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Kinsey Millhone 07 - Hoher Einsatz - G wie Galgenfrist

Kinsey Millhone 07 - Hoher Einsatz - G wie Galgenfrist

Titel: Kinsey Millhone 07 - Hoher Einsatz - G wie Galgenfrist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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gesprochen.«
    »Wie wär’s mit Eddie? Wann erwarten Sie ihn?«
    »Nicht vor fünf, hat er gesagt. Wenn Sie sich ihren Wohnwagen ansehen wollen, fahren Sie ungefähr eine Viertelmeile immer diese Straße lang. Dann sehen Sie einen alten durchgerosteten Chevy. So heißt auch die Straße: Rusted-Out-Chevy-Road. Biegen Sie rechts ein und fahren Sie weiter, bis Sie an den Betonbunkern vorbeikommen. Sehen wie ’n großes U aus. Keine Ahnung, wozu die gut sind, aber Old Mamas Wohnwagen steht auf der nächsten Parzelle. Sie müssen laut an die Tür hämmern. Ich glaub, sie hört nicht besonders gut, das hat Eddie jedenfalls gesagt.«
    »Danke. Ich mach mich gleich auf die Socken.«
    »Wenn Sie sie nicht finden, können Sie wieder kommen und auf Eddie warten, wenn Sie wollen. Er weiß vielleicht mehr.«
    Ich schaute auf meine Uhr. Es war erst Viertel vor zwölf. »Durchaus möglich, dass ich wieder komme«, sagte ich. »Danke für die Hilfe.«

4

    Der Wohnwagen auf der Rusted-Out-Chevy-Road bot einen erbärmlichen Anblick und hatte wenig Ähnlichkeit mit dem Schnappschuss in meiner Tasche, der einen zwar alten, aber robust aussehenden blaulackierten Caravan auf vier Schwarzwandreifen zeigte. Nach diesem Bild hatte ich ihn auf gut dreißig Jahre geschätzt, damals waren solche Caravans, von Buick-Limousinen gezogen, durch das halbe Land gerumpelt. Jetzt waren die Flanken mit aufgesprühten Wörtern verziert, deren Gebrauch man, wie meine Tante mir erklärt hatte, auf ein Minimum beschränken sollte. Aus einigen Fenstern waren die Belüftungsklappen herausgebrochen worden, und die Tür hing nur noch an einer Angel. Als ich vorüberfuhr, saß ein ungefähr zwölfjähriges Wesen unbestimmten Geschlechts mit Rastalocken und in zerlumpten, abgeschnittenen Jeans auf der Türschwelle, den Finger tief in der Nase, ganz offensichtlich zu dem Zweck, den Inhalt zu Tage zu fördern. Ich fuhr vorbei, wendete, fuhr zurück und hielt am Straßenrand. Als ich ausgestiegen war, war die Türschwelle leer. Ich klopfte.
    »Hallo?«, rief ich in singendem Tonfall. »Hal-lo-o!«
    Ich spähte hinein. Im Wohnwagen war niemand, wenigstens so weit ich ihn überschauen konnte. Es war hier drinnen wahrscheinlich noch nie besonders sauber gewesen, doch jetzt war der Raum mit Unrat übersät. Wo eigentlich ein Klapptisch hingehörte, lagen leere Flaschen und Dosen auf einem Haufen. Alles war dick verstaubt. Die Überreste einer Bank auf der rechten Seite sahen aus, als sei sie zu Feuerholz zerhackt worden. Die Türen der Küchenschränkchen hatte man abgeschraubt. Die Schränke waren leer. Der winzige vierflammige Butangasherd schien seit Monaten nicht mehr benutzt worden zu sein.
    Ich schaute nach links und ging durch einen kurzen Gang nach hinten in das kleine Schlafzimmer. Rechts führte eine Tür in ein Badezimmer mit einer kaputten chemischen Toilette und einem gezackten Loch in der Wand, wo einmal ein Waschbecken gewesen war; über der Duschwanne, in der jetzt Lumpen lagen, hing noch ein Stück Rohr. Das Schlafzimmer enthielt eine schäbige Matratze und einen zusammengerollten Doppelschlafsack mit Reißverschluss. Irgendjemand wohnte hier, aber ich glaubte nicht, dass es Irene Gershs Mutter war. Ich schaute aus dem Fenster, doch alles, was ich sah, war ein Stück brauner Wüste mit einer niedrigen Bergkette, zehn oder fünfzehn Meilen entfernt. Entfernungen täuschen hier draußen, weil es keine Markierungspunkte gibt.
    Ich schlängelte mich zum Eingang zurück, ging hinaus und einmal um den Wohnwagen herum. Ein Eimer mit eingelegtem Plastiksack diente als Außenabort. Es lagen noch mehrere zugebundene Plastiksäcke herum, eine Brutstätte für schwarze Fliegen. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite war auf einem zementierten Stellplatz ein Winnebago vertäut, so ein geräumiges Wohnmobil mit vier Schlafplätzen. Daneben stand ein Kleinlaster mit Campingaufsatz. Der Zementboden hatte Risse, in denen Unkraut wucherte. Ein Grill war im Freien aufgebaut, und der Geruch von Holzkohle und rauchenden Briketts wehte zu mir herüber. In der Nähe des Grills sah ich einen Klapptisch und drumherum ein paar nicht dazupassende Chromsessel.
    Als ich die Straße überquerte, tauchte aus dem Wohnmobil eine Frau auf. Sie trug ein Tablett mit einem mit Folie zugedeckten Teller, Gewürzen und anderen Utensilien. Sie war in den Vierzigern, schlank, mit einem schmalen, wettergegerbten Gesicht. Kein Make-up, das grau melierte Haar ganz kurz. Sie trug Jeans und

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