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Kinsey Millhone 18 - Ausgespielt - R wie Rache

Kinsey Millhone 18 - Ausgespielt - R wie Rache

Titel: Kinsey Millhone 18 - Ausgespielt - R wie Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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ausgehängt, sie über zwei Böcke gelegt und mit Segeltuch abgedeckt, um eine Ablagefläche für die Werkzeuge zu haben, die er gerade nicht brauchte. Die Beschläge – Türknäufe, Sicherungsbleche, Fensterriegel und -griffe – lagen durcheinander in Pappkartons, die in einer Ecke standen.
    »Seit wann hast du das Haus?«
    »Etwas über ein Jahr.«
    Weitere Abdeckplanen zogen sich durch eine Schiebetür mit Glaseinsätzen bis ins Esszimmer, das nur in geringfügig besserem Zustand war. Leiter, Farbdosen, Bürsten, Walzen, Farbwannen und Mülltüten – ganz zu schweigen vom Geruch – bezeugten, dass er Vorarbeiten geleistet und gestrichen hatte, auch wenn er Beschläge und andere Eisenteile, die auf sämtlichen Fensterbrettern herumlagen, noch nicht wieder angebracht hatte.
    »Das ist das Esszimmer?«
    »Ja, aber das Paar, dem das Haus gehört hat, hat es als Schlafzimmer für die betagte Mutter der Frau benutzt. Sie haben die Spülküche zu einem behelfsmäßigen Badezimmer umgebaut, also habe ich als Erstes Toilette, Dusche und Waschbecken herausgerissen und die eingebauten Geschirrschränke und Besteckschubladen restauriert.«
    Auf einmal stand ich am Erker der Esszimmerfenster und ertappte ich mich dabei, wie ich in die Küche von Neil und Vera nebenan blickte. Cheneys Einfahrt verlief parallel zu ihrer, nur durch einen schmalen Streifen Gras getrennt. Ich sah Vera an der Spüle stehen, wo sie Teller unter den Wasserhahn hielt, ehe sie sie in die Spülmaschine stellte. Neil saß mit dem Rücken zu mir auf einem Hocker an der Arbeitsfläche und plauderte mit ihr, während sie ihren Verrichtungen nachging. Da die Kinder nirgends zu sehen waren, lagen sie vermutlich schon im Bett. Ich werde selten Zeugin auch nur der flüchtigsten Momente eines Ehelebens. Gelegentlich verblüfft mich der Anblick eines dieser Paare in Restaurants, die sich während der gesamten Mahlzeit keines Blickes würdigen und kein Wort miteinander wechseln. Es ist eine beängstigende Vorstellung: sämtliche alltäglichen Reibereien ohne jegliche Kameradschaft.
    Cheney nahm mich von hinten in die Arme, legte sein Gesicht an meine Haare und folgte meinem Blick. »Eines der wenigen glücklichen Paare, die ich kenne.«
    »So scheint es zumindest.« Er küsste mich aufs Ohr. »Sei nicht so zynisch.«
    »Ich bin aber zynisch. Genau wie du.«
    »Ja, aber ganz tief drinnen haben wir auch eine optimistische Ader.«
    »Das glaubst auch nur du«, sagte ich. »Wo ist die Küche?«
    »Hier entlang.«
    Die Vorbesitzer hatten die Küche massiv umgebaut, so dass sie nun mit ihren Arbeitsflächen aus Granit, den Edelstahlgeräten und der High-Tech-Beleuchtung einen hochmodernen Anblick bot. Statt dem allgegenwärtigen viktorianischen Ambiente des Hauses Abbruch zu tun, strahlte alles eine wunderbare Aura von Hoffnung und gelebter Tüchtigkeit aus. Ich inspizierte gerade eine begehbare Speisekammer von der Größe meiner halben Wohnung, als das Telefon klingelte. Cheney meldete sich, sprach aber kaum etwas, bis er wieder auflegte. »Das war Jonah. In einem Parkhaus an der Floresta hat es eine Schießerei gegeben. Eine meiner Huren ist dabei verletzt worden. Ich habe ihm gesagt, ich würde dich nach Hause bringen und dann zum Tatort kommen.«
    »Ja, klar«, sagte ich, während ich dachte: Toll … jetzt, wo Jonah weiß, dass wir zusammen sind, weiß es bis morgen Mittag die ganze Polizei von Santa Teresa. Männer sind nämlich in Wirklichkeit noch schlimmere Klatschmäuler als Frauen.
    Um Mitternacht kroch ich ins Bett, wälzte mich jedoch unruhig hin und her, vermutlich wegen des ausgedehnten Nickerchens, das ich am Nachmittag gehalten hatte. Ich weiß nicht mehr genau, wann ich in einen bleiernen Schlaf versank, jedenfalls nahm ich irgendwann vage wahr, wie gegen meine Tür gehämmert wurde. Ich schlug die Augen auf und sah auf den Wecker. 8 Uhr 02. Wer zum Teufel war das? Ach du liebe Zeit. Reba stand draußen. Ich schob die Decke beiseite, schwang die Beine aus dem Bett und brüllte: »Einen Moment bitte!«, als ob sie mich hören könnte. Ich wusch mir rasch das Gesicht und presste mir die Finger in die Augen, bis an der Innenseite meiner Lider Lichtblitze aufleuchteten. Dann ging ich nach unten und machte ihr auf. »Entschuldigung, Entschuldigung, Entschuldigung«, sagte ich. »Ich habe verschlafen. Bin gleich wieder da.«
    Zunächst überließ ich sie einfach sich selbst, während ich wieder nach oben ging. Eingedenk meiner guten Manieren beugte ich

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