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Kinsey Millhone 14 - Kopf in der Schlinge - N wie Niedertracht

Kinsey Millhone 14 - Kopf in der Schlinge - N wie Niedertracht

Titel: Kinsey Millhone 14 - Kopf in der Schlinge - N wie Niedertracht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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ist.«
    »Tja, also das war... wann?... vor fünf, sechs Wochen... und im Grunde nichts Außergewöhnliches. Ich fuhr den 395 entlang, als ich sein Fahrzeug am Straßenrand stehen sah. Die Warnblinkanlage war eingeschaltet, und der Motor lief, also habe ich dahinter angehalten. Ich erkannte Toms Pickup. Sie wissen ja, dass er hier in der Nähe gewohnt hat, daher habe ich sein Auto ständig gesehen. Zuerst dachte ich, er hätte womöglich einen Motorschaden oder so was. Beide Türen waren verschlossen, aber als ich näher kam, sah ich ihn zusammengesunken dasitzen. Ich klopfte ans Fenster, da ich dachte, er sei beim Fahren eingeschlafen und an den Straßenrand gefahren. Ich nahm an, dass die Heizung lief, da die Windschutzscheibe voller Kondenswasser und die Fenster ganz beschlagen waren.«
    »Wie sind Sie hineingekommen?«
    »Tja, das Fenster auf der Fahrerseite stand einen Spaltweit offen. Ich hatte eine Drahtschlinge im Wagen, und damit zog ich den Türknopf auf. Ich merkte gleich, dass es ihm schlechtging. Er sah entsetzlich aus, die Augen standen offen, und in seinen Mundwinkeln hing schmieriges Zeug.«
    »Hat er zu diesem Zeitpunkt noch gelebt?« »Ich bin mir ziemlich sicher, dass er schon tot war, aber ich habe getan, was ich konnte. Ich sage Ihnen, mir haben dermaßen die Hände gezittert, dass ich gar nicht richtig zupacken konnte. Fast hätte ich das Fenster eingeschlagen, und dazu wäre es auch gekommen, wenn ich es nicht geschafft hätte, das Schloß aufzukriegen. Ich zerrte ihn aus dem Wagen an den Straßenrand und fing gleich mit der Wiederbelebung an. Ich konnte keinen Herzschlag finden. Seine Haut fühlte sich kühl an, oder zumindest kam es mir so vor. Draußen war es eiskalt, und trotz der aufgedrehten Heizung war die Temperatur im Wageninneren gefallen. Sie können es sich bestimmt vorstellen. Ich habe über Funk Hilfe gerufen... so schnell wie möglich einen Krankenwagen dorthin geholt, aber es nutzte nichts. Der Arzt in der Notaufnahme hat ihn beim Eintreffen für tot erklärt.«
    »Glauben Sie, er wußte, was mit ihm passierte, und hat deshalb am Straßenrand gehalten?«
    »Das würde ich annehmen. Er muß Schmerzen im Brustkorb gehabt haben, vielleicht auch Atemnot.«
    »Haben Sie zufällig Toms Notizbuch gesehen? Schwarzes Leder, etwa so groß?«
    Er dachte einen Augenblick nach und schüttelte dann langsam den Kopf. »Nein, Ma'am. Ich glaube nicht. Natürlich habe ich auch nicht danach gesucht. War es garantiert in seinem Wagen?«
    »Nein, nein, aber Selma hat gesagt, er hatte es immer bei sich, und es ist bis jetzt nicht aufgetaucht. Ich dachte, vielleicht haben Sie es gefunden und im Sheriffbüro abgegeben.«
    »Das hätte ich vermutlich getan, wenn ich es gesehen hätte. Ich möchte ja auch nicht, dass meine Notizen durch alle Hände gehen. Vieles davon sieht unsinnig aus, aber man braucht es, wenn man die Berichte tippt oder vor Gericht aussagen muß. Und es war nicht bei seinen persönlichen Sachen? Das Büro des Leichenbeschauers hat mit Sicherheit all seine Kleider und alles, was er bei sich hatte, zurückgegeben. Sie wissen schon, seine Uhr, den Inhalt seiner Taschen und so weiter.«
    »Das gleiche habe ich Selma gefragt, und sie hat es auch nicht gesehen. Jedenfalls werden wir weiterhin danach suchen. Danke, dass Sie sich die Zeit genommen haben. Wenn Ihnen irgend etwas einfällt, können Sie mich über Selma erreichen.«
    »Ich kann mir nicht vorstellen, dass es über ihn irgend etwas zu ermitteln gibt. Sie können sich keinen netteren Kerl vorstellen. Er war einfach großartig. Ein guter Mensch und ein guter Polizist.«
    »Das habe ich schon gehört.«
    Ich fuhr zum Motel zurück, denn ich hielt es keine einzige Minute mehr in Toms Arbeitszimmer aus. Womöglich hatte Tom ja einfach an Depressionen gelitten. Wir waren alle davon ausgegangen, dass sein Problem situationsbedingt war, aber vielleicht war dem gar nicht so. Mein Problem war situationsbedingt. Ich hatte Heimweh und wollte hier weg. Ich schloß die Tür zu meiner Hütte auf und stellte erfreut fest, dass das Zimmer aufgeräumt worden war. Das Bett war gemacht, das Badezimmer geputzt, und eine frische Rolle Toilettenpapier mit einem Knick im ersten Blatt hing bereit. Ich setzte mich an den Tisch und spannte ein Blatt Papier in meine Smith-Corona ein. Dann begann ich einen Bericht über meine Unternehmungen der vergangenen Tage zu verfassen. Selma Newquist würde eben ihren Frieden mit Toms Ableben schließen müssen. Der

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