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Kinsey Millhone 06 - Dunkle Geschaefte - H wie Hass

Kinsey Millhone 06 - Dunkle Geschaefte - H wie Hass

Titel: Kinsey Millhone 06 - Dunkle Geschaefte - H wie Hass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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Platanen und dazwischen Eichen. Hohe Zäune schirmten die Tennisplätze hinter den Häusern ab. Da und dort erhaschte ich einen Blick auf einen Swimming-Pool mit Poolhäuschen. Die Ampel am Santa Monica Boulevard war grün. Ich steuerte den Caddy gemächlich ins Zentrum der Einkaufsgegend von Beverly Hills.
    Ich wusste, dass ich mich rechtlich gesehen auf äußerst dünnem Eis bewegte. Eins war mir von der Polizeischule zum Thema Undercover-Arbeit hängen geblieben: Es war »sittenwidrig«, als Polizeibeamter bei der Begehung von Straftaten mitzuwirken oder andere dazu zu provozieren. Aber zum Glück war ich ja keine Polizistin, und im Ernstfall würde Raymonds Wort gegen meins stehen. Raymond bei ein paar Unfällen zu helfen, schien mir immer noch der schnellste Weg, ihn von meiner Verlässlichkeit zu überzeugen.
    Raymond starrte missmutig aus dem Seitenfenster. »Hier finden Sie nie was.«
    »Wetten?« Ich hatte soeben einen Mercedes neueren Typs entdeckt, der gerade im Begriff war, aus einer Parklücke herauszufahren, und brav links blinkte. Es war eine viertürige Limousine, in konservativem Schwarz und mit einem Jux-Nummernschild mit den Lettern Bull Mkt . Am Steuer saß eine Frau von etwa vierzig, mit einer blonden Haarhaube und einer großen, runden Sonnenbrille vorn auf der Nasenspitze. Ich bremste den Caddy ab und tat im Geist jetzt schon Abbitte für die Sünden, die ich erst noch begehen würde. Ich hielt und signalisierte ihr mit einem freundlichen Winken, dass ich sie herauslassen wollte. Sie dankte mir mit einer flüchtigen Handbewegung und einem Lächeln, das perfekte Jacket-Kronen entblößte.
    »Was machen Sie?«
    »Ich lass’ sie raus«, sagte ich unschuldig.
    Sobald sie auf die Spur vor mir ausbog, gab ich Gas, und der Caddy donnerte mit einem dumpfen Krachen auf den linken hinteren Quadranten des Mercedes. Es war wie Box-Auto-Fahren, und ich fühlte die gleiche verrückte Mischung aus schlechtem Gewissen und Erregung. Der Treffer war gut platziert. Die Frau schrie auf und drehte sich um. Vor Verblüffung hing ihr der Unterkiefer herunter.
    Raymond war wie der Blitz aus dem Wagen. »Was machen Sie denn, verdammt noch mal? Sie können doch nicht einfach so rausfahren!«
    Ich stieg aus, ging zum Kühler des Caddy und inspizierte den kaputten Scheinwerfer und die rostige Stoßstange. Nicht schlecht. Der Schaden am anderen Auto würde locker auf sechs Riesen kommen. Inzwischen hatte sich die Blonde vom ersten Schock erholt. Sie stieg aus und knallte die Wagentür zu. Sie war im Tennis-Dress: kurzes, weißes Röckchen, grün-weiß geringeltes Polohemd, lange, braune Beine und Söckchen mit knallgrünen Pompons über den makellos weißen Tennisschuhen. Der linke Hinterquadrant des Mercedes, eben noch jungfräulich glänzendes Schwarz, war jetzt durch eine mächtige Delle verunziert. Von dem zerknautschten Kotflügel stand die Chromleiste im Winkel ab wie eine horizontale Antenne. Die hintere Tür würde sich wohl nur mit dem Stemmeisen öffnen lassen. Ich sah ihr Gesicht rot anlaufen, als sie den Schaden in Augenschein nahm. Sie drehte sich zu mir um und fuhr zornig mit dem Zeigefinger auf mich los. »Sie miese Kuh! Sie haben mich doch selbst rausgewinkt!«
    »Hat sie nicht!«, sagte Raymond.
    »Hat sie wohl!«
    »Hab’ ich nicht!«, warf ich ein, um zu demonstrieren, wo ich stand.
    Raymond sagte: »Sehen Sie sich mein Auto an! Wir haben den Wagen gerade neu gekauft, und jetzt das!«
    » Ihr Wagen! Schauen Sie meinen an!«
    Ich fasste mir an den Nacken, und Raymond wandte sich mir besorgt zu.
    »Alles in Ordnung, Schatz?«
    »Ich glaub’ schon«, sagte ich ohne rechte Überzeugung. Ich rollte den Kopf einmal um seine Achse und stieß einen kleinen Schmerzenslaut aus.
    Raymond gab jetzt sein zorniges Gebaren auf und schaltete auf eine beherrschte Gelassenheit um, die auf ihre Weise noch wirksamer war. »Ich hoffe, Sie sind gut versichert, junge Frau...«
    Der ganze Nachmittag stand im Zeichen dieses intermittierenden Crash-Derby. So surreal die Action selbst war, so deprimierend war sie in ihrer Auswirkung. Wir fuhren von Beverly Hills zurück nach Brentwood und über Westwood wieder nach Santa Monica. Wir suchten uns stark befahrene Straßen aus und lauerten auf einen kleinen Verstoß gegen die Verkehrsregeln, eine kurze Unaufmerksamkeit, eine Fehleinschätzung. Raymond führte über alle vier Unfälle, die wir bauten, genauestens Buch. Er notierte Ort und Zeitpunkt sowie Namen und Versicherung des

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