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Kinsey Millhone 10 - Stille Wasser

Kinsey Millhone 10 - Stille Wasser

Titel: Kinsey Millhone 10 - Stille Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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Benzinrechnungen und den anderen Papierkram nach einem bestimmten System aufbewahrte. Ich ertastete ein Spiralheft, eine Straßenkarte und ein dickeres Buch von kleinem Format, ein Notizbuch vielleicht. Ich zog alles ans Licht wie ein Netz voller Fische und hielt inne, um noch einmal meine Umgebung in Augenschein zu nehmen. Alles war so still wie zuvor. Ich ließ den dünnen Lichtstrahl der Taschenlampe über das Heft gleiten. Es war sein Fahrtenbuch.
    Das dickere kleine Buch, das ich gefunden hatte, war sein Terminkalender mit Namen und Adressen, Zweck der jeweiligen Besprechung, Beruf und Titel der Teilnehmer. Private und geschäftliche Ausgaben waren säuberlich in getrennten Kolumnen aufgezeichnet. Ich mußte lächeln. Das bei einem Hochstapler, der monatelang im Gefängnis gesessen hatte! Vielleicht hatte die Haft bessernde Wirkung gehabt. Hinten in einer Tasche des Terminkalenders steckten seine Rechnung vom Best Western Hotel, zwei Benzinrechnungen, fünf Kreditkartenquittungen und — ha! — ein Strafzettel wegen zu schnellen Fahrens, den er am vergangenen Abend in der Nähe von Colgate kassiert hatte. Der Zeit nach, die der Polizeibeamte entgegenkommenderweise vermerkt hatte, hätte Carl Eckert mit Leichtigkeit rechtzeitig Perdido erreichen können, um auf Jaffe und mich zu schießen.
    »Würden Sie mir vielleicht sagen, was, zum Teufel, Sie hier tun?«
    Ich fuhr zusammen, Hefte und Papiere fielen mir aus den Händen, ich konnte mit Mühe einen Schrei unterdrücken. Es war Carl Eckert, auf Strümpfen, mit schlafwirrem Haar. Gott, wie ich solche Schleicher hasse! Ich bückte mich und begann, die Papiere aufzusammeln.
    »Mein Gott! Sie könnten einen doch wenigstens warnen! Sie haben mich zu Tode erschreckt. Ich kann Ihnen sagen, was ich tue. Ich vernichte gerade Ihr Alibi für gestern abend.«
    »Ich brauche kein Alibi für gestern abend. Ich habe nichts getan.«
    »Dann muß es jemand anders gewesen sein. Hatte ich erwähnt, daß mein Wagen plötzlich den Geist aufgab, und Wendell und ich auf einer stockfinsteren Strandstraße standen?«
    »Nein, das hatten Sie nicht erwähnt. Erzählen Sie«, sagte er vorsichtig.
    »Erzählen Sie. Das ist gut. Als wäre Ihnen das alles ganz neu. Jemand hat auf uns geschossen. Und kurz danach ist Wendell verschwunden.«
    »Und Sie glauben, ich war das?«
    »Ich halte es für möglich.«
    Er schob die Hände in die Hosentaschen und sah zu den dunklen Fenstern. »Reden wir drinnen weiter«, sagte er und ging mir voraus.
    Ich folgte ihm, wobei ich mich fragte, wohin das alles führen würde.
    Drinnen knipste er die Nachttischlampe an und schenkte sich aus einer Flasche auf dem Schreibtisch einen Scotch ein. In stummer Frage hielt er die Flasche hoch. Ich schüttelte ablehnend den Kopf. Dann zündete er sich eine Zigarette an. Immerhin wußte er noch, daß er mir erst gar keine anzubieten brauchte. Er setzte sich auf die Bettkante, ich mich in den Polstersessel. Das Zimmer sah kaum anders aus als das, in dem ich Brian Jaffe gefunden hatte. Wie jeder Lügner, dem man auf die Schliche gekommen ist, dachte sich Eckert jetzt wahrscheinlich gerade ein neues Märchen aus. Ich wartete brav, wie ein Kind auf seine Gute-Nacht-Geschichte.
    Er setzte seine treuherzige Miene auf und sagte: »Okay, ich will ehrlich mit Ihnen sein. Ich bin gestern abend tatsächlich von San Luis Obispo hergefahren, aber nicht nach Perdido. Als ich nach einem Tag, der mit Terminen vollgepackt gewesen war, in mein Hotel zurückkam, wartete dort eine Nachricht von Harris Brown auf mich. Ich habe ihn zurückgerufen.«
    »Na, jetzt wird’s aber wirklich spannend. Ich frage mich schon die ganze Zeit, was für eine Rolle Harris Brown spielt. Klären Sie mich auf. Ich bin ganz Ohr.«
    »Harris Brown ist ein ehemaliger Polizeibe-«
    »Das weiß ich alles. Er hat an Ihrem Fall mitgearbeitet, wurde dann aber abgezogen, weil er seine gesamten Ersparnisse durch CSL verloren hatte, blablabla. Was weiter? Wie hat er Jaffe in Viento Negro gefunden?«
    Eckert lächelte dünn, als fände er mich amüsant. Das bin ich manchmal, aber ich bezweifle, daß ich es in dem Moment war. »Ein Bekannter hatte ihn angerufen. Ein Versicherungsmann.«
    »Genau. Ist ja prima. Ich kenne den Mann. Ich war mir nicht sicher, aber ich hatte schon auf ihn getippt«, sagte ich. »Offensichtlich hat Harris Brown Jaffe gekannt. Aber hat Jaffe auch ihn gekannt?«
    Eckert schüttelte den Kopf. »Das bezweifle ich. Ich habe damals Brown als Anleger

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