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Kinsey Millhone 06 - Dunkle Geschaefte - H wie Hass

Kinsey Millhone 06 - Dunkle Geschaefte - H wie Hass

Titel: Kinsey Millhone 06 - Dunkle Geschaefte - H wie Hass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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adressierte mich mit einer Kopfbewegung. »Keine plötzliche Bewegung und nicht am Kopf anfassen. Sonst reißt er Ihnen den Arm ab.«
    »Wie unangenehm. Wie heißt er denn?«, fragte ich, betend, dass sein Name nicht Cu jo war.
    »Perro«, sagte er, um dann mit einem Grinsen nachzutragen: »Heißt auf Spanisch >Hund<.«
    »Sind Sie da ganz allein draufgekommen?«, fragte ich freundlich.
    Alles lachte. Also sprachen sie doch Englisch.
    Er lächelte schmallippig. »Er hasst Gringas.«
    Ich sah wieder auf den Hund und verlagerte mein Gewicht auf das hintere Bein, um mich vorsichtig zurückzuziehen. Wie konnte der Hund meine ethnische Abstammung erkennen? Er legte die Ohren an und fletschte die Zähne. Er zog die oberen Lefzen so weit zurück, dass ich ihm in die Nase gucken konnte.
    »Hey, Perro«, sagte ich singend. »Feiner Hund. Braves Tierchen.« Ich wandte ganz langsam den Blick von ihm ab, weil ich dachte, direkter Augenkontakt sei dem kleinen Burschen vielleicht zu aggressiv. Falsch. Der Hund zerrte an der Kette und brach in ein wildes Gebell aus, das seinen ganzen Körper erbeben ließ. Ich schrie unwillkürlich auf, was die Kerle sehr erheiternd zu finden schienen. Die Couch hoppelte etwa zehn Zentimeter auf mich zu, was mich fast in seine Reichweite brachte. Ich fühlte schon seinen Bell-Atem an meinem Bein wie kleine heiße Windböen. »Äh... Raymond?«
    Raymond, noch immer am Telefon, hob eine Hand, ungehalten über die Störung.
    »Könnte bitte jemand den Hund zurückrufen?«, wiederholte ich meine Bitte noch einmal ausführlich.
    Raymond schnippte mit den Fingern, und der Hund setzte sich hin. Der Typ mit dem Sony-Walkman grinste über meine offensichtliche Erleichterung. Raymond legte eine Hand auf die Sprechmuschel und sagte mit einer ungeduldigen Kopfbewegung in seine Richtung: »Juan, schaff den Hund raus.« Dann wandte er sich an mich: »Möchten Sie ein Bier? Bedienen Sie sich. Wenn Sie mögen, können Sie duschen, sobald Bibianna fertig ist.« Er widmete sich wieder dem Telefon. Ich rührte mich nicht.
    Juan zog grummelnd die Pistole aus dem Hosenbund und legte sie auf den Tisch. Er nahm eine Kettenleine von der Armlehne des Sofas und hakte sie an Perros Halsband fest. Der Hund schnappte nach seiner Hand. Juan zog seine Faust zurück, und die beiden starrten sich eine Minute lang in die Augen. Juan war offensichtlich das Alpha-Männchen, denn Perro kuschte schließlich und bestätigte damit meine These, dass Hunde nicht sonderlich klug sind. Ein Schweißtropfen rann langsam meinen Rücken hinunter.
    Als der Hund draußen war, nahm ich mir ein Bier. Dann setzte ich mich in einen dicken Polstersessel auf der anderen Seite des Raums. Ich zog die Beine unter mich, für den Fall, dass auf dem Fußboden Ungeziefer herumspazierte. Fürs Erste gab es für mich nichts weiter zu tun, als mein Bier zu trinken. Ich legte den Kopf an die Rückenlehne. Die Überreiztheit, die mich im Auto gepackt hatte, war jetzt verpufft, und ich fühlte mich total erschossen und so schwer, als hätte sich die Anspannung in etlichen zusätzlichen Pfunden niedergeschlagen.

13

    Ich musste wohl weggedöst sein, denn ich kam wieder zu mir, als jemand mir die halb leere Bierflasche aus der Hand nahm und mich sanft am Arm rüttelte. Ich fuhr hoch, starrte verdattert auf die Frau vor mir und rang darum, die Orientierung wiederzufinden. Oh, natürlich. Bibianna. Es ging immer noch um diese Schießerei-Geschichte und alles, was damit zusammenhing. Luis und Raymond waren noch in der Wohnung, aber die anderen waren verschwunden.
    Bibianna sah jetzt besser aus. Offenbar hatte sie einen Teil ihres Selbstbewusstseins wiedergefunden. Sie trug einen dicken weißen Frottee-Bademantel und einen Handtuchturban. Sie roch nach Seife. Ihr Gesicht war frisch geschrubbt und hatte wieder das gesunde Strahlen der Jugend. Sie ging in die Küche und holte sich ein Bier. Raymond, der noch immer telefonierte, folgte ihr mit den Augen. Einen kurzen Moment überkam mich Mitleid. Er war ein gut aussehender Mann, aber seine unverhohlene Begierde verlieh ihm etwas Hündisches. Jetzt, da Bibianna wieder Oberwasser hatte, kam er zunehmend ins Wanken. Er wirkte bedürftig und unsicher, Eigenschaften, die die meisten Frauen wenig attraktiv finden. Sein Macho-Gehabe von vorhin hatte einen Knacks bekommen. Er musste gemerkt haben, dass sie sich nicht die Bohne aus ihm machte. Das Blatt hatte sich gewendet, das Machtverhältnis war umgeschlagen.
    »Komm. Ich kann

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