Kiosk
Prügelei erinnert, die Bullen, die ganze Aufregung. Er meint pietätlos. Darum wird der Gedanke vom Jahresfest jetzt schnell verworfen, zumal das Geld dazu fehlt.
»Vielleicht«, sagt der Dachdecker zögernd, als müsse er seine eigenen Gedanken belauschen, »vielleicht versuchen wir es diesmal mit ’nem Kranz.«
Gut möglich, daß ihn der Anblick von rosa und himmelblauen Stoffblumenkränzen, die für »nur 14,99« zwischen Plastikostereiern, Plüschhasen und Eiermalfarben hängen, auf die Idee gebracht haben. Kalle tut begeistert. »Tolle Sache, nee du, also ehrlich, echt gut.« Er macht eine Pause, zerknickt entschlossen seinen Kaffeebecher und sagt: »Aber den läßt Buddy mitgehen, ich hab keine Lust, mir wegen so’m Tussi-Schrott von den Bullen Gelenkschmuck einzufangen.«
Buddy hat sich tief hinter sein eingedrücktes Gesicht zurückgezogen, wohin ihm niemand folgen kann. Das sieht sehr trostlos aus, kann ja keiner wissen, daß er am Meer angelangt ist. Der Dachdecker zuckt resigniert mit den Achseln, da kann man nichts machen, Buddy muß auch mal ran.
»Ein Kumpel biste nicht grade, Kalle«, sagt er mit einem Anflug von Gerechtigkeitssinn und in Angedenken an Jakobs Güte, während Buddy geduckt zu den Kränzen schlurft und den Kopf schief legt, um sie eingehend zu betrachten. Er tut gern, was man ihm sagt. Die rosa Maiglöckchen gefallen ihm, aber die himmelblauen Margeriten sind auch nicht schlecht. Sein Kopf geht hin und her.
»Äh, was willste?« Kalle hebt die Stimme, baut sich mit dem Rücken zu Buddy hin auf und markiert Randale. »Die wesentlichen Sachen besorg doch wohl immer noch ich, oder?«
»Da gibt’s nix, für um stolz drauf zu sein«, kontert der Dachdecker. »Wenn ich heute den Job für uns auftue, gehen wir zum Ausgleich was kaufen hier. Ist nur gerecht, denk an Jakob und seine Güte, das müssen wir uns was kosten lassen. Da is Geld nicht zu schade für.«
»Kaufen? So’n Quatsch. Was solln wir denn hinterher mit zwei Kränzen?« fragt Kalle kiebig.
»Quatsch Kränze, Jacobi von mir aus«, rüffelt der Dachdecker. »Den Eierbrei in deiner Hose kannste alleine saufen, schon mal von Cholerasterin gehört?« Buddy streichelt hinter den Rücken der beiden die Maiglöckchen.
»Schnaps kaufen geht nicht«, sagt Kalle, »wegen Lenchen. Das wäre treulos, wo die sich hier nich mal um die Kundschaft kümmern.«
»Jetzt langt es aber«, geht die Kitteltante, die sich von der Babynahrung her angeschlichen hat, dazwischen. »Führen Sie Ihre Auseinandersetzung gefälligst vor der Tür.« Sie streckt die Hand vor und packt Kalle beim Ärmel. Der Dachdecker pumpt die Lungen auf: »Erlauben Sie mal, wir sind mitten in einer Kaufentscheidung, und Sie ...«
»Kaufentscheidung! Daß ich nicht lache! Ihr klaut wie die Raben, seit wir aufgemacht haben. Meint ihr, ich bin von gestern?«
»Nee, von vorvorgestern.«
Sie zerrt an Kalles Ärmel. Ein seltsamer Tanz entsteht, weil Kalle sich an ihre Brust wirft, sie ihn wegstößt, er sie wieder an sich ranzieht. So gelangen beide wie in einem schlechten Schieber zur Schwingtür, die eine Kollegin mit angewidertem Blick aufhält.
»Sehen Sie denn nicht, was mein Freund an seinen Füßen trägt, sehen Sie das nicht?« brüllt der Dachdecker, der gemessenen Schrittes gefolgt ist, als sei er der entrüstete Tanzlehrer.
Kalle hat sich, als er zu fallen droht, von seiner Tanzpartnerin gelöst, des Verpoorten wegen. Jetzt steht er draußen und zieht mit zärtlicher Fürsorge den Hosenbund hoch und kratzt sich im Schritt.
»Das an dem seinen Füßen sind Saunaschlappen aus Ihrem Saftladen«, zundert der Dachdecker noch aus dem Laden. »Zu Neunmarkneunundneunzig. Das ist auch Geld, da haben wir lange für gearbeitet. Und Sie gehen so mit den Kunden um. Wer ist eigentlich hier Geschäftsführer?«
»Ich«, sagt die Kitteltante und schaut sich nach dem dritten Halunken um. Buddy spaziert freundlich nickend zur Tür hinaus. »Schö Ta.«
Der Dachdecker verweilt auf der Schwelle. »So wie Sie hier die Geschäfte führen, prophezeie ich Ihnen einen baldigen Konsens.« Er meint Konkurs, was der Kitteltante egal ist.
»Laßt euch hier bloß nicht mehr blicken, sonst hole ich die Polizei. Ich weiß genau, wie der da an die Saunalatschen gekommen ist.« Sie schubst den Dachdecker auf den Bürgersteig.
»Das ist eine böswillige Verleumdung und Beleidigung, ich zeige Sie an«, erklärt der Dachdecker der Glastür, die zufällt. Die Scheibe zittert.
»Kann ich
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