Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kinsey Millhone 18 - Ausgespielt - R wie Rache

Kinsey Millhone 18 - Ausgespielt - R wie Rache

Titel: Kinsey Millhone 18 - Ausgespielt - R wie Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
Vom Netzwerk:
auf und ging zum Tresen des Empfangschefs. Nur ein Mann, der laut seinem Namensschild Carl hieß, hatte Dienst und war gerade dabei, eine Tischreservierung für einen gut gekleideten älteren Herrn vorzunehmen. Ich wartete. Als der Herr weg war, sah mich Carl ausdruckslos an. Sein Blick wanderte zur Seite meines Kopfs, an dem ich plötzlich eine Beule von der Größe einer Kokosnuss vermutete. »Kann ich Ihnen helfen?«
    »Ist der Geschäftsführer zu sprechen?«
    »Ich kann mich erkundigen. Sind Sie Hotelgast?«
    »Leider nein, aber ich habe ein kleines Problem und könnte seine Hilfe gebrauchen.«
    »Aha. Und weiß er, worum es sich handelt?«
    »Wahrscheinlich nicht. Sie können ihm sagen, dass ich Millhone heiße.«
    Er nahm den Hörer seines Telefons ab und wählte eine Nummer, ohne den Blick von mir abzuwenden. Als sich am anderen Ende jemand meldete, wandte er sich ab und führte das Gespräch mit vorgehaltener Hand wie jemand, der höflich sein will, während er sich in der Öffentlichkeit die Zähne reinigt. »Er kommt gleich.« »Danke.«
    Er lächelte, und sein Blick glitt von mir ab, als er sich wieder seiner Arbeit zuwandte. Eine Weile beschäftigte er sich mit einem dicken Ordner und dem Telefon. Ich setzte zum Sprechen an, doch er hielt einen Finger in die Höhe, was »Moment bitte« heißen sollte, und setzte seine Tätigkeit fort. Wollte man mich hinhalten? Mir fiel wieder ein, was der Geschäftsführer angesichts Martys (mutmaßlicher) Entführung und der Attacke auf mich in Bezug auf die Haftbarkeit des Hotels gesagt hatte. Vielleicht hatte er die Firmenleitung und seinen Chef verständigt oder den Chef seines Chefs und ihn davor gewarnt, weiteren Kontakt zu mir zu pflegen. Alles, was gesagt wurde, konnte vor Gericht gegen das Hotel verwendet werden. Ich hätte ebenso gut ein blinkendes Schild mit der Aufschrift PROZESS * PROZESS * PROZESS an der Stirn tragen können. »Entschuldigen Sie bitte, Sir.«
    »Möchten Sie einen Moment Platz nehmen? Der Geschäftsführer kommt gleich.« Sein Ton war freundlich, doch diesmal würdigte er mich keines Blickes. Er griff nach einem Stapel Papier, stieß ihn auf den Tresen, um die Kanten auszurichten, und verschwand im dahinter gelegenen Büro, als wäre er auf einer Mission zur Wahrung der inneren Sicherheit.
    Verdrossen stellte ich fest, dass auf einmal mein böser Geist auf meiner Schulter hockte und stumm einen Finger ausstreckte. Ich sah die gelbe Versandtasche, die Reba hinterlegt hatte. Sie lag nach wie vor auf dem Schreibschrank, kaum anderthalb Meter von mir entfernt. Von meinem Standort aus konnte ich Martys Namen entziffern, der mit dicker schwarzer Tinte auf dem Umschlag stand. Also los … Ich ging ein Stück am Tresen entlang und machte einen untätigen Mitarbeiter auf mich aufmerksam, einen jungen Mann von etwa zwanzig Jahren, der wahrscheinlich noch in der Ausbildung war. »Ja, Ma’am?«, sagte er. »Kann ich Ihnen helfen?«
    »Das hoffe ich. Mein Name ist Mrs. Blumberg. Ich wohne mit meinem Mann hier im Hotel. Er hat gesagt, er hinterlässt ein Päckchen für mich, und ich glaube, das da könnte es sein.«
    Ich zeigte auf die Versandtasche.
    Der junge Mann hob sie auf. »Sie sind Marty?«
    »Ja.«
    Er reichte mir das Päckchen.
    Ich war auch froh. »Vielen Dank.«
    Ich ging zur Damentoilette, schloss mich in einer Kabine ein und setzte mich auf die Toilette. Ich stemmte die Füße gegen die Tür, damit nicht der junge Mann von der Rezeption hereingestürmt kam und wegen unrechtmäßiger Aneignung einen Riesenaufstand machte. Die Versandtasche hatte Umfang und Gewicht von zwei Taschenbüchern. Sie war mit einem selbstklebenden Verschluss versehen, doch ich zupfte so lange daran, bis sich die beiden Streifen Klebeband voneinander lösten. Dann spähte ich hinein.
    Vor mir lag ein Paradebeispiel dafür, warum es unmöglich ist, mich davon zu kurieren, immer wieder diese grässlichen Lügen zu erzählen. Schwindeleien und verwandte Formen der Täuschung bringen einem nämlich oft die erstaunlichsten Belohnungen ein. In der Versandtasche fand ich Folgendes:
    Einen Reisepass der Vereinigten Staaten, ausgestellt auf einen gewissen Garrisen Randolph, mit einem fünf mal fünf Zentimeter großen Foto von Martin Blumberg.
    Einen kalifornischen Führerschein, ausgestellt auf Garrisen Randolph, mit einer leicht verkleinerten Version des gleichen Fotos. Seine Wohnadresse war angegeben mit Los Angeles, Postleitzahl 900Z4, also Westwood. GESCHLECHT: m,

Weitere Kostenlose Bücher