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Kinsey Millhone 18 - Ausgespielt - R wie Rache

Kinsey Millhone 18 - Ausgespielt - R wie Rache

Titel: Kinsey Millhone 18 - Ausgespielt - R wie Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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alle zwei Stunden eine Kleinigkeit zu mir nehmen. Sonst riskiere ich Schwindel, Schwäche, Schweißausbrüche und Herzklopfen. Außerdem Gliederzittern, wie du ja sicher schon bemerkt hast.«
    »Tatsächlich? Ist mir nicht aufgefallen.«
    »Das ist es ja. Der Arzt hat mir geraten, Freunde und Verwandte darauf aufmerksam zu machen, damit sie die Symptome erkennen, weil es unerlässlich ist, sofort Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Ein Glas Fruchtsaft, ein paar Nüsse. Das kann ausschlaggebend sein. Er will zwar noch ein paar Untersuchungen vornehmen, aber bis dahin ist eine eiweißreiche Ernährung das Mittel der Wahl«, erklärte er. »Weißt du, bei mangelhafter Glukoseproduktion kann ein Anfall durch Alkohol oder Salizylsäure ausgelöst werden, in seltenen Fällen auch durch Verzehr von Aki-Früchten, die das hervorrufen können, was man gemeinhin die jamaikanische Brechkrankheit nennt …«
    Ich hielt mir eine Hand hinters Ohr. »Ich glaube, bei mir klingelt das Telefon. Ich muss gehen.«
    »Natürlich. Ich kann dir beim Abendessen Näheres erklären, da es dich offenbar interessiert.« »Toll«, sagte ich und schob mich langsam auf meine Tür zu.
    William zeigte mit seinem Spazierstock auf mich. »Und was diese Geschichte mit Henry angeht – ist es nicht besser, intensive Gefühle zu haben, selbst wenn man dabei verletzt wird?«
    Ich zeigte meinerseits auf ihn. »Darüber müssen wir noch mal reden.«

6
    Ich debattierte kurz mit mir selbst, ob ich noch meine drei Meilen Jogging einschieben sollte. Meine morgendliche Laufrunde hatte ich streichen müssen, um rechtzeitig bis neun am Gefängnis zu sein. Meistens laufe ich gegen sechs, wenn ich noch halb schlafe und mein Widerspruchsgeist schwach ist. Mir ist aufgefallen, dass mein Pflichtgefühl und meine Entschlusskraft im Lauf des Tages rapide abnehmen. Wenn ich von der Arbeit nach Hause komme, habe ich meistens nicht die geringste Lust, mir die Joggingkluft überzuwerfen und mich hinauszuschleppen.
    Ich bin nicht so fanatisch in Sachen Sport, dass ich mich nicht gelegentlich selbst entschuldigen würde. Allerdings hatte ich in letzter Zeit die verstärkte Neigung bei mir festgestellt, auf meinen vier Buchstaben sitzen zu bleiben, statt mich zu sportlicher Betätigung aufzuraffen. Bevor ich allzu sehr darüber ins Nachdenken kam, stieg ich die Wendeltreppe hinauf, um mich umzuziehen.
    Ich streifte die Schuhe ab, zerrte die Jeans herunter und zog mir das T-Shirt über den Kopf. Dann schlüpfte ich in Jogginganzug und Laufschuhe. Unter Umständen wie diesen schließe ich gern ein kleines Abkommen mit mir selbst. Wenn ich zehn Minuten laufe und es mir wirklich zuwider ist, darf ich umdrehen und wieder nach Hause gehen. Ohne Schuldgefühle. Nach den ersten zehn Minuten habe ich allerdings normalerweise meinen Rhythmus gefunden und genieße es. Ich band mir den Hausschlüssel in die Schnürsenkel des einen Schuhs, schloss die Tür hinter mir ab und ging mit schnellen Schritten davon.
    Jetzt, wo die Sonne die vom Meer herangezogenen Nebelschichten aufgelöst hatte, tummelten sich die Nachbarn in ihren Gärten, mähten den Rasen, gossen die Pflanzen und schnitten tote Triebe von den Rosensträuchern hinter den Zäunen. Die salzige Seeluft mischte sich mit dem Duft frisch gemähten Grases. Der Teil der Albanil Street, in dem ich wohne, ist schmal. Wenn beide Seiten voll geparkt sind, kommen kaum zwei Autos aneinander vorbei. Eukalyptusbäume und Steinkiefern sorgen für Schatten über den Holz- und Steinhäusern, von denen die meisten klein sind und aus den frühen Vierzigerjahren stammen.
    Als ich an meiner Laufstrecke angelangt war, war ich aufgewärmt genug, um in Joggingtempo zu verfallen. Danach musste ich nur noch mit meinen protestierenden Körperteilen zurande kommen, die sich aber nach und nach in den gleichmäßigen Rhythmus fügten. Vierzig Minuten später war ich wieder zu Hause, außer Atem und verschwitzt, doch im Hochgefühl der Pflichterfüllung. Ich betrat meine Wohnung, zog die Joggingklamotten aus und nahm eine kurze, heiße Dusche. Als ich bereits beim Abtrocknen war, klingelte das Telefon. Ich wickelte mir das Handtuch wie einen Sarong um den Körper und nahm den Hörer ab.
    »Kinsey? Reba hier. Störe ich gerade?«
    »Na ja, ich bin patschnass, aber eine Minute halte ich durch, bevor ich zu frösteln anfange. Was gibt’s denn?«
    »Nicht viel. Pop hat sich nicht wohl gefühlt und ist ins Bett gegangen. Die Haushälterin ist gerade gegangen, und die

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