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Kinsey Millhone 11 - Frau in der Nacht

Kinsey Millhone 11 - Frau in der Nacht

Titel: Kinsey Millhone 11 - Frau in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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Ruhelos, zerrissen, vermutlich depressiv. Aber das war nur die eine Seite. Sie war gespalten, widersprüchlich. Es war nicht alles düster.«
    »Hat sie Drogen genommen oder getrunken?«
    »Meines Wissens nicht. Sie war launisch. Manchmal war sie beinahe überdreht. Wenn Sie analytisch werden wollen, wäre ich versucht, sie als manisch-depressiv zu bezeichnen, aber das trifft es nicht ganz. Es war, als fechte sie einen Kampf aus, in dem die dunkle Seite schließlich die Oberhand gewann.«
    »Die haben wir wohl alle in uns.«
    »Ich auf jeden Fall.«
    »Haben Sie gewußt, daß sie in einem Pornofilm mitgespielt hat?«
    »Ich habe davon gehört. Ich habe ihn nie selbst gesehen, aber ich vermute, es hat sich herumgesprochen.«
    »Wann ist er gedreht worden? Erst kurz vor ihrem Tod?«
    »Darüber weiß ich nicht viel. Sie hat die Wochenenden oft woanders verbracht, in Los Angeles oder San Francisco. Es hätte bei einer dieser Kurzreisen gewesen sein können. Ich kann es wirklich nicht mit Gewißheit sagen.«
    »Das gehörte also nicht zu den Dingen, über die Sie sprachen?«
    Er schüttelte den Kopf. »Sie gab sich gern verschlossen. Ich glaube, das gab ihr ein Gefühl von Macht. Ich lernte, mich nicht in ihre Privatangelegenheiten einzumischen.«
    »Haben Sie eine Ahnung, warum sie den Film gemacht hat? Ging es um Geld?«
    »Das bezweifle ich. Der Produzent kassiert vermutlich groß ab, aber die Schauspieler werden pauschal bezahlt. So habe ich es zumindest gehört«, sagte er. »Vielleicht hat sie es aus demselben Grund gemacht, aus dem sie alles andere tat. Lorna flirtete an jedem Tag ihres Lebens mit dem Untergang. Wenn Sie meine Theorie hören wollen, so war Angst das einzig echte Gefühl, das sie empfinden konnte. Gefahr war wie eine Droge für sie. Sie mußte die Dosis steigern. Sie konnte nichts dagegen tun. Es schien ihr gleichgültig zu sein, was irgend jemand sagte. Ich habe mir den Mund fußlig geredet, aber soweit ich weiß, hat es nie irgend etwas genützt. Das ist nur eine Beobachtung von mir, und ich kann mich auch furchtbar täuschen, aber Sie haben gefragt, und ich antworte. Sie tat, als hörte sie zu. Sie tat so, als wäre sie Wort für Wort ganz deiner Meinung, aber dann überkam es sie. Sie zog einfach los und tat es, egal, was es war. Sie war wie eine Süchtige, wie ein Junkie. Sie wußte, daß es kein gutes Leben war, aber sie konnte keinen Schlußstrich ziehen.«
    »Hat sie Ihnen vertraut?«
    »Das würde ich nicht sagen. Nicht richtig. Lorna hat überhaupt niemandem vertraut. In der Hinsicht war sie wie Beauty. Eventuell hat sie mir mehr vertraut als den meisten.«
    »Warum das?«
    »Ich habe sie nie angemacht, infolgedessen war ich keine Bedrohung. Keine sexuellen Investitionen, also konnte sie bei mir nichts verlieren. Sie konnte auch nichts gewinnen, aber das war uns beiden recht. Bei Lorna mußte man auf Distanz bleiben. Sie war die Art von Frau, bei der es in dem Moment, wo man sich engagierte, vorbei war. Es war das Ende. Man konnte nur mit ihr in Verbindung bleiben, indem man sie sich auf Armeslänge vom Leib hielt. Ich kannte die Regel, aber ich schaffte es nicht immer. Ich hing selbst an der Angel. Ich wollte sie retten, doch es war unmöglich.«
    »Hat sie Ihnen erzählt, was in ihrem Leben vor sich ging?«
    »Manches. Meist Nebensächlichkeiten, Alltagsgeschichten. Sie hat mir nie etwas Wichtiges anvertraut. Ereignisse ja, aber keine Gefühle. Wissen Sie, was ich meine? Jedenfalls bezweifele ich, ob sie jemals wirklich offen zu mir war. Ich wußte so manches, aber nicht unbedingt, weil sie es mir erzählt hatte.«
    »Woher bekamen Sie Ihre Informationen?«
    »Ich habe einige Kumpels in der Stadt. Ihr Verhalten frustrierte mich mit der Zeit. Sie schwor mir, sie sei aufrichtig, aber ich schätze, sie konnte es einfach nicht lassen. Hatte gleich wieder irgendwelche Typen aufgegabelt. Zu zweit, zu dritt, alles, was Sie wollen. Bekannte haben sie gesehen und mir absichtlich davon erzählt, weil sie befürchteten, ich könnte den Überblick verlieren.«
    »Und taten Sie das?«
    Sein Lächeln war bitter. »Damals war ich nicht der Meinung.«
    »Hat das Gerede Sie gestört?«
    »Verflucht, ja. Was sie gemacht hat, war gefährlich, und ich habe mir furchtbare Sorgen gemacht. Es gefiel mir nicht, was sie tat, und es gefiel mir nicht, wenn die Leute hier hereingerannt kamen und hinter ihrem Rücken über sie redeten. Klatschmäuler. Widerlich. Ich wollte sie zum Schweigen bringen. Bei ihr habe

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