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Kinsey Millhone 18 - Ausgespielt - R wie Rache

Kinsey Millhone 18 - Ausgespielt - R wie Rache

Titel: Kinsey Millhone 18 - Ausgespielt - R wie Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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Schreibtisch, holte ein Papiertaschentuch aus einer Schachtel und zog mit dessen Hilfe eine Schublade nach der anderen auf.
    »Halten Sie Wache, okay?«
    Ich spähte in den Flur hinter mir. Durchsuchungen sind meine absolute Lieblingsbeschäftigung (abgesehen von den Stunden mit Cheney Phillips in jüngster Zeit). Der aufregende Nervenkitzel, in die Privatsphäre anderer Leute einzudringen, wird noch durch die Gefahr intensiviert, womöglich auf frischer Tat ertappt zu werden. Ich wusste nicht genau, wonach sie suchte, sonst hätte ich gerne mitgemacht. Allerdings musste ja ohnehin jemand Schmiere stehen.
    Reba machte nach wie vor Schubladen auf und zu. »Unglaublich, dass Marty dermaßen paranoid ist. Muss seine Medikamente abgesetzt haben. Ah.« Sie hielt einen dicken Schlüsselbund in die Höhe und schwenkte ihn klirrend hin und her.
    »Den können Sie nicht mitnehmen.«
    »Och. Onni kommt erst am Montag wieder. Bis dahin kann ich ihn zurückbringen.«
    »Reba, nicht. Sie vermasseln alles.«
    »Nein, tu ich nicht. Das hier ist wissenschaftliche Forschung. Ich überprüfe meine Hypothese.«
    »Was für eine Hypothese?«
    »Erzähl ich Ihnen später. Nur keine Sorge.«
    Sie verließ Onnis Büro und fuhr auf dem Rückweg zum Empfangsbereich mit der Hand die Wand entlang, indem sie die Linien der Decke nachzeichnete. Als sie an den Aufzügen anlangte, drehte sie eine Runde durch den zentralen Raum und maß ihre Umgebung mit Blicken ab. Große abstrakte Gemälde beherrschten die Wände, und die Beleuchtung war so gestaltet, dass man mit unwiderstehlicher Kraft von einem Bild zum anderen gezogen wurde.
    »Ich fände es hilfreich, wenn ich wüsste, wonach Sie suchen«, bemerkte ich.
    »Ich weiß, wie er denkt. Irgendwo hier gibt es etwas, das wir nicht finden sollen. Versuchen wir’s mal in seinem Büro.«
    Ich wollte protestieren, doch sie hörte sowieso nicht hin.
    Becks Büro mit seiner Ecklage war vom Feinsten – es war geräumig, mit hellem Kirschbaumholz getäfelt und mit dem gleichen grünen Teppichboden ausgelegt, der auch im Empfangsbereich die Schritte dämpfte. Das Mobiliar bestand aus niedrigen Sesseln aus Chrom und Leder, aus denen man nur mithilfe eines Flaschenzugs wieder hochkommt, wenn man leichtsinnig genug gewesen ist, sich hineinzusetzen. Becks Schreibtisch war eine schwarze Schieferplatte – eine merkwürdige Wahl, es sei denn, er schrieb seine Divisionsaufgaben am liebsten mit Kreide quer über den ganzen Tisch. Reba hatte das Kleenex mitgebracht, um auch an Becks Schubladen keinerlei Fingerabdrücke zu hinterlassen. Ich blieb beklommen in der Tür stehen.
    Unzufrieden wirbelte sie herum. Sie studierte den Raum in allen Einzelheiten, ehe sie schließlich an die getäfelte Wand trat, daran entlang klopfte und auf Anzeichen für Hohlräume dahinter lauschte. Irgendwann berührte sie ein Schnappschloss, und eine Tür sprang auf. Doch der einzige Schatz, der sich dahinter verbarg, war Becks Alkoholvorrat mitsamt kristallenen Karaffen und verschiedenen Gläsern. »Mist«, schimpfte sie, knallte die Tür zu und kehrte an seinen Schreibtisch zurück. Sie setzte sich auf seinen Drehstuhl und nahm von dort aus eine zweite Inspektion vor.
    »Würden Sie sich bitte beeilen?«, zischte ich. »Marty kann jede Minute auftauchen und sich fragen, wo wir stecken.«
    Sie schob den Stuhl zurück und bückte sich, um die Unterseite seines Schreibtischs zu inspizieren. Dabei streckte sie die Hand so weit aus, dass fast der ganze Arm verschwand. Ich wusste nicht, was sie entdeckt hatte, und ich wollte auch nicht unbedingt Zeugin werden. Also trat ich in den Flur hinaus und blickte in Richtung Empfang. Bis jetzt keine Spur von Marty. Beiläufig registrierte ich, dass die Bilder nach ihrem Format aufgereiht waren, wobei die größten neben den Aufzügen hingen und die kleineren nach abnehmenden Proportionen gestaffelt hier hinten. Aus der Perspektive eines Besuchers ergab sich so die Illusion, als wären die Korridore wesentlich länger, als sie es in Wirklichkeit waren – ein amüsanter Trompe-l’Œil-Effekt.
    Reba kam aus Becks Büro, packte mich am Ellbogen und steuerte mich auf die breite Treppe zu, die zum Dach führte.
    »Was ist dort oben außer dem Dachgarten?«
    »Deshalb gehen wir ja hinauf – weil wir es nicht wissen«, erwiderte sie. Sie nahm zwei Stufen auf einmal, und ich hielt mit. Eine Glastür am oberen Ende der Treppe führte in einen professionell angelegten Garten: Bäume, Sträucher und

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