Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kinsey Millhone 11 - Frau in der Nacht

Kinsey Millhone 11 - Frau in der Nacht

Titel: Kinsey Millhone 11 - Frau in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
Vom Netzwerk:
meinen Berechnungen heute abend stattfinden sollte. Wenn ich Glück hatte, würde mir vielleicht Serena begegnen, und ich könnte sie noch mal zu der fehlenden Geldsumme befragen.
    An der nächsten Tankstelle gab es ein öffentliches Telefon, und ich schlug die Nummer der Wasseraufsichtsbehörde von Colgate nach. Die Bürostunden waren schon lange vorüber, aber die Ansage auf dem Anrufbeantworter nannte Einzelheiten über die Versammlung, die für neunzehn Uhr im Konferenzraum in den Büros der Kreisverwaltung angesetzt war. Ich sprang wieder ins Auto, warf den Motor an und fuhr auf der Schnellstraße nach Norden.
    Vierzehn Minuten später bog ich in den Parkplatz hinter dem Gebäude ein, wobei ich feststellen mußte, daß der Strom der Fahrzeuge sowohl vor mir als auch hinter mir nicht abriß. Wie bei einer Art Autorennen fuhren wir einer nach dem anderen mit der Schnauze voran in eine Parklücke. Ich stellte den Motor ab, stieg aus und verschloß den Wagen. Es war ganz einfach herauszufinden, wo die Versammlung stattfinden sollte. Ich brauchte nur den anderen Teilnehmern zu folgen. Am hinteren Ende des Gebäudes brannten Lichter, und ich trabte auf sie zu, da ich langsam fürchtete, keinen Sitzplatz mehr zu bekommen.
    Der Eingang zum Konferenzraum war in einem kleinen, umschlossenen Innenhof versteckt. Durch das Glasfenster konnte ich sehen, daß die Mitglieder der Aufsichtsbehörde bereits allesamt anwesend waren. Ich ging hinein und hoffte, mir einen Platz sichern zu können, solange es noch welche gab. Der Konferenzraum war funktionell und trist: brauner Teppich, mit dunklem Holzfurnier getäfelte Wände, vorne ein L aus Klapptischen und fünfunddreißig Klappstühle für die Zuhörer. Auf einem Tisch an der Seite stand eine große Kaffeemaschine, daneben ein Stapel Tassen, Zuckertütchen und eine Riesendose Kaffeesahne. Die Beleuchtung bestand aus Leuchtstoffröhren und ließ uns alle gelb aussehen.
    Die Wasseraufsichtsbehörde von Colgate setzte sich aus sieben Mitgliedern zusammen. Vor jedem von ihnen stand ein Schild mit eingraviertem Namen und Titel: Berater des Wasserbezirks, Geschäftsführer und leitender Ingenieur, Vorsitzender und vier Direktoren, von denen einer Clark Esselmann war. Der Behördenvertreter namens Ned, mit dem er telefoniert hatte, war offenbar Theodore Ramsey, der zwei Plätze neben ihm saß. Der »Bob« und die »Druscilla«, die er beiläufig erwähnt hatte, waren Robert Ennisbrook beziehungsweise Druscilla Chatham.
    Sinnigerweise hatte man den Vertretern der Wasseraufsichtsbehörde große Krüge mit Eiswasser hingestellt, aus denen sie sich genüßlich einschenkten und tranken, während sie über die Wasserknappheit diskutierten. Manche der Mitglieder waren mir dem Namen nach oder vom Hörensagen bekannt, aber von Esselmann abgesehen kannte ich ihre Gesichter nicht. Serena saß in der ersten Reihe, hantierte nervös mit ihren Sachen herum und versuchte, so zu tun, als mache sie sich keine Sorgen um ihren Vater. Esselmann, in Anzug und Krawatte, sah angegriffen, aber entschlossen aus. Er war bereits in ein Gespräch mit Mrs. Chatham vertieft, der Frau zu seiner Linken.
    Inzwischen waren zahlreiche Zuhörer eingetroffen, und die meisten der bereitstehenden Klappstühle waren besetzt. Ich entdeckte einen freien Stuhl und schnappte ihn mir, wobei ich mich fragte, was ich hier eigentlich tat. Manche der Zuhörer hatten Aktentaschen und Notizblöcke dabei. Der Mann neben mir hatte einen handschriftlichen Kommentar verfaßt, an dem er noch zu feilen schien, während wir darauf warteten, daß die Versammlung eröffnet würde. Ich wandte mich um und betrachtete die Reihen hinter mir, die allesamt gefüllt waren. Durch das Glasfenster konnte ich sehen, wie sich weitere Personen um den Picknickplatz gruppierten oder sich gegen den dekorativen Zaun lehnten. Lautsprecher im Innenhof gestatteten den Überzähligen mitzuhören, was behandelt wurde.
    Vorne wurden Exemplare der Tagesordnung ausgelegt, und ich verließ kurz meinen Platz, um mir eines zu besorgen. Ich erfuhr, daß die Zuhörer das Recht hatten, sich an die Behördenvertreter zu wenden. Zu diesem Zweck wurden Anträge formuliert und schriftlich eingereicht. Überall fanden ausgiebige Beratungen zwischen Personen statt, die einander zu kennen schienen. Manche debattierten in kleinen Gruppen, die einen speziellen Antrag1 unterstützten. Ich wußte nicht einmal, welche Themen zur Diskussion standen, und auf der Tagesordnung machte sich

Weitere Kostenlose Bücher