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Kinsey Millhone 10 - Stille Wasser

Kinsey Millhone 10 - Stille Wasser

Titel: Kinsey Millhone 10 - Stille Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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meiner Haut widersprüchliche Sensationen sengender Hitze und beißender Kälte hervorrief.
    Bei Tag döste ich vor mich hin. Mein Körper hielt die Untätigkeit kaum aus. Nachmittags stolperte ich, meine Steppdecke hinter mir her ziehend wie eine Hochzeitsschleppe, die Wendeltreppe hinunter, um zwei Stunden vor der Glotze zu sitzen und mir Wiederholungen von »Dobie Gillis« und »I love Lucy« anzusehen. Als es Schlafenszeit wurde, ging ich ins Bad und füllte meinen kleinen Plastikbecher mit dem widerlichen, dunkelgrünen Sirup, der mir eine Nacht ungestörten Schlafs bringen würde. Noch nie habe ich auch nur einen Tropfen NyQuil hinuntergebracht, ohne mich hinterher heftig zu schütteln. Dennoch, das ist mir klar, könnte ich leicht nach dem Zeug süchtig werden.
    Am Montagmorgen erwachte ich um sechs, nur Sekunden bevor der Wecker loslegte. Ich blieb mit offenen Augen im zerwühlten Bett liegen und starrte zu dem gewölbten Oberlicht aus Plexiglas, während ich versuchte, mich auf den kommenden Tag einzustellen. Der Morgenhimmel war dicht verhangen; helle weiße Wolken bildeten eine undurchdringliche Decke, die bestimmt eine halbe Meile dick war. Auf dem Flughafen würden die Zubringermaschinen nach San Francisco, San José und Los Angeles auf den Runways festsitzen und darauf warten, daß sich der Nebel lichtete.
    Der Juli in Santa Teresa ist eine unsichere Angelegenheit. Der Morgen zieht hinter einer Wolkenbank herauf, die unmittelbar vor der Küste hängt. Manchmal klart es bis zum Nachmittag auf. Manchmal bleibt der Himmel bewölkt, und der Tag versinkt in nebligem Grau, das den Eindruck vermittelt, es brauten sich Sturmwolken zusammen. Die Einheimischen schimpfen, und der Santa Teresa Dispatch meldet die Temperaturen in tadelndem Ton, als wären die Sommer nicht immer so gewesen. Touristen auf der Suche nach dem sagenhaften kalifornischen Sonnenschein breiten ihre Siebensachen am Strand aus — Sonnenschirme und Badetücher, Kofferradios und Schwimmflossen — und warten geduldig darauf, daß die trüben grauen Himmel aufreißen. Ich sehe ihre kleinen Kinder, die mit Eimer und Schäufelchen am Wasserrand hocken. Selbst aus der Ferne kann ich Gänsehaut und blaue Lippen ahnen, und wie sie zu schnattern anfangen, während das eisige Wasser ihre nackten Füßchen umspült. Dieses Jahr war das Wetter sehr launisch gewesen und hatte jeden Tag ein anderes Gesicht gezeigt.
    Ich wälzte mich aus dem Bett, schlüpfte in meinen Jogginganzug, putzte mir die Zähne, kämmte mir das Haar und mied bei alledem, so gut es ging, den Anblick meines verschlafenen Gesichts. Ich war entschlossen zu laufen, aber mein Körper war anderer Meinung, und nach einer halben Meile bekam ich einen Hustenanfall, der sich anhörte wie das Brunftgeheul eines wilden Tiers. Ich gab den Gedanken an einen Dreimeilenlauf auf und begnügte mich statt dessen mit einem flotten Spaziergang. Die Erkältung hatte sich mittlerweile in meinen Bronchien eingenistet, und meine Stimme hatte ein verführerisch rauchiges Timbre bekommen. Als ich wieder zu Hause ankam, war ich ziemlich durchgefroren, aber sehr erfrischt.
    Ich duschte dampfend heiß, um die Verstopfung der Bronchien zu lösen, und fühlte mich, als ich aus dem Bad kam, halbwegs wiederhergestellt. Danach bezog ich mein Bett frisch, leerte den Müll aus, aß zum Frühstück etwas Obst und Joghurt und fuhr mit einer Mappe voller Zeitungsausschnitte ins Büro. Ich fand einen Parkplatz direkt an der Straße, ging das restliche Stück zu Fuß und nahm die Treppe in Angriff. Normalerweise sause ich immer zwei Stufen auf einmal nehmend hinauf, aber heute mußte ich auf jedem Treppenabsatz eine Pause einlegen. Es ist wirklich gemein — man braucht Jahre, um sich eine gewisse körperliche Fitneß anzueignen, aber man braucht nur einmal ein paar Tage schlapp zu machen, und schon ist von ihr nichts mehr übrig. Nach drei Tagen Nichtstun war ich wieder am Ausgangspunkt angelangt, keuchte und stöhnte wie in meinen schlimmsten Zeiten. Die Kurzatmigkeit löste einen neuen Hustenanfall aus. Ich trat durch die Seitentür ins Büro und blieb stehen, um mich zu schneuzen.
    Ich kam zu Ida Ruths Schreibtisch und machte halt zu einem kleinen Schwatz. Als ich Lonnies Sekretärin kennenlernte, fand ich den Doppelnamen umständlich. Ich versuchte, ihn auf Ida abzukürzen, stellte jedoch fest, daß das nicht paßte. Die Frau ist Mitte Dreißig, eine robuste, sportlich wirkende Person, von der man glauben möchte,

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