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Kinsey Millhone 18 - Ausgespielt - R wie Rache

Kinsey Millhone 18 - Ausgespielt - R wie Rache

Titel: Kinsey Millhone 18 - Ausgespielt - R wie Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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ich es tatsächlich tue.«
    »Warum Sie es tun, ist mir vollkommen gleichgültig – Hauptsache, Sie kommen mit.«
    Ich kehrte ins Motel zurück und gönnte mir dort einen der schamlosesten Faulenzertage seit langem. Ich las ein Taschenbuch zu Ende und fing mit dem nächsten an. Ich machte ein Nickerchen. Um halb drei schlug ich einen Haken um McDonald’s und aß in einem Fast-Food-Lokal der Konkurrenz. Hinterher hätte ich ja eventuell einen Spaziergang gemacht, aber offen gestanden interessierte mich meine Umgebung nicht im Geringsten. Reno ist bestimmt eine tolle Stadt, doch der Tag war heißer als ein Höllenschlund, und mein Zimmer war zwar trostlos, aber zumindest bewohnbar. Ich zog die Schuhe aus und las weiter. Am frühen Abend rief ich Cheney an und unterrichtete ihn über die neuesten Entwicklungen.
    Um zehn legte ich mich schlafen, und am nächsten Morgen um sechs stand ich wieder auf, duschte und packte meine Sachen. Als ich unten an meinem Auto anlangte, hockte Reba auf ihrem Koffer daneben, die Reisetasche zu ihren Füßen. Wieder trug sie die roten Shorts und das ärmellose Shirt vom Morgen zuvor. Nackte Beine. Flipflops.
    »Das ist aber eine Überraschung. Ich hätte gar nicht mit Ihnen gerechnet.«
    »Ja, ich war selbst ganz überrascht von mir. Ich fahre unter einer Bedingung mit.«
    »Es gibt keine Bedingungen, Reba. Sie kommen mit oder nicht. Ich feilsche nicht mit Ihnen.«
    »Ach, bitte. Hören Sie mich an. Es ist nichts Großartiges.«
    »Okay, was?«
    »Ich muss noch auf einen Sprung nach Beverly Hills.«
    »Ich will aber keinen Umweg fahren. Warum nach Beverly Hills?«
    »Ich muss im Neptune Hotel etwas abgeben.«
    »Auf dem Sunset Boulevard?«
    »Genau. Ich schwöre, es dauert überhaupt nicht lange. Tun Sie mir doch diesen klitzekleinen Gefallen. Bitte, bitte, bitte?«
    Ich schluckte meinen Ärger hinunter, da ich froh darüber war, dass sie sich überhaupt zum Mitfahren bereit fand. Also machte ich die Tür auf der Beifahrerseite auf, klappte den Sitz vor und warf meine Reisetasche auf den Rücksitz. Als Reba ihre beiden Gepäckstücke einlud, fiel mir auf, dass an der Tasche neben einem Aufkleber von United Airlines ein kleines grünes Schildchen prangte, das belegte, dass die Tasche die Sicherheitskontrolle passiert hatte. Ich hatte also Recht damit gehabt, dass sie nach Reno geflogen war.
    »Wir könnten uns noch ein ordentliches Frühstück gönnen, ehe wir aufbrechen. Ich lade Sie ein«, sagte sie.
    Wir hatten das ganze McDonald’s für uns allein und stopften uns mit dem üblichen Zeug voll. Allerdings schwor ich mir noch beim Essen, bis ans Ende meiner Tage kein Junkfood mehr zu mir zu nehmen – oder zumindest bis Mittag. Kurz nach uns kamen zwei Männer herein, und das Lokal füllte sich nach und nach mit Leuten, die auf dem Weg zur Arbeit waren. Als wir unseren abschließenden Toilettenbesuch hinter uns gebracht hatten und ins Auto gestiegen waren, war es fünf nach sieben. Ich tankte an der nächsten Chevron-Tankstelle voll, und wir verließen die Stadt. »Wenn Sie in meinem Auto rauchen, bringe ich Sie um«, erklärte ich.
    »Sie können mich mal.«
    Reba hielt die Landkarte in der Hand und dirigierte mich zum Highway 395, der direkt in Richtung Süden und damit nach Los Angeles führte. Eigentlich war mir klar, dass der Umweg sich als nervtötend erweisen würde, aber ich war so erleichtert, sie an meiner Seite zu haben, dass ich mir sämtliche Einwände verkniff. Vielleicht hatte sie ja ihre Meinung geändert und war nun bereit, die Verantwortung für sich selbst zu übernehmen. Angesichts dessen, wie unberechenbar sie war, hielt ich es für das Beste, meine Beobachtungen und Ansichten für mich zu behalten.
    Wir hatten nur wenig Gesprächsstoff. Das Problem im Umgang mit Leuten, die die Kontrolle über sich selbst verloren haben, ist, dass man so wenige Wahlmöglichkeiten hat – im Grunde nur zwei, wenn Sie’s genau wissen wollen:
    Man kann den Berater spielen und sich einbilden, dass noch niemand (außer einem selbst) jemals jenes erlesene Häppchen Weisheit angebracht hat, das schließlich zur Erleuchtung führen wird.
    Man kann den Ankläger spielen und sich einbilden, dass eine hohe Dosis Realität (wiederum von einem selbst verabreicht) die betreffende Person durch Beschämung oder gutes Zureden dazu bringen wird, ihr Leben zu ändern. In beiden Fällen ist man auf dem Holzweg, doch die Versuchung, die eine oder die andere Rolle einzunehmen, ist so groß, dass man

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