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Kinsey Millhone 15 - Gefaehrliche Briefe O wie Opfer

Kinsey Millhone 15 - Gefaehrliche Briefe O wie Opfer

Titel: Kinsey Millhone 15 - Gefaehrliche Briefe O wie Opfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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bedruckten Hauskleid. Sie schälte gerade Erbsen. Das Sieb ruhte auf ihrem Schoß, und neben sich hatte sie eine Papiertüte mit umgeschlagenem Rand stehen. Dorothy hockte auf der Arbeitsfläche und leckte Butter aus der Butterdose.
    Bel lächelte mir schüchtern zu. »Der Kaffee steht da drüben«, sagte sie. »Der Hilfssheriff ist gerade mit dem Schlüsseldienst gekommen, und Cordia ist mit raufgegangen, um ihnen aufzumachen. Haben Sie gut geschlafen?«
    »Ich hatte zu wenig Schlaf, aber der war gut.« Ich ging hinüber zur Kaffeekanne, einem altmodischen Exemplar, das auf dem Herd stand. Daneben entdeckte ich einen Becher und eine Tüte Milch. Ich goss mir eine Tasse ein und gab Milch dazu.
    »Möchten Sie ein Ei? Wir haben auch Müsli. Cordi hat Haferflocken mit Rosinen gemischt. Das ist alles, was da ist. Brauner Zucker ist in der Blechdose, wenn Sie sich bedienen möchten.«
    »Ich glaube, ich gehe lieber nach oben und versuche Mickeys Nachbarn zu erwischen, bevor sie zur Arbeit gehen. Wenn der Hilfssheriff weg ist, kann ich immer noch frühstücken.« An der Tür sah ich mich um. »Hat sie etwas über ein Motorrad gesagt, das in der Gasse steht?«
    Belmira schüttelte den Kopf.
    Ich nahm meinen Kaffeebecher mit und ging auf die Treppe zu. Ich sah den Streifenwagen des Sheriffs am Straßenrand stehen, nicht weit von meinem VW, der, soweit ich erkennen konnte, noch intakt war. Der Tag war sonnig und kühl, und in der Luft hing bereits der Geruch der morgendlichen Ansammlung von Auspuffgasen. Ich schlenderte den Außengang im ersten Stock entlang. Ein paar Nachbarn hatten sich versammelt, um dem Schlosser bei der Arbeit zuzusehen. Vielleicht war ihnen das eine Mahnung, ihre Miete stets rechtzeitig zu bezahlen. Die meisten schienen für die Arbeit angezogen zu sein, bis auf eine Frau in Bademantel und Hausschuhen, die ihren Morgenkaffee mitgebracht hatte. Wie Schaulustige, die an einem Autounfall vorbeikommen, gafften sie, angewidert und fasziniert zugleich vom Anblick des Unglücks eines anderen. All das erinnerte mich entfernt an die Brände, die 1964 in den Hügeln um Santa Teresa wüteten. An den langen, verqualmten Abenden trafen sich die Leute in Grüppchen auf den Straßen, schlürften Bier und plauderten, während auf den Bergen in der Ferne die Flammen züngelten. Die Nähe der Katastrophe schien die gewohnten gesellschaftlichen Barrieren umzustoßen, bis die Atmosphäre beinahe ausgelassen wurde.
    Cordia Hatfield behielt die Situation genau im Blick. Einen weißen Pullover um die Schultern geschlungen, stand sie in der geöffneten Tür. Ihr übergroßes, blau-weiß kariertes Hauskleid war knöchellang, und sie trug wieder die Hausschuhe, an denen ihr Fußballen heraussah. Als ich näher kam, drehte sie sich um. »Haben Sie den Kaffee also gefunden. Wie haben Sie letzte Nacht geschlafen?«
    »Dorothy war knickrig mit dem Kissen, aber davon abgesehen ging’s prima.«
    »Sie hatte noch nie etwas fürs Teilen übrig. Als sie zurückkam, hat sie darauf bestanden, ihr altes Zimmer wieder für sich allein zu bekommen. Wir wollten es eigentlich für Gäste aufsparen, aber sie hat sich geweigert, das Katzenklo zu benutzen, bis sie ihren Kopf durchgesetzt hatte.«
    Mickeys direkter Nachbar, den ich auf Anfang vierzig schätzte, trat aus seiner Wohnung und zog dabei ein Tweedsakko über ein königsblaues Superman-T-Shirt. Sein glänzendes braunes Haar reichte bis zur Taille. Er trug eine große Brille mit Metallfassung und gelben Gläsern. Ein Schnurrbart und ein kurz gestutzter Vollbart rahmten einen kompletten Satz weißer Zähne ein. Seine Jeans waren zerrissen und ausgebleicht, und seine Cowboystiefel hatten acht Zentimeter dicke Plateausohlen. Hinter ihm konnte ich das zersplitterte Schlafzimmerfenster sehen, mittlerweile mit Pappe und einem gezackten Blitz aus Isolierband geflickt. Er sagte: »Hey, Mz. Hatfield. Wie geht es Ihnen heute?«
    »Morgen«, erwiderte sie. »Bestens. Was ist denn mit Ihrem Fenster passiert? Das muss repariert werden.«
    »Tut mir Leid. Ich kümmere mich darum. Ich habe einen Glaser auf dem Olympic angerufen, der meinte, er würde es sich mal ansehen. Wird Mickey zwangsgeräumt?«
    »Leider ja«, bestätigte sie.
    Der Hilfssheriff wurde eindeutig nicht gebraucht, also ging er zu seinem Wagen zurück und kümmerte sich um andere Dinge. Der Schlosser winkte Cordia herbei. Sie entschuldigte sich, und die beiden traten nach innen und beratschlagten. Der Nachbar war stehen geblieben, um

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