Kinsey Millhone 11 - Frau in der Nacht
hatte. J. D. jammerte, und Lorna machte ihn zur Schnecke, weil er im Haushalt nie mithalf.
Leda drückte ungeduldig auf die Stopptaste. »In dem Stil geht es weiter. Hat mich stocksauer gemacht, wie sie da andauernd hinter meinem Rücken über mich geredet haben. Der Rest ist zum größten Teil Gemurmel, und das meiste kann man überhaupt nicht verstehen.«
»Schade«, sagte ich.
»Na ja, das Gerät war eben ziemlich windig. Ich wollte nichts Großartiges einbauen, weil es zuviel Aufwand gewesen wäre. Die Verstärkung war nur minimal. So bekommt man jede Menge Verzerrungen.«
»Von wann stammen die Aufnahmen? Können Sie das Datum irgendwie festmachen?«
»Eigentlich nicht. Lorna hat mehrmals auf Jack aufgepaßt, aber ich habe es mir nie notiert. Es war kein besonderer Anlaß. Wir sind nur einen Happen essen gegangen. Wenn man ein Kleinkind im Haus hat, ist eine Stunde für sich allein wie das Paradies.«
»Was ist mit dem Monat? Es muß zu Beginn der Schwangerschaft gewesen sein, weil er sagt, daß man Ihnen noch gar nichts ansieht. Und wurde nicht eine Quittung erwähnt? In diesem ersten Gespräch klingt es, als wäre er vorbeigekommen, um die Miete abzuholen.«
»Oh. Vielleicht. Da könnten Sie recht haben. Ich meine, Jeremy kam im September auf die Welt, also muß es... ich weiß nicht... irgendwann im April gewesen sein. Sie hat immer am Ersten gezahlt.«
»Wann haben Sie mit dem Aufnehmen angefangen?«
»Ungefähr zu der Zeit, schätze ich. Wie gesagt, das erste Band war ein einziges Rauschen. Das ist das zweite, das ich gemacht habe. Ich glaube, er hat wegen der ganzen Spinnen und Käfer tatsächlich den Kammerjäger kommen lassen. Das hat er sich wahrscheinlich notiert, wenn Sie möchten, daß ich nachsehe.«
»Was ist sonst noch hier drauf?«
»In erster Linie Schrott, wie gesagt. Die Batterien waren mittendrin leer, und danach ist alles, was man hört, noch das Zeug von der ersten Aufnahme, die ich gemacht habe.« Sie nahm die Kassette heraus und steckte sie in die leere Hülle zurück. Dann stand sie vom Tisch auf, als wollte sie den Raum verlassen.
Ich faßte sie wie beiläufig am Arm. »Darf ich das mitnehmen?«
Sie zögerte. »Wozu?«
»Damit ich es mir noch einmal anhören kann.«
Sie verzog das Gesicht. »Nnn, ich weiß nicht. Ich halte das für keine gute Idee. Es ist das einzige, das ich habe.«
»Ich bringe es sobald wie möglich zurück.«
Sie schüttelte den Kopf. »Lieber nicht.«
»Kommen Sie schon, Leda. Was macht Ihnen solches Kopfzerbrechen?«
»Woher soll ich wissen, daß Sie es nicht den Bullen übergeben?«
»Oh, natürlich. Damit sie sich anhören können, wie ein paar Leute herumstapfen und Konversation treiben? Es enthält kein belastendes Material. Sie reden über das dämliche Ungeziefer «, sagte ich. »Außerdem können Sie immer noch behaupten, Sie hätten die Erlaubnis dazu gehabt. Wer könnte Ihnen schon widersprechen?«
Darüber dachte sie eine Weile nach. »Und was haben Sie für ein Interesse daran?«
»Ich bin dafür engagiert worden. Das ist mein Job«, erwiderte ich. »Sehen Sie mal. Nach dem, was Sie gesagt haben, wurde dieses Band in dem Monat aufgezeichnet, in dem Lorna ums Leben kam. Wie können Sie sicher sein, daß es nichts von Belang enthält?«
»Sie bringen es gleich zurück?«
»Ich versprech’s.«
Widerstrebend legte sie die Kassette auf den Tisch und schob sie mir herüber. »Aber ich möchte wissen, wo ich anrufen kann, für den Fall, daß ich sie wieder brauche«, sagte sie.
»Sie sind ein Schatz«, sagte ich. Ich zog eine Visitenkarte hervor und notierte meine Privatadresse mit Telefonnummer. »Ich habe Ihnen zwar schon mal eine gegeben, aber hier ist noch mal alles. Ach, und noch etwas.«
In mürrischem Tonfall sagte sie: »Was?«
Immer wenn ich Leute manipuliere, müssen sie anscheinend schrecklich ungehalten werden. »Ist J. D. in den letzten Monaten irgendwie zu Geld gekommen?«
»J. D. hat kein Geld. Und wenn, dann hat er es mir nie erzählt. Soll ich ihn fragen, wenn er kommt?«
»Es ist nicht wichtig«, sagte ich. »Aber wenn Sie es ansprechen, müssen Sie ihm womöglich sagen, worüber wir geredet haben, und ich nehme nicht an, daß Sie das möchten.«
Aus ihrem Gesichtsausdruck schloß ich, daß ich mich vielleicht auf ihre Verschwiegenheit verlassen konnte.
Auf dem Weg zurück zu meiner Wohnung hielt ich an einem Supermarkt. Irgendwo hatte ich einen Kassettenrecorder, aber die Batterien waren vermutlich leer. Da
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