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Kinsey Millhone 18 - Ausgespielt - R wie Rache

Kinsey Millhone 18 - Ausgespielt - R wie Rache

Titel: Kinsey Millhone 18 - Ausgespielt - R wie Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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beobachtete, wie die beiden sich berieten. Als der Barkeeper kam, bestellte ich mir ein Glas Chardonnay. Zu dieser späten Stunde waren nicht viele Gäste da, und ich musste befürchten aufzufallen, wenn ich so allein dasaß.
    Draußen im Kasino ertönte auf einmal lautes Johlen und Grölen, und kurz darauf kam eine Gruppe von fünf Frauen herein, allesamt betrunken und in Hochstimmung. Eine schwenkte einen Eimer voller Vierteldollars, den sie bei einem Fünfhundert-Dollar-Jackpot gewonnen hatte. Ihr lärmender Auftritt behinderte zwar meine Sicht, doch andererseits boten sie mir Deckung. Misty war in eine ausführliche Diskussion mit dem Mann vertieft, wobei sie sich konzentriert vorbeugte, während sie gemeinsam etwas auf dem Tisch zwischen ihnen begutachteten. Als sie schließlich zufrieden war, reichte sie ihm einen dicken weißen Umschlag, der garantiert ein Bündel Bares enthielt. Im Gegenzug schob er das inspizierte Objekt in eine gelbe Versandtasche und reichte sie ihr, woraufhin sie es in ihre überdimensionale Handtasche steckte. Ich warf einen FünfDollar-Schein neben mein leeres Glas, stand auf und verließ die Bar in der Erwartung, dass Misty nun aufbrechen würde. Neben den Aufzügen blieb ich stehen und warf einen Blick in ihre Richtung, als sie an mir vorbei- und auf die Tür zuging. Ich folgte ihr.
    Sie gab dem Parkwächter ihr Ticket, und während sie auf ihren Wagen wartete, huschte ich mit gesenktem Kopf und dem Rücken zu ihr links vorbei. Mein Käfer stand nahe an der Einfahrt. Zwei Minuten später kam ihr Ford angefahren, und der Parkwächter stieg aus. Sie reichte ihm ein Trinkgeld und setzte sich ans Steuer. Nachdem sie den Parkplatz verlassen hatte, folgte ich ihr, diesmal mit nur einem Wagen Abstand. Als ich mir sicher war, dass sie sich auf dem Nachhauseweg befand, bog ich rechts ab und nahm eine Parallelroute. Ich kam wenige Augenblicke vor ihr an, machte die Scheinwerfer aus und rutschte auf dem Sitz nach unten, bis ich gerade noch übers Lenkrad spähen konnte. Genau wie beim ersten Mal bog sie in ihre Einfahrt ein, stellte den Wagen ab, ging zur Haustür und verschwand im Haus.
    Das Außenlicht erlosch. Einen Moment lang war ich schwer in Versuchung, in mein Motel zu fahren und ins Bett zu kriechen. Bestimmt würde sich auch Misty für den spärlichen Rest der Nacht zur Ruhe begeben. Ich war müde, mir war langweilig, und ich hatte schon wieder Hunger. Ich träumte von einem Frühstück in einem 24-Stunden-Coffee-Shop: Orangensaft, Rührei mit Speck, gebutterter Roggentoast mit Erdbeermarmelade. Und dann schlafen. Es hatte ja nie eine Garantie dafür gegeben, dass Reba in Reno war. Ich war aufs Geratewohl hierher gefahren, weil es angesichts dessen, was ich von ihr wusste, nahe liegend erschien. Misty und Reba hatten auf jeden Fall Kontakt gehabt – warum hätte Mistys Nummer sonst auf Nord Laffertys Telefonrechnung auftauchen sollen? Doch das war keine Antwort auf die Frage, wo sich Reba momentan aufhielt. Ich setzte mich auf und starrte auf Mistys halb im Dunkeln liegendes Haus und den schmalen Lichtstreifen, der unten am Garagentor verlief.
    Warum parkte sie in der Einfahrt, wenn sich direkt am Haus eine Garage befand? In einem dieser unerwarteten Geistesblitze begriff ich endlich das Offensichtliche. Wenn Misty allein lebte, brauchte sie wohl kaum zwei riesige Tüten Lebensmittel und eine Stange Zigaretten. Die Lebensmittel konnten vielleicht noch ihren gesamten wöchentlichen Bedarf umfassen, doch die Frau rauchte nicht. In der Zeit, die wir uns unterhalten hatten, hätten die meisten Raucher einen Grund gefunden, um sich eine anzustecken. Vor allem aber war es dieser schmale Lichtstreifen unten am Garagentor, der mich neugierig machte. Ich stieg aus und überquerte die Straße.

27
    Zuerst inspizierte ich die Garagenfenster. Risse in der braunen Farbe, die die Scheiben bedeckte, gaben den Blick auf ein provisorisches Gästezimmer frei: ein Stuhl, eine Kommode, ein Doppelbett und eine Lampe auf einem Beistelltisch, der aus einem umfunktionierten Pappkarton bestand. Das zerwühlte Bett ließ darauf schließen, dass es erst kürzlich benutzt worden war, genau wie der rote Baumwollpullover, der nachlässig am Fußende lag und in dem ich Rebas Eigentum erkannte. Ein grauer Hartschalenkoffer lag offen neben der Kommode auf dem Fußboden. Die Reisetasche, aus der Kleidungsstücke hingen, stand offen auf dem Stuhl.
    Wie schon zuvor drehte ich eine Runde um das Haus. Der Schnappriegel an

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