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Kiosk

Kiosk

Titel: Kiosk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Werz
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Rose Quittländer, der Antiquar und Lenchen. Nein, falsch, Lenchen sagt nichts dazu. Sie ist ein solches Schaf, würde Ihnen das Ding glatt kampflos abtreten. Als ob Jakob so was zugelassen hätte. Aber das können Sie mir glauben, ich werde es nicht zulassen, daß Sie der armen Frau alles einfach unterm Hintern wegziehen. Sie sollten sich schämen.«
    Karla läßt sich von dem Hocker gleiten. Lenchen, die Quittländer, sogar der Antiquar? Weg mit den Teddybären. Jetzt wird ihr einiges klar, das Gespräch mit der Quittländer eben war also auch ein Verhör. Auf einmal hat sie deren lauernde Stimme wieder im Ohr: »Jetzt, wo Sie den Kiosk übernehmen.«
    »Sie glauben, daß ich den Kiosk will?« fragt sie atemlos.
    »Ich nehme eher an, Sie wollen an Krahwinkel verkaufen. Sind knapp bei Kasse, stimmt’s? Sehr geschickt, wie Sie sich langsam rangepirscht haben.«
    Karla sucht in ihren Taschen nach Geld. Nur weg hier. »Lassen Sie mal«, sagt Kwiatkowski verächtlich. »Das Bier zahl ich Ihnen trotzdem. Aber es wäre besser, wenn Sie von hier verschwinden. Sie gehören hier nicht hin, das habe ich sofort gesehen.«
    Karla findet einen Zwanziger, wirft ihn auf die Theke. In ihr stürzt die morsche Treppe zusammen, die sie eben zu ihrer Vergangenheit gelegt hat. Schluß damit.
    »Sie haben recht«, sagt sie kalt, und ihre Mutter nickt stumm. »Ich gehöre hier nicht hin. Ihr seid alles elende Krämerseelen. Aber das widerlichste ist, daß ausgerechnet Sie mir Vorträge über Gefühle halten. Sie verstehen nichts. Als ginge es um Geld. Geld ist so was von scheißegal. Ich wollte nie Geld. Schon gar nicht von meinem Vater.« Das Bier stößt ihr auf. Nur weg hier.
    Sie ist in drei langen Schritten bei der Tür, reißt sie auf und rennt los. Nur weg hier. Sie will die ganze Bande nie wieder sehen. Selbst Kalle-Ho ist ein Verräter. Laß mich los. »Das hätte ich dir gleich sagen können.« Halt die Klappe, Mutter.
    Kwiatkowski ist so verblüfft, daß er stehenbleibt. Sie war nicht betrunken. Auch nicht hysterisch. Nicht einmal das Blut hat in ihren Venen gepocht. Kein Lächeln als Versteck.
    Sie hat überhaupt kein Versteck. Sein erster Eindruck war richtig, sein allererster. Er ist mit den Augen besser als mit dem Mund. Er will ihr nach. Der Wirt verlangt sein Geld. Kwiatkowski zahlt. Karlas Zwanziger steckt er ein.
    »Ey, Moment, das war Trinkgeld.«
    »Halten Sie sich geschlossen, Mann.«
    »Nehmen Sie wenigstens Ihren dämlichen Leuchter mit, wir sind hier nicht in der Kirche.«
    Auf der Straße kommt Kwiatkowski zur Besinnung. Was für ein Idiot er ist. Er muß nach Hause. Nachdenken über die Sache. Der Antiquar hat von Anfang an recht gehabt. Sie will den Kiosk nicht. In seiner Wohnung setzt er sich still aufs Sofa, das Licht macht er nicht an. Er tastet nach Zigaretten, steht auf, stößt im Dunkeln gegen den Zeichentisch, knipst die Klemmlampe an. Dann greift er sich einen Bogen Papier und Rötelkreide. Er skizziert mit heftigen, raschen Strichen. Diesmal gelingt es ihm. Es ist kein Engel, der dabei herauskommt. Es ist einfach Karla, die Frau, in die er verliebt ist und zu der er eben das Band zerschnitten hat. Wut und Schmerz teilen sich redlich ihr Gesicht.
    Er wirft die Kreide weg, zerknüllt den Bogen. Morgen wird er mit ihr reden. Wenn man Worte nur zurücknehmen könnte. Er kann nur neue darüber laden, bessere. Vielleicht. Am liebsten will er sie nur anschauen. Die ganze Wahrheit. Morgen.
    Morgen wird es zu spät sein, denn Karla geht weg vom Kattenbug, grußlos, wie sie gekommen ist.

13
    D er Journalist ist pünktlich. Um elf Uhr dreißig hat er den nächsten Termin, dringend. Aber Kwiatkowski ist einigermaßen berühmt, er hat sich nach ihm erkundigt. Das Archiv hat einen ganzen Stapel Artikelkopien über ihn geschickt, sogar aus dem »Spiegel«, hat irgendwas mit Tod, Blut und Exzessen zu tun. Er denkt sich Synonyme aus: Der Totenmaler, nee klingt nicht, Blutkünstler klingt allerdings noch blöder und würde sich mehr für einen Artikel unter der Überschrift: »Ist das noch Kunst?« eignen, aber das wär wieder was für die Kultur, und Kultur bringt einen beim Boulevard nicht wirklich weiter.
    Scheiße, wo bleibt dieser Kerl? Hastig kippt er Lenchens Kaffee herunter, reicht den leeren Becher rüber für Nachschub. Lenchen ist nicht bei der Sache, wirft den Becher einfach weg. In ihrer Kasse fehlt Geld, statt dessen liegt ein Zettel drin, und sie macht sich so ihre Gedanken, sogar Vorwürfe macht sie

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