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Kinsey Millhone 06 - Dunkle Geschaefte - H wie Hass

Kinsey Millhone 06 - Dunkle Geschaefte - H wie Hass

Titel: Kinsey Millhone 06 - Dunkle Geschaefte - H wie Hass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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dir ein paar Sachen zum Anziehen borgen«, sagte sie.
    »Ein Königreich für eine Zahnbürste«, murmelte ich, während wir auf das Schlafzimmer zugingen.
    Sie blieb stehen und sah sich nach Luis um, der jetzt in der Küche auf der Arbeitsplatte hockte. »He, lauf mal eben rüber ins Seven-Eleven und hol uns zwei Zahnbürsten.«
    Er reagierte nicht. Erst als Raymond unwirsch mit den Fingern schnippte, sprang er von seinem Sitz. Er ging zu Raymond, der ihm ein paar zerknitterte Geldscheine in die Hand drückte. Sobald Luis weg war, sagte Raymond ungehalten zu Bibianna: »He, so brauchst du nicht mit ihm zu reden. Er arbeitet für mich, nicht für dich. Du kannst ihn gefälligst ein bisschen respektvoller behandeln.«
    Bibianna verdrehte die Augen und bedeutete mir mit einer Kopfbewegung, ihr ins Schlafzimmer zu folgen.
    Auch dieser Raum war im mexikanischen Straßenrand-Stil möbliert. Das King-Size-Bett komplettierten rote Satin-Bettwäsche und eine dicke, duftige Steppdecke. Die Nachttischchen und die Kommode wirkten wie furnierter Pressspan im »spanischen Stil«, das heißt mit schwarzen, schmiedeeisernen Griffen und Angeln bestückt. Bibianna schob die Schranktür auf. »Er hat alle meine Sachen aus meiner anderen Wohnung hierhergeholt. Nicht mal gefragt hat er mich«, sagte sie. »Hier, sieh dir das an. Er glaubt, er kann mich kaufen wie ein Ding.«
    Die hölzerne Kleiderstange war dicht vollgehängt, und in dem breiten Fach darüber stapelten sich Pullover, Handtaschen und Schuhe. Sie ging zur Kommode und begann, die Schubladen aufzuziehen. Sie waren voll mit Unterwäsche, das meiste davon neu. Sie suchte mir einen roten Slip heraus, an dem noch das Preisschild hing. Außerdem offerierte sie mir noch einen Büstenhalter, den ich jedoch dankend ablehnte. Was sollte ich Äpfel in Säcke packen, die für Cantaloupe-Melonen dimensioniert waren? Außer der Unterwäsche organisierte sie mir noch ein Paar Sandalen, einen roten Minirock mit passendem rotem Ledergürtel und eine weiße Bauernbluse mit Puffärmeln und einer Zugkordel am Ausschnitt.
    Als sie mir die Sachen in die Hand drückte, flüsterte sie: »Hau ab, wenn du kannst.«
    »Und was ist mit Raymond?«
    »Keine Sorge. Mit dem werd ich schon fertig.«
    »Hey, alles klar?«
    Raymond stand in der Tür. Er hatte die Lederjacke ausgezogen, und ohne ihre Polstermasse wirkten seine Schultern schmal.
    Bibianna fuhr ihn wütend an: »Würdest du bitte die Güte haben? Wir haben Frauensachen zu besprechen, wenn du’s unbedingt wissen willst.«
    Er sah mich verlegen an.
    »Na, dann werd’ ich mal duschen gehen«, murmelte ich.
    Er streckte mir eine Tüte hin. »Da ist Ihre Zahnbürste.«
    »Danke.«
    Ich nahm die Tüte und schob mich an ihm vorbei, um mich schleunigst zu verdrücken. Es gibt nichts Schlimmeres, als dabei zu sein, wenn ein Paar die Krallen wetzt. Jeder von beiden bemühte sich indirekt, mich auf seine Seite zu ziehen, und diese nonverbalen Rekrutierungsversuche schlugen mir auf den Magen.
    Ich ging ins Gästebad und schloss die Tür hinter mir ab. Ich hängte mein Trägerhemd über den Türknauf, damit niemand durchs Schlüsselloch linsen konnte. Meine Zehen krümmten sich angewidert, weil das Bad ungefähr den Charme einer Militärlatrine hatte. Es hat mir nie besonders gelegen, barfuß durch öffentliche Umkleideräume zu spazieren, wo der Boden grundsätzlich mit Haaren, rostigen Haarnadeln und matschigen Kleenex-Klumpen übersät zu sein scheint. Über das Waschbecken will ich lieber schweigen. Die Glastür der Duschkabine war gesprungen und mit Klebeband geflickt, und in der Schiebeschiene klebte seifiger Schmodder. Ein langer, dreieckiger Dreckfleck zog sich vom Brausekopf bis zum Rand der Duschwanne. In der einen Ecke stand eine Plastikflasche mit Billig-Shampoo, und ich nahm sie mit spitzen Fingern und angeekelter Miene an mich.
    Ich legte Klopapier auf den Rand der Toilette, bevor ich sie benutzte. Im Sitzen fummelte ich Lieutenant Dolans Telefonnummer aus meinem rechten Söckchen. Ich prägte sie mir ein, zerriss den Zettel in klitzekleine Fetzchen, warf diese ins Klo und spülte. Das Wasser wollte nicht abfließen. Die kleinen Papier-Konfetti kreiselten aufreizend träge herum, während der Wasserspiegel gefährlich dicht unter den Rand stieg. Na, großartig. Gleich würde das Klo überlaufen. Ich wedelte beschwörend mit den Händen und flüsterte: »Weg da... geh weg.« Endlich floss das Wasser ab, aber es hatte keinen Sinn, einen

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