Kinsey Millhone 11 - Frau in der Nacht
diesem Wort Effet gemeint? Das ist doch seltsam oder? Was für ein Effet?«
»Dabei war ich mir auch nicht ganz sicher, aber es war das einzige Wort, das mir einfiel. Der Satz, der mir andauernd durch den Kopf geht, ist diese Geschichte mit >sie geht jeden Tag zur gleichen Zeit reim. Ich habe keinen blassen Schimmer, was das bedeuten soll.«
»Und wieso >Stubby Lorna sagt das, glaube ich.«
»Tja, das klingt jetzt vielleicht seltsam, aber was das angeht, kann ich Ihnen einen Tip geben. Ich glaube nicht, daß sie >stubby< im Sinne von >knubbelig< verwendet. Es gibt hier in der Stadt einen Typen mit dem Spitznamen Stubby. Sie könnte ihn meinen.«
»Das ist eine interessante Möglichkeit. War das jemand, den sie kannte?«
»Vermutlich. Mit richtigem Namen heißt er John Stockton. Man nennt ihn Stubby, weil er klein, gedrungen und dick ist. Er ist Bauträger —«
»Warten Sie mal«, unterbrach ich ihn. »Den Namen habe ich kürzlich erst gehört. Ich bin mir fast sicher, daß Clark Esselmann ihn erwähnt hat... vorausgesetzt, es gibt nur den einen. Ist er Mitglied der Wasseraufsichtsbehörde von Colgate?«
Hector lachte. »Nee, null Chance. Sie würden ihn nie in die Behörde aufnehmen. Das ergäbe einen unerhörten Interessenskonflikt. Er würde sich selbst in ein halbes Dutzend Projekte einschmuggeln, mit denen man schnell reich wird.«
»Oh. Dann hat es vermutlich nichts miteinander zu tun. Hat sie über ihn oder mit ihm gesprochen?«
»Über ihn, nehme ich an. Aber es könnte sogar am Rande ein Zusammenhang bestehen. Stockton müßte sich an die Wasserbehörde wenden, wenn er eine Genehmigung für die Erschließung irgendwelcher Grundstücke haben will. Da Lorna bei Esselmann >Babysitterin< gespielt hat, könnte sie ganz nebenbei von Stubby gehört haben.«
»Schon, aber was macht das? In einer Stadt wie dieser hört man alles mögliche, aber deswegen wird man nicht gleich umgebracht. Wie schwierig ist es denn, eine Genehmigung zu bekommen?«
»Eine Vorlage einzubringen, ist nicht schwierig, aber angesichts der momentanen Wasserknappheit müßte er schon mit einem sagenhaften Projekt aufwarten, um es bewilligt zu bekommen.«
»Gut«, sagte ich. Ich ließ die Vorstellung in meinem Hirn ein paar Runden drehen, aber das schien keine Erkenntnisse hervorzurufen. »Ich weiß nicht, wie das alles zusammenpaßt. Wenn sie über Wasser sprechen, könnte es etwas mit >sie geht jeden Tag zur gleichen Zeit rein< zu tun haben. Vielleicht bezieht sich das auf Schwimmen. Ich weiß, daß Lorna gejoggt ist, aber ist sie auch geschwommen?«
»Nicht, daß ich wüßte. Außerdem, wenn der Typ mit Lorna spricht, warum sollte er sie dann mit >sie< bezeichnen? Er muß über jemand anderen sprechen. Und Stockton hat nichts mit Schwimmbädern zu tun. Er baut Einkaufszentren und macht Parzellierungen«, sagte Hector. »So wie es formuliert ist, könnten sie auch über Arbeit sprechen. Sie geht jeden Tag zur gleichen Zeit rein >in die Arbeit<. Oder sie geht jeden Tag zur gleichen Zeit rein >ins Bett<.«
»Stimmt. Na gut. Vielleicht fällt uns ja etwas ein, wenn wir die Sache ein bißchen ruhen lassen. Ist Ihnen sonst noch etwas aufgefallen?«
»Eigentlich nicht. Nur daß Lorna sauer klang.«
»Den Eindruck hatte ich auch, deshalb habe ich ja so genau hingehört. Was der Typ gesagt hat, hat ihr überhaupt nicht gepaßt.«
»Ach ja. Wie Sie sagen — wenn es je einen Sinn ergeben soll, müssen Sie es wahrscheinlich eine Weile ruhen lassen. Wenn ich einen Geistesblitz habe, rufe ich Sie an.«
»Danke, Hector.«
Als ich das Häuschen abschloß und Danielles Vermieter den Schlüssel zurückgab, war es fast Viertel vor sieben, und die Wohnung sah bedeutend besser aus. Der Geruch von Ammoniak erinnerte zwar an eine Behörde, aber wenigstens müßte Danielle nicht in ein Chaos zurückkehren. Ich ging zu meinem Auto, die Arme mit allem möglichen Kram beladen. Ich stellte den Plastikeimer auf den Beifahrersitz und packte das Bündel Bettwäsche auf den Rücksitz, neben die Papiertüte mit den zerbrochenen Bilderrahmen. Dann rutschte ich hinters Lenkrad, blieb einen Moment sitzen und versuchte zu entscheiden, was ich als nächstes tun sollte. Hectors Vermutung, daß Stubby Stockton Thema von Lornas aufgezeichnetem Gespräch war, erschien mir ziemlich verführerisch. Soweit ich Clark Esselmanns Kommentare am Telefon verstanden hatte, würde Stockton bei der nächsten Versammlung der Wasseraufsichtsbehörde anwesend sein, die nach
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