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Kinsey Millhone 18 - Ausgespielt - R wie Rache

Kinsey Millhone 18 - Ausgespielt - R wie Rache

Titel: Kinsey Millhone 18 - Ausgespielt - R wie Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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dem hölzernen Tor ließ sich fast lautlos bewegen, als ich den Garten betrat und auf das erleuchtete Fenster zuging. Ich duckte mich und kam gebückt wieder etwas höher, so dass ich über das Fensterbrett linsen konnte. Reba und Misty saßen mit dem Rücken zu mir am Schreibtisch. Ich konnte nicht erkennen, was sie machten, und ihre Stimmen waren zu gedämpft, um das Gesprächsthema herauszuhören, doch fürs Erste genügte mir das Wissen, dass Reba in Reichweite war.
    Nun musste ich mich entscheiden: Wagte ich es, in mein Zimmer zurückzufahren, ohne die beiden zur Rede zu stellen? Ich sehnte mich nach Schlaf, fürchtete jedoch, dass eine von ihnen oder gleich alle beide verschwunden wären, wenn ich bis zum Morgen wartete. Freilich stünde ich jedes Mal, wenn ich Reba aus den Augen ließ, vor dem gleichen Dilemma, doch im Moment widerstrebte es mir, den einzigen Vorsprung aufzugeben, den ich hatte, nämlich, dass ich wusste, wo sie war, sie aber keine Ahnung hatte, dass ich es wusste.
    Zum Glück sammelte Misty nun die Sachen auf, die sie gemeinsam inspiziert hatten, und schob sie in die Versandtasche, die ich schon zuvor gesehen hatte. Reba verließ den Raum, gefolgt von Misty, die beim Hinausgehen das Licht ausmachte. Ich schlich wieder zur Vorderseite des Hauses und verbarg mich im Schatten der immergrünen Eichen. Zehn Minuten später ging das Licht im Wohnzimmer aus. Leise tappte ich am Haus entlang zur Einfahrt. Nachdem weitere fünfzehn Minuten verstrichen waren, verschwand auch der Lichtstreifen unter dem Garagentor. Meine beiden Küken hatten sich zur Ruhe gelegt.
    Durch eine hellwache, aber stille Stadt fuhr ich zu meinem Motel zurück. Die Sonne würde erst in einer guten Stunde aufgehen, doch der Himmel hatte bereits eine perlgraue Färbung angenommen. Ich parkte, stieg in den ersten Stock und schloss die Zimmertür auf. Das Zimmer war trist, aber einigermaßen sauber, solange man kein Schwarzlicht einsetzte oder auf allen vieren mit einem Vergrößerungsglas herumkroch. Ich zog mich aus, gönnte mir eine schöne heiße Dusche und versuchte dann mein Möglichstes, um die Vorhänge ganz vors Fenster zu ziehen. Sie bestanden aus einem schweren Synthetikmaterial, waren dunkelrot und geschmackvoll mit Flocken besetzt. Neben der Vinyltapete mit ihren silbernen und schwarzen Blitzen ergab sich eine höchst erstaunliche dekorative Gesamtwirkung. Ich zog die pinkfarbene Chenille-Tagesdecke beiseite und legte mich ins Bett, ehe ich das Licht löschte, und schlief wie eine Tote.
    Irgendwann versetzte mir mein Unterbewusstsein einen Stups. Ich erinnerte mich, wie Reba mir erzählt hatte, was für ein Genie Misty beim Herstellen falscher Pässe und anderer Papiere war. Hatte sie sich deshalb mit diesem Mann im Silverado getroffen? Noch im Schlaf beschlich mich eine vage Angst. Vielleicht hatte Reba vor, sich abzusetzen.
    Am nächsten Morgen um zehn klingelte das Telefon. Ich nahm den Hörer ab und legte ihn mir ans Ohr, ohne den Kopf zu bewegen. »Was.«
    »Kinsey, hier ist Reba. Habe ich Sie geweckt?«
    Ich drehte mich auf den Rücken. »Keine Sorge. Ich bin froh, dass Sie anrufen. Wie geht’s Ihnen?«
    »Ganz gut, bis ich erfahren habe, dass Sie hier sind. Wie haben Sie mich gefunden?«
    »Ich habe nicht Sie gefunden, sondern Misty.«
    »Und wie haben Sie das gemacht? Würde mich echt interessieren.«
    »Detektivarbeit, meine Liebe. Das ist mein Beruf.«
    »Puh. Das wundert mich aber.«
    »Was?«
    »Ich dachte, Pop hat Sie nur engagieren können, weil Sie nicht gut sind. Sie hatten ja wohl nichts zu tun, sonst hätten Sie kaum einen solchen Idiotenjob angenommen, oder? Seine Tochter vom Gefängnis abholen? Sie können nicht seriös sein.«
    »Danke, Reba. Wirklich nett von Ihnen.«
    »Ich sage doch, dass ich mich geirrt habe. Ehrlich gesagt war ich total geschockt, als mir Misty erzählt hat, dass Sie aufgetaucht sind. Mir ist immer noch schleierhaft, wie Sie das geschafft haben.«
    »Ich habe da so meine Methoden. Ich hoffe, Sie rufen aus einem wichtigeren Grund an, als mich dazu zu beglückwünschen, dass ich nicht ganz so inkompetent bin, wie Sie dachten.«
    »Ich muss mit Ihnen reden.«
    »Sagen Sie mir, wann und wo, und ich komme sofort.«
    »Wir sind bis Mittag bei Misty.«
    »Toll. Geben Sie mir die Adresse, und ich bin im Handumdrehen da.«
    »Ich dachte, Sie hätten die Adresse schon.« »So perfekt bin ich wohl doch nicht«, erwiderte ich, obwohl ich es selbstverständlich war. Sie rasselte die

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