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Kinsey Millhone 10 - Stille Wasser

Kinsey Millhone 10 - Stille Wasser

Titel: Kinsey Millhone 10 - Stille Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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Nirgends in den Straßen war Sand, und doch hatte man so ein Gefühl von windgetriebenem Sand, der alles blank putzte. In Bars, aus deren geöffneten Türen von dröhnenden Bässen begleitete Musik schallte, drängten sich Studenten.
    Ich begann bei den Motels an der Hauptstraße und ackerte mich in die umliegenden Straßen durch. Die Namen waren die gleichen wie in unzähligen anderen Badeorten. Ich ging vom Sun ‘N’ Surf ins Tide, ins Beachside, ins Blue Sands und ins White Sands, ins Casa del Mar und so weiter. Ich zeigte meine Zulassung als Privatdetektivin. Ich zeigte das körnige Schwarzweißfoto von Brian Jaffe. Ich konnte mir nicht vorstellen, daß er sich unter seinem richtigen Namen eingetragen hatte, darum versuchte ich es mit Variationen: Brian Jefferson, Jeff O’Brian, Brian Huff, Dean Huff und Wendell Jaffes Lieblingsnamen, Stanley Lord. Ich wußte, an welchem Tag Brian irrtümlich aus dem Gefängnis entlassen worden war, und hielt es für höchstwahrscheinlich, daß er sich noch am selben Tag in einem Motel eingemietet hatte. Er war allein, und seine Rechnung hatte man vermutlich im voraus bezahlt. Ich war ziemlich sicher, daß er sich abgekapselt und nicht viel aus- und eingegangen war. Ich hoffte, jemand würde ihn nach dem Foto und meiner Beschreibung erkennen. Moteldirektoren und Empfangsangestellte schüttelten verneinend die Köpfe. Jedem ließ ich meine Karte da, jedem nahm ich das Versprechen ab, daß er mich sofort anrufen würde, falls ein junger Mann vom Aussehen Brian Jaffes sich in ihrem Haus zeigen würde. Aber natürlich. Sie können sich darauf verlassen. Klar. Ich war noch nicht richtig zur Tür hinaus, da warfen sie die Karte schon in den Papierkorb.
    Im Lighthouse — Durchwahltelefon, Kabelfernsehen, beheizter Pool — , beim zwölften Versuch, erhielt ich ein Nicken statt eines Kopfschütteins. Das Lighthouse war ein zweistöckiger, oval angelegter Bau mit einem Pool in der Mitte. Die Mauern waren meerblau gestrichen und auf der Fassade prangte das stilisierte Bild eines Leuchtturms. Der Mann am Empfang war in den Siebzigern, tatkräftig und alert. Er war völlig kahl, aber er schien noch alle seine eigenen Zähne zu haben. Mit einem von Arthritis verkrümmten Zeigefinger tippte er auf den Zeitungsausschnitt.
    »O ja, der Junge ist hier. Michael Brendan. Zimmer einhundertzehn. Ich hab’ mich schon gefragt, warum er mir so bekannt vorkam. Ein älterer Herr hat das Zimmer im voraus bezahlt. Für eine Woche. Um ehrlich zu sein, ich war mir über ihre Beziehung nicht ganz im klaren.«
    »Vater und Sohn.«
    »Ja, das haben sie auch behauptet«, sagte der Mann, immer noch zweifelnd. Er überflog den Bericht über den Gefängnisausbruch und den nachfolgenden Mord an der Frau, deren Auto gestohlen worden war. »Ich weiß, daß ich damals davon gelesen habe. Na, dieser junge Mann scheint ja ein gefährlicher Bursche zu sein. Soll ich die Polizei anrufen?«
    »Lieber das Sheriff’s Department, und lassen Sie mir erst zehn Minuten Zeit mit ihm. Sagen Sie den Leuten, Sie sollen Zurückhaltung üben. Ich möchte nicht, daß es Blutvergießen gibt. Der Junge ist achtzehn. Es würde sich bestimmt nicht gut machen, wenn er im Pyjama niedergeschossen würde.«
    Ich verließ das Foyer und ging durch eine Passage in den Innenhof. Es war jetzt ganz dunkel geworden, und das beleuchtete Schwimmbecken glänzte aquamarinblau. Lichtspiegelungen des Wassers spielten in ständig wechselnden Mustern über die Mauern des Gebäudes. Brians Zimmer war im Erdgeschoß. Es hatte eine Schiebetür, die auf eine kleine Terrasse führte und von da zum Pool. Die einzelnen Terrassen waren durch niedrige Büsche voneinander getrennt. Jedes Zimmer trug eine Nummer, es war also nicht schwierig, das richtige zu finden. Ich sah den Jungen durch die Stores, die nur teilweise zugezogen waren. Die Schiebetür war geschlossen; wahrscheinlich lief die Klimaanlage auf Hochtouren.
    Er hatte graue Boxershorts an und ein ärmelloses T-Shirt. Braungebrannt und kräftig, lag er, die Füße auf dem Bett, in einem Polstersessel und sah fern.
    Ich ging zum Ende des Gebäudes und trat dort in den Korridor. Auf dem Weg zu Brains Zimmer kam ich an einer Tür mit der Aufschrift »Nur Personal« vorüber. Spaßeshalber versuchte ich sie zu öffnen, und siehe da, der Knauf drehte sich unter meiner Hand. Ich spähte in den Raum hinter der Tür, eine Kammer mit Wäscheregalen an drei Wänden. Sauber gestapelt lagen da Bettwäsche,

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