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Kinsey Millhone 14 - Kopf in der Schlinge - N wie Niedertracht

Kinsey Millhone 14 - Kopf in der Schlinge - N wie Niedertracht

Titel: Kinsey Millhone 14 - Kopf in der Schlinge - N wie Niedertracht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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Ich glaube, es stinkt Ihnen, dass Sie in dieser Beziehung nie Macht oder Kontrolle ausüben konnten. Tom mag zwar moralisch einen hohen Standpunkt bezogen und aus seinen erhabenen Grundsätzen heraus gehandelt haben, aber Tatsache ist doch, dass er Sie mit nichts hat stehenlassen, und auf diese Art rächen Sie sich dafür.«
    »Das ist nicht wahr.«
    »Versuchen Sie's noch mal«, sagte ich.
    »Wofür soll ich mich rächen? Er hat mir nie etwas getan.«
    »Tom war eine harte Nuß. Er war bereit, mit Ihnen zu flirten, hat aber schnell Grenzen gezogen, die Sie nicht überschreiten konnten. Er konnte es sich leisten, Ihre Zuwendung zu genießen, da sie ihn nichts kostete. Er nahm die Huldigung entgegen, ohne irgendein Risiko einzugehen, was bedeutet, dass er sich tugendhaft vorkommen konnte, während Sie dastanden wie ein Kind, das die Nase gegen die Scheibe preßt. Sie konnten anschauen, was Sie sich wünschten, aber berühren durften Sie es nicht. Und jetzt denken Sie, dass es das Beste war, was Sie bekommen konnten, was wirklich Schwachsinn ist, weil Sie nämlich rein gar nichts bekommen haben. Dieses ganze Gerede über Schmerz ist doch nur ein Versuch, ein dickes, fettes emotionales Nichts zu rechtfertigen.« Mir war klar, dass ich sie nur deshalb piesackte, weil Selma mich gepiesackt hatte, aber es war trotzdem ein gutes Gefühl. Später würde ich garantiert Schuldgefühle bekommen, weil ich so fies gewesen war, aber fürs erste schien es mir die einzige Methode zu sein, um zu bekommen, was ich wollte.
    Sie schwieg einen Augenblick. Ich hörte, wie sie einen Zug an ihrer Zigarette nahm, gefolgt von hörbarem Ausatmen. »Vielleicht.«
    »Von wegen vielleicht! Genau so ist es«, sagte ich. »Alle halten ihn für edel, aber ich glaube, er war maßlos egoistisch. Wie aufrichtig war er denn, wenn er nie den Mut hatte, es seiner Frau zu sagen?«
    »Ihr was zu sagen?«
    »Dass er in Versuchung war, ihr untreu zu werden, weil er sich zu Ihnen hingezogen fühlte. Er hat seine Gefühle nicht ausgelebt, aber es ist verflucht noch mal kein Wunder, dass sie sich schließlich unsicher fühlte. Und was hat es Ihnen eingebracht? Sie trauern ihm immer noch nach und kommen womöglich nie von ihm los.«
    »Hören Sie, Sie haben wirklich keine Ahnung, wovon Sie da reden, also lassen wir mal die ganze selbstgestrickte Psychologie beiseite. Sagen Sie mir, was Sie wollen, und bringen wir es hinter uns.«
    »Sie müssen offen zu mir sein.« »Warum?«
    »Weil mein Leben davon abhängen könnte«, fauchte ich. »Kommen Sie, Colleen. Sie sind doch vom Fach. Sie wissen Bescheid. Sie sitzen da, verteilen häppchenweise Information und klammern sich an die Krumen, weil Sie sonst nichts haben. Aber das hier ist eine verdammt ernste Angelegenheit. Wenn Tom an Ihrer Stelle wäre, glauben Sie, dass er dann Informationen verweigern würde?«
    Sie atmete wieder ein. »Wahrscheinlich nicht.« Sie klang widerwillig. »Dann machen wir mal weiter. Wenn Sie wissen, worum es geht, dann verraten Sie es mir doch einfach, Herrgott noch mal!«
    Sie zögerte immer noch. »Tom steckte in einer moralischen Krise. Ich war der leichte Teil daran, allerdings war ich nicht das einzige Problem.«
    »Was meinen Sie damit, Sie waren der leichte Teil?«
    »Ich weiß nicht, wie ich das erklären soll. Ich glaube, er konnte sich mir gegenüber korrekt verhalten, und das fand er tröstlich. Diese Situation war überschaubar, während das andere Problem, vor dem er stand, komplizierter war.«
     »Raten Sie das nur, oder wissen Sie das genau?«
    »Also, Tom hat sich nie konkret geäußert, aber er hat auf die Sache angespielt. Etwas in der Richtung, dass er nicht wüßte, wie er Verstand und Gefühl in Einklang bringen soll.«
    »In welcher Hinsicht?«
    »Er fühlte sich für den Mord an Toth verantwortlich.« »Er fühlte sich verantwortlich? Wie das?« »Aufgrund eines Vertrauensbruchs.« »Warum?
    Ich kann Ihnen nicht folgen.«
    »In Bezug auf Toth' Aufenthaltsort«, antwortete sie. »Ich habe ihm Adresse und Telefonnummer des Gramercy gegeben. Tom glaubte, dass jemand diese Daten benutzt hat, um Toth aufzuspüren und umzubringen. Es machte ihn halb wahnsinnig, dass er dachte, der Mann habe womöglich infolge seiner Nachlässigkeit sterben müssen.«
    Ich merkte, wie ich das Telefon anblinzelte und versuchte, aus ihren Äußerungen schlau zu werden. »Aber Selma hat mir erzählt, dass Tom immer sehr verschwiegen war. Das war eine ihrer Klagen. Er hat nie über irgend

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