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Kinsey Millhone 10 - Stille Wasser

Kinsey Millhone 10 - Stille Wasser

Titel: Kinsey Millhone 10 - Stille Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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»Ich habe einen Revolver im Auto, wenn Sie ihn erreichen können«, sagte ich. »Meine Handtasche liegt auf dem Rücksitz.«
    »Geht dann nicht die Innenbeleuchtung an?«
    »In meinem Auto? Keine Chance.«
    Jaffe öffnete die Tür auf der Mitfahrerseite. Und natürlich ging die Innenbeleuchtung an. Die nächste Kugel kam prompt geflogen und hätte ihn beinahe am Hals erwischt.
    Wir zogen wieder die Köpfe ein und legten eine Minute der Besinnung für Jaffes Halsschlagader ein.
    Ich sagte: »Carl Eckert muß gewußt haben, daß Sie bei Michael sein würden, wenn Sie ihm vorgeschlagen haben, ihn hinterher zu treffen.«
    »Das war, bevor er seine Pläne geändert hat. Im übrigen weiß er gar nicht, wo Michael wohnt.«
    »Er sagt, seine Pläne hätten sich geändert. Aber Sie wissen nicht, ob es stimmt. Und man braucht nicht gerade Einstein zu sein, um die Auskunft anzurufen. Er brauchte nur Dana zu fragen. Er hat mit ihr Verbindung gehalten.«
    »Klar! Er liebt Dana. Er hat sie immer geliebt. Ich bin überzeugt, er war glückselig, daß ich endlich von der Bildfläche verschwunden war.«
    »Was ist mit Harris Brown? Der hätte eine Waffe.«
    »Ich sagte Ihnen doch schon — ich habe nie von ihm gehört.«
    »Hören Sie doch endlich auf, Quatsch zu erzählen, Wendell. Ich brauche klare Antworten.«
    »Ich sage die Wahrheit.«
    »Bleiben Sie unten. Ich versuch jetzt noch mal, ob ich die Tür aufmachen kann.«
    Jaffe machte sich ganz platt, als ich mit einem Ruck die Tür aufriß. Die nächste Kugel bohrte sich nicht weit von uns in den Sand. Ich klappte den Sitz vor, packte meine Handtasche, riß sie heraus und knallte die Tür wieder zu. Das Herz schlug mir bis zum Hals vor Angst. Außerdem mußte ich dringend pinkeln. Ich zog den Revolver mit dem weißen Perlmuttkolben aus der Handtasche. »Machen Sie mal Licht.«
    Jaffe knipste die Taschenlampe an und schirmte sie ab wie ein Streichholz.
    Das Ding, das ich in der Hand hielt, war so ein altmodischer Trommelrevolver, wie vielleicht John Wayne ihn bevorzugt hätte. Ich öffnete die Trommel. Voll geladen. Ich drückte das Magazin wieder zu. Die Kanone wog mindestens drei Pfund.
    »Woher haben Sie den?«
    »Den habe ich Renata abgenommen. Warten Sie hier. Ich bin gleich wieder da.«
    Er sagte etwas, aber ich watschelte schon geduckt in die Finsternis, immer in Richtung auf den Strand, weg von dem Heckenschützen. Ich schwenkte links ab und schlug in ungefähr hundert Meter Abstand vom Wagen einen Bogen. Ich konnte nur hoffen, daß der Schütze mich nicht sah. Meine Augen hatten sich jetzt ganz auf die Dunkelheit eingestellt, und ich fühlte mich sehr exponiert. Ich blickte zurück und versuchte, die Entfernung zu schätzen, die ich zurückgelegt hatte. Mein hellblauer VW sah aus wie ein geisterhafter Iglu oder ein kleines Schutzzelt. Ich gelangte zu einer Linkskurve in der Straße, duckte mich und rannte blitzschnell auf die andere Seite. Von dort schlich ich an die Stelle an, von der aus meiner Schätzung nach der Schütze feuerte.
    Ich brauchte wahrscheinlich an die zehn Minuten, um die Stelle zu erreichen, und mir wurde plötzlich bewußt, daß ich die ganze Zeit keinen Schuß mehr gehört hatte. Alles war öde und verlassen. Ich befand mich jetzt genau meinem Auto gegenüber auf der zweispurigen Straße. Wie ein Präriehund hob ich den Kopf.
    »Wendell?« rief ich.
    Keine Antwort. Keine Schüsse. Keine Bewegung. Und kein Gefühl von Gefahr mehr. Die Nacht schien auf einmal nur freundlich. Ich richtete mich auf. »Wendell?«
    Ich drehte mich einmal im Kreis, suchte die unmittelbare Nachbarschaft ab und duckte mich wieder. Ich sah nach rechts und nach links, eilte immer noch geduckt über die Straße. Als ich den Wagen erreichte, schlich ich um die vordere Stoßstange herum zu unserem Versteck. »Hey, ich bin’s«, sagte ich.
    Nur der Wind antwortete mir.
    Wendell Jaffe war verschwunden.

20
    ------

    Es war mittlerweile zehn Uhr abends, und die Straße war verlassen. Die Lichter des Freeway lockten, aber mir war klar, daß um diese Zeit kein vernünftiger Mensch mich in seinem Auto mitnehmen würde. Ich holte meine Handtasche aus dem Wagen und hängte sie mir über die Schulter. Dann ging ich zur Fahrerseite und machte die Tür auf, um den Zündschlüssel abzuziehen. Ich hätte den Wagen absperren können, aber wozu? Er tat es im Moment sowieso nicht, und das Rückfenster war zersplittert, so daß jeder Dieb sich bedienen konnte, wenn er wollte.
    Ich marschierte zur

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