Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kinsey Millhone 17 - Totenstille - Q wie Quittung

Kinsey Millhone 17 - Totenstille - Q wie Quittung

Titel: Kinsey Millhone 17 - Totenstille - Q wie Quittung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Grafton,Sue
Vom Netzwerk:
dieselbe.«
    »Aber Grand war ihre Mutter. Sie hätte eigentlich die Erwachsene sein sollen.«
    Susanna lächelte. »Nur weil wir alt sind, sind wir nicht unbedingt reif. Und außerdem hat Grand sogar die Hand ausgestreckt. Ich kann mich an ein halbes Dutzend Male erinnern, als sie deinen Eltern gegenüber eine Geste gemacht hat, nur um übergangen oder zurückgestoßen zu werden. Soweit ich weiß, hat sich dein Vater so gut es ging herausgehalten. Es war Ritas Kampf, und obwohl er natürlich auf ihrer Seite stand, war sie diejenige, die das Spiel am Laufen gehalten hat. Virginia war sogar noch schlimmer. Sie schien das Zerwürfnis zu genießen, aber ich weiß gar nicht, warum. Sie muss selbst irgendeinen Groll gehegt haben. Meiner Erfahrung nach ist es oft ein Deckmantel für etwas anderes, wenn jemand ein solches Getue um seine Autonomie macht. Auf jeden Fall hat Grand versucht, die beiden zu integrieren, zumindest nach deiner Geburt, aber sie wollten nichts mit ihr zu tun haben. Wenn sie und Daddy verreist waren, sind sie zu Besuch gekommen und haben natürlich dich mitgebracht, aber man hatte immer das Gefühl von Verstohlenheit. Mir kam es damals so vor, als mache es ihnen Spaß, sich hinter ihrem Rücken einzuschleichen.«
    »Warum?« »Weil es uns Übrige dazu gezwungen hat, Stellung zu beziehen. Jedes Mal, wenn wir sie willkommen geheißen haben – was wir bei zahlreichen Gelegenheiten getan haben –, haben wir uns damit eindeutig in ihr Lager begeben. Maura und Sarah haben ein schlechtes Gewissen, weil sie Grand hintergangen haben. Wenn sie nach einer Reise nach Hause kam, hat keine von uns ein Wort gesagt. Manchmal frage ich mich schon, was sie gewusst hat. Sie hat ein Netzwerk von Spionen, auch heute noch, und irgendjemand muss es ihr gesagt haben. Sie hat es nie zugegeben, aber vielleicht war das ihre Art, dafür zu sorgen, dass es Kontakte gab, auch wenn sie selbst nichts davon hatte.«
    Ich überlegte kurz und ließ mir ihre Ausführungen durch den Kopf gehen. »Ich würde dir ja gern glauben, und in mancher Hinsicht tue ich das auch. Ich weiß, dass jede Geschichte zwei Seiten hat. Offenbar hat es Tante Gin ernst genug genommen, um sich bis zu ihrem Tod über das Thema auszuschweigen. Bis vor drei Jahren wusste ich von alldem überhaupt nichts.«
    »Es muss schwer zu verarbeiten sein.«
    »Ja, schon. Zum Teil auch deshalb, weil es mir als abgeschlossene Angelegenheit präsentiert wird, als ein für alle Mal beendet. Für dich ist es sicher Schnee von gestern, aber für mich nicht. Ich muss erst ergründen, was ich mit meinem Anteil daran anfangen soll. Der Bruch hat sich massiv darauf ausgewirkt, was für ein Mensch ich geworden bin.«
    »Also, du hättest es wesentlich schlechter treffen können als mit Virginia Kinsey als Vorbild. Sie mag ja eine Eigenbrötlerin gewesen sein, aber sie war ihrer Zeit voraus.«
    »Das trifft es ziemlich gut.«
    Susanna sah auf die Uhr. »Ich verabschiede mich jetzt lieber. Ich weiß nicht, wie’s dir geht, aber ich finde solche Gespräche anstrengend. Man kann nur eine begrenzte Menge aufnehmen, dann muss man aufhören und es verdauen. Rufst du mich mal an?«
    »Ich werd’s versuchen.«
    »Gut. Das würde mich freuen.«
    Als sie wieder weg war, sperrte ich die Bürotür ab und setzte mich an meinen Schreibtisch. Ich nahm das Foto meiner Mutter und studierte es ausgiebig. Das Bild war auf der Ranch aufgenommen worden. Der Hintergrund war unscharf, aber sie und ihre Schwester standen auf einer hölzernen Veranda mit einem Geländer, wie ich es bei der Manse gesehen hatte. Wenn ich blinzelte, konnte ich auf der einen Seite eine Gruppe von Leuten ausmachen, die Sektkelche in den Händen hielten. Die jungen Männer trugen Smokings und die Mädchen lange, weiße Kleider, so ähnlich wie das von Rita Cynthia. Frisuren und Kleidungsstil hatten sich eigentlich nicht sehr verändert. Bei jedem formellen Anlass hätte man diese Leute aus ihrem Jahrzehnt herausholen und sie ohne drastische Unterschiede in unserem wieder absetzen können. Das einzig richtig Altmodische waren die weißen Schuhe meiner Mutter mit ihren offenen Kappen und den leicht klobigen Absätzen.
    Meine Mutter war schlank, und ihre nackten Schultern und Arme waren makellos. Sie hatte ein herzförmiges Gesicht und einen zarten, feinen Teint. Vielleicht hatte sie Naturlocken – es war schwer zu sagen –, doch sie hatte sich die Haare für diesen Anlass hochstecken lassen, und sie umspielten locker ihre

Weitere Kostenlose Bücher