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Kinsey Millhone 10 - Stille Wasser

Kinsey Millhone 10 - Stille Wasser

Titel: Kinsey Millhone 10 - Stille Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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Beamte, der Zugang zum Computer hatte, würde genauestens unter die Lupe genommen. Dann kam ein Anruf für ihn, und er mußte Schluß machen. Ich sagte, ich würde nach meiner Rückkehr nach Santa Teresa noch einmal versuchen, Ryckman zu erreichen.
    Ich hatte meine Ortsgespräche fast alle erledigt. Um zehn war ich unterwegs nach Santa Teresa. Ich hoffte, bis zu meiner Rückkehr würden in meinem Büro einige Anrufe eingegangen sein, aber als ich die Tür aufsperrte, starrte mich nur das grüne Licht des Anrufbeantworters blöde an. Ich widmete mich den üblichen Routinearbeiten: Anrufe und Post, ein paar Buchhaltungseintragungen, ein paar Rechnungen, die gezahlt werden mußten. Ich kochte mir eine Kanne Kaffee und rief dann meine Versicherung an, um den Zwischenfall vom vergangenen Abend zu melden. Die Sachbearbeiterin meinte, ich solle das Rückfenster ruhig ersetzen lassen. Es sei doch klar, daß ich nicht mit beschädigtem Rückfenster herumfahren könne.
    Ich war versucht, die Einschüsse zu lassen, wo sie waren. Wenn man zu viele Schadensfälle meldete, kündigten sie einem entweder die Versicherung oder erhöhten die Beiträge ins Astronomische. Was machten mir schon ein paar Einschußlöcher aus? Ich konnte ja selbst mit einigen aufwarten. Ich rief die Werkstatt an und machte einen Termin für den späten Nachmittag aus, um das Fenster austauschen zu lassen.
    Kurz nach der Mittagspause meldete mir Alison, daß Renata Huff am Empfang wartete. Ich ging nach vorn. Sie saß auf dem kleinen Sofa, den Kopf nach hinten geneigt, die Augen geschlossen. Sie sah nicht gut aus. Sie hatte eine weite lange Hose an, mit einem Gürtel in der Taille, und ein schwarzes Oberteil mit V-Ausschnitt und einen orangefarbenen Anorak darüber. Ihr lockiges dunkles Haar war noch feucht von einer kürzlichen Dusche, doch ihre Augen hatten dunkle Schatten, und ihre Wangen wirkten schmal, wie eingefallen. Mit einem entschuldigenden Lächeln zu Alison, die im Vergleich zu ihr besonders frisch wirkte, stand sie auf.
    Ich führte sie in mein Büro, setzte sie in den Besuchersessel und schenkte uns beiden Kaffee ein.
    »Danke«, murmelte sie und trank mit Genuß. Wieder schloß sie die Augen, während sie den Kaffee auf ihrer Zunge zergehen ließ. »Hm, der schmeckt gut. Den habe ich gebraucht.«
    »Sie sehen müde aus.«
    »Ich bin müde.«
    Es war das erste Mal, daß ich Gelegenheit hatte, sie mir näher anzusehen. In Ruhe war ihr Gesicht nicht eigentlich hübsch. Sie hatte einen sehr schönen Teint — ein klares Oliv ohne jeden Makel — , aber ihre Gesichtszüge hatten nichts Gefälliges: dunkle, buschige Brauen, dunkle Augen, die zu klein waren. Ihr Mund war sehr groß, und durch das kurze Haar wirkte die untere Gesichtspartie sehr kantig. Ihr Ausdruck hatte normalerweise etwas Düsteres, doch in den seltenen Momenten, wenn sie lächelte, war ihr Gesicht völlig verändert — exotisch, voller Licht.
    »Wendell ist gestern ungefähr um Mitternacht nach Hause gekommen. Heute morgen mußte ich weg, um etwas zu erledigen. Ich war bestimmt nicht länger als vierzig Minuten weg. Als ich zurückkam, war alles, was ihm gehört, verschwunden und er selbst auch. Ich habe ungefähr eine Stunde gewartet, dann habe ich mich in den Wagen gesetzt und bin hergefahren. Eigentlich wollte ich die Polizei anrufen, aber ich dachte mir, ich versuch’s erst mal bei Ihnen und höre mir an, was Sie raten.«
    »Raten? Wozu?«
    »Er hat Geld von mir mitgenommen. Viertausend Dollar in bar.«
    »Und was ist mit der Fugitive ?«
    Sie schüttelte müde den Kopf. »Er weiß, daß ich ihn umbringen würde, wenn er das Boot nähme.«
    »Haben Sie nicht auch ein Motorboot?«
    »Es ist kein Motorboot. Es ist ein Schlauchboot. Aber das ist noch da. Im übrigen hat Wendell keinen Schlüssel zur Fugitive .«
    »Wieso nicht?«
    Sie wurde ein wenig rot. »Ich habe ihm nie getraut.«
    »Sie sind seit fünf Jahren mit ihm zusammen und trauen ihm nicht einmal so weit, daß Sie ihm die Schlüssel zu Ihrem Boot geben?«
    »Er hatte ohne mich auf dem Boot nichts zu suchen«, versetzte sie in schroffem Ton.
    Ich ging darauf nicht weiter ein. »Und was haben Sie nun für einen Verdacht?«
    »Ich glaube, er hat sich die Lord wiedergeholt. Weiß der Himmel, was er danach vorhat.«
    »Weshalb sollte er Eckerts Boot stehlen?«
    »Weil er alles stehlen würde. Verstehen Sie das denn nicht? Die Lord war ursprünglich sein Boot, und er wollte sie wiederhaben. Außerdem ist die Fugitive ein

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