, dem sein Haarnetzknoten mitten auf der Stirn saß wie eine Spinne im Spinnennetz,

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