Kinsey Millhone 18 - Ausgespielt - R wie Rache
bin mit ihr befreundet und mache mir Sorgen um sie.«
»Da würde ich mir keine grauen Haare wachsen lassen. Wenn ich eines über Reba weiß, dann, dass sie selbst auf sich aufpassen kann.«
Ich sah ihr nach, wie sie auf die Bar zuging. Die zwei identischen Monde ihres Hinterns wackelten kaum beim Gehen, und die Muskeln in ihren Schenkeln spannten sich bei jedem Schritt an, ehe sie sich wieder entspannten. Stripteasetanz wirkte offenbar besser als Jazz-Dance, außerdem brauchte sie keine Kursgebühren zu entrichten. Ich machte einen Abstecher zur Damentoilette, benutzte die sanitären Einrichtungen und kehrte zu meinem Auto zurück.
Nachdem ich den Motor angelassen hatte, blieb ich mit heruntergedrehten Fenstern sitzen und hörte Radio, damit die Zeit schneller verging. Eine Stunde später begann ich allmählich zu befürchten, dass mir entweder bald der Sprit ausging oder ich mich mit meinen eigenen Auspuffgasen vergiftete. Ich stellte Radio und Motor aus und starrte auf die Ziegelmauer vor mir. Sie gab die ideale Leinwand dafür ab, meine jüngsten Erinnerungen an Cheney auf sie zu projizieren, was vermutlich keine so tolle Idee war, da er ja meilenweit entfernt war.
Ohne es zu merken, döste ich ein. Als die Scheinwerfer eines vorüberfahrenden Wagens über meine Windschutzscheibe strichen, schreckte ich hoch. Ich sah im selben Moment nach rechts, als Mistys Wagen an meinem vorbeifuhr und langsamer wurde. Sie verließ den Parkplatz und bog nach rechts ab. Ich ließ den Käfer an, fuhr aus der Lücke und erreichte kurz nach ihr die Straße. Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass es vier Uhr morgens war. Offenbar dauerten ihre Schichten sechs statt der üblichen acht Stunden, die der normale Arbeiter ableisten muss. Allerdings war auch schwer vorstellbar, dass jemand mehr als zwei Stunden am Stück auf so hohen Absätzen herumturnen konnte.
Ich behielt den Ford Fairlane im Blick und ließ ihm so viel Vorsprung, wie ich mir erlauben konnte, ohne ihn ganz aus den Augen zu verlieren. Inzwischen hatte der Verkehr nachgelassen, und viele Läden lagen im Dunkeln. In den großen Kasinos herrschte nach wie vor Hochbetrieb. Misty hielt vor dem Eingang zum Silverado Hotel. Die breite Markise, die sich über die achtspurige Straße zog, war so dicht mit Glühbirnen besetzt, dass die Luft vor künstlicher Hitze zu vibrieren schien. Misty stieg aus und reichte einem Parkwächter ihren Autoschlüssel. Die große Glastür ging automatisch auf und zu, als sie darauf zuging und drinnen verschwand.
Zwischen ihrem Wagen und meinem warteten zwei andere Fahrzeuge. Ich sprang heraus und warf meine Schlüssel einem verdrossen blickenden Parkwächter zu, der gerade mit einem Kollegen plauderte. »Könnten Sie den Wagen in der Nähe abstellen? Es sind zwanzig Dollar für Sie drin. Ich brauche nicht lang.«
Ohne seine Antwort abzuwarten, trabte ich auf die Eingangstür zu, betrat die weitläufige Halle, die zu dieser Stunde fast menschenleer war, und blickte mich rasch um. Misty war nirgends zu sehen. Sie hätte in einem bereitstehenden Aufzug, in der Damentoilette zu meiner Rechten oder im Kasino direkt geradeaus verschwunden sein können. Für eines davon musste ich mich entscheiden. Als ich das Kasino betrat, legte sich Rauch um mich wie eine zarte Mantille. Die silberhellen Klingel- und Dudeltöne der Spielautomaten erinnerten an eine Reihe fallender Münzen, das Klimpern von Geld, das die Rinne hinabfließt. Die Gänge verliefen in Rastern zwischen den Spielautomaten, deren Fronten hellrot, grün, gelb und tiefblau leuchteten. Die Geduld der wenigen nächtlichen Spieler verblüffte mich – sie kamen mir vor wie Ameisen, die in dichtem Laub Blattläuse hüteten.
Angestrengt hielt ich in beide Richtungen nach Misty Ausschau, die mir mit ihrer Größe und dem schwarzen Haar bestimmt auffallen würde. Weiter hinten gab es mehrere Lokale, unter anderem einen Coffee-Shop, eine Sushi-Bar, eine Pizzeria und ein »authentisches« italienisches Bistro, das sechs Sorten Pasta und verschiedene Soßen, serviert mit einem Caesar Salad, für 2 Dollar 99 anbot. Ich entdeckte Misty in der Lounge, nachdem mein Blick zuerst an ihr vorbeigeglitten und an dem Mann hängen geblieben war, der ihr am Tisch gegenübersaß. Er war rothaarig und hager und hatte einen geröteten Teint voller Aknenarben. Weder er noch sie sahen mich. Unauffällig betrat ich die Lounge, die auf zwei Seiten offen war, setzte mich ein ganzes Stück entfernt an die Bar und
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