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Kinsey Millhone 11 - Frau in der Nacht

Kinsey Millhone 11 - Frau in der Nacht

Titel: Kinsey Millhone 11 - Frau in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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im Radio gehört hatte.
    »Hallo«, sagte ich. »Mein Name ist Kinsey Millhone. Ich würde gerne mit Ihnen über Lorna Kepler sprechen.«

4

    Moreno hatte die schwere Tür zum Studio offenstehen lassen. Als ich hineinging, fiel sie hinter mir zu, und das Schloß schnappte ein. Ich stand in einem dämmrig beleuchteten Vorraum. Rechts von mehreren Aufzugtüren wies ein Schild, auf dem K-SPL stand, mit einem Pfeil eine Metalltreppe hinab. Ich ging hinunter, wobei meine Gummisohlen auf den Metallstufen hohl klangen. Die Rezeption war menschenleer, die Wände und der schmale Flur dahinter waren in tristem Blau und seltsamem Algengrün gestrichen, Farben wie auf dem Grund eines Teichs. »Hallo«, rief ich.
    Keine Antwort. Von irgendwoher erklang Jazz, offenbar das Programm, das der Sender selbst ausstrahlte.
    »Hallo?«
    Ich zuckte die Achseln und ging den Korridor entlang. Im Vorübergehen sah ich in jede Kabine hinein. Moreno hatte mir gesagt, er arbeite im dritten Studio auf der rechten Seite, aber als ich dort ankam, fand ich den Raum leer. Ich konnte nach wie vor leisen Jazz aus den Lautsprechern strömen hören, doch offenbar war er kurz hinausgegangen. Das Studio war klein und übersät von leeren Fast-Food-Behältern und Limobüchsen. Auf dem Mischpult stand eine halbvolle Tasse Kaffee, die noch warm war. An der Wand hing eine Uhr, so groß wie ein Vollmond, deren Sekundenzeiger hektisch zuckte. Klick. Klick. Klick. Klick. Das Vergehen von Zeit war mir noch nie so konkret und unerbittlich vorgekommen. Die Wände waren mit gewelltem, dunkelgrauem Schaumstoff schalldicht gemacht worden.
    Zur Linken hingen zahllose Karikaturen und Zeitungsausschnitte an einer Pinnwand aus Kork. Den größten Teil der Wand nahmen allerdings Regalbretter ein, auf denen reihenweise CDs, Platten und Kassetten standen. Ich prägte mir rasch alles ein wie bei einem Konzentrationsspiel. Kaffeebecher. Lautsprecher. Ein Klammerapparat und Tesafilm. Mehrere leere Flaschen Designer-Mineralwasser: Evian, Sweet Mountain und Perrier. Auf dem Mischpult konnte ich den Schalter für das Mikrofon erkennen, daneben Bandmaschinen, Leuchtknöpfe in allen Regenbogenfarben, auf einem stand »Zweispur mono«. Ein Licht leuchtete grün, ein anderes rot. Ein Mikrofon, das von einem Galgen herabhing, sah aus wie ein großer Eiszapfen aus grauem Schaumstoff. Ich stellte mir vor, wie ich mich so weit vorbeugte, daß ich es mit den Lippen berühren konnte, und mit meiner verführerischsten Stimme sagte: »Hallo, ihr Nachteulen. Hier ist Kinsey Millhone und spielt für euch zur übelsten Nachtzeit den besten Jazz...«
    Hinter mir hörte ich, wie sich im Flur etwas polternd näherte, und ich blickte neugierig hinaus. Es war Hector Moreno, ein Mann Anfang Fünfzig, der an zwei Krücken ging. Sein schütteres Haar war grau, die braunen Augen so weich wie Karamelbonbons. Sein Oberkörper war massig, während sein Unterleib zu den spindeldürren, kurzen Beinen hin immer schmächtiger wurde. Er trug einen dicken schwarzen Baumwollpullover, Röhren-Jeans und Leinenschuhe. Neben ihm trottete ein großer, rötlich-gelber Hund mit schwerem Kopf, breitem Brustkorb und kräftigen Schultern, der — nach seinem Teddybärgesicht und der buschigen Halskrause zu urteilen — wahrscheinlich zum Teil von einem Chow-Chow abstammte.
    »Hi, sind Sie Hector? Ich bin Kinsey Millhone«, sagte ich. Das Fell des Hundes sträubte sich, als ich die Hand ausstreckte.
    Hector Moreno stützte sich auf eine Krücke, um mir die Hand zu schütteln. »Erfreut, Sie kennenzulernen«, sagte er. »Das ist Beauty. Sie braucht ein wenig Zeit, um sich zu entscheiden, ob sie Sie mag oder nicht.«
    »Verständlich«, meinte ich. Von mir aus konnte sie den Rest ihres Lebens darüber nachdenken.
    Der Hund hatte zu knurren begonnen, aber es war weniger ein Grollen als vielmehr ein Brummen, so als sei irgendwo tief in seinem Brustkasten eine Maschine in Betrieb gesetzt worden. Hector schnippte mit den Fingern, und er verstummte. Zwischen Hunden und mir herrschte noch nie besondere Zuneigung. Erst eine Woche zuvor war ich einem männlichen Welpen vorgestellt worden, der allen Ernstes das Bein gehoben und auf meinen Schuh gepinkelt hatte. Seither besaß ich einen Reebok-Schuh, der nach Hundepisse roch, was Beauty nicht verborgen geblieben war und nun ihre Aufmerksamkeit fesselte.
    Hector schwang sich an seinen Krücken vorwärts ins Studio. Dabei beantwortete er mir die Frage, die ich aus Höflichkeit nicht zu

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