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Kinsey Millhone 17 - Totenstille - Q wie Quittung

Kinsey Millhone 17 - Totenstille - Q wie Quittung

Titel: Kinsey Millhone 17 - Totenstille - Q wie Quittung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Grafton,Sue
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Dolan.
    Ich war selbstverständlich bereit, ihm eine Abschrift meiner Lizenz zu zeigen, doch Dolans Beschützerhaltung gefiel mir, und so fand ich, dass ich es mir sparen konnte. Als der alte Mann erneut Blickkontakt zu mir suchte, schaute ich weg. Ich hielt ihn für einen Ewiggestrigen, einen alten Knacker, der fand, dass Frauen in die Küche gehörten, nicht hinaus in die »reale« Welt, Seite an Seite mit den Männern. Er musste über achtzig sein. Seine Augen waren klein und wässrig blau, sein Gesicht von der Sonne gegerbt, mit tiefen Falten und stachligen Barthaaren, die sich weiß von der ledrigen Haut abhoben. Er richtete den Blick auf Dolans Zigarette. »Damit wäre ich an Ihrer Stelle vorsichtig. Hier oben herrscht Brandgefahr.«
    »Ich passe schon auf.« Johanson nahm einen Schlüsselbund heraus, und wir marschierten alle vier zu dem metallenen Tor mit dem alten Vorhängeschloss hinüber. Sein Gang war schwankend, was eine alte Verletzung vermuten ließ. Vielleicht hatte er in jungen Jahren sein Geld als Rodeoreiter verdient. Er wählte einen Schlüssel aus, drehte ihn im Schloss und zog es von der Spange. Dann stieß er das durchhängende Tor zur Seite, bis es an einem Punkt angelangt war, wo es im Gras stecken blieb. Wir gingen alle vier hindurch, Dolan und Stacey voran, ich direkt hinter ihnen und Johanson als Letzter.
    »Es waren zwei Polizisten, die sie gefunden haben, als sie hier auf die Jagd gehen wollten«, sagte er. Offenbar hatte er Staceys Hinweis auf ihre damalige Begegnung entweder überhört oder vergessen.
    Dolan brummte eine unverständliche Erwiderung, die den Alten jedoch nicht in seiner Redseligkeit zu bremsen schien. »Wir haben Wildschweine auf dem Grundstück. Der Besitzer lässt ab und zu Jäger rein, um die Herde klein zu halten. Wildschweine sind aggressiv. Ich hab schon erlebt, wie sie kehrtgemacht und direkt auf mich losgegangen sind, bis ich eine blutige Schramme im Bein hatte. Bösartige Biester, das kann ich Ihnen sagen. Penisse wie Rasierklingen, hab ich mir sagen lassen. In der Paarungszeit quiekt das Weibchen derart, dass einem die Haare zu Berge stehen.«
    »Übrigens waren Lieutenant Dolan und ich diejenigen, die die Leiche gefunden haben. Wir wollten eigentlich jagen gehen.«
    »Sie beide. Tatsächlich? Ja, leck mich doch. Ich hätte schwören können, dass ich Sie von irgendwoher kenne.«
    »Wir sind alle ein bisschen älter geworden.« »Allerdings. Ich bin selbst siebenundachtzig, geboren am ersten Januar neunzehnhundertnullnull. Hab mir vor kurzem die Hüfte gebrochen, als mein Pferd auf mich draufgefallen ist. Es ist nicht besonders gut verheilt. Heutzutage können sie einem ja das alte Gelenk rausnehmen und ein anderes einbauen. Wenn das mit der Hinkerei nicht aufhört, besorge ich mir vielleicht wirklich ein nagelneues. Sagen Sie mal, worum dreht sich das Ganze überhaupt? Ich bin nicht ganz im Bild.«
    Stacey antwortete: »Die Sheriffbehörde überarbeitet ein paar alte Akten und nimmt sie erneut unter die Lupe. Wir rollen den Fall in der Hoffnung noch mal auf, ihn jetzt aufklären zu können.«
    »Und weshalb kommen Sie hier rauf?«
    »Wir wollten den Fundort sehen, damit wir uns ein konkreteres Bild zu den Berichten machen können. Die alten Fotos vom Fundort sagen uns nicht, wie das Gelände angelegt ist, wie die relativen Distanzen sind und dergleichen.« Das war wieder Stacey gewesen. Bislang hatte ich kein Wort gesagt.
    Johansons Blick wanderte erneut mit notdürftig verhohlener Neugier zu meinem Gesicht. »Das kann ich verstehen. Ich habe meinen Sohn mit hergebracht, als sie die Leiche aus der Schlucht geholt haben. Er war vierzehn und fand es große Klasse, immer per Anhalter zu fahren, wenn er irgendwohin musste. Ich wollte, dass er sieht, wie er enden kann.«
    »Sie haben einen so jungen Sohn?«, sagte ich und bemühte mich, nicht übermäßig erstaunt zu klingen.
    Der Alte grinste und gab dabei den Blick auf schwarze und schiefe Zähne frei. »Zwei sogar«, antwortete er. »Ich bin fünfmal verheiratet gewesen, aber ich hatte nie Kinder, bis zur letzten Runde. Der jüngere ist gestern zweiunddreißig geworden. Ich habe ihm Arbeit auf der Ranch besorgt. Der andere ist ein Nichtsnutz. Aber wahrscheinlich muss ich mir sagen, dass fünfzig Prozent ein Erfolg waren, statt dass fünfzig Prozent misslungen sind.«
    Dolan warf seine Zigarette zu Boden und trat die Glut sorgfältig aus. »Glauben Sie, dass sie so umgekommen ist? Dass jemand sie mitgenommen und

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