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Kiosk

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Titel: Kiosk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Werz
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Serie draus, wie in Ostfriesland: »Köln in Angst – wieder ein Kind verschwunden.«
    Außerdem sieht die Frau nicht übel aus, hübsch und verheult, dazu blonde Haare, da lohnt sich Farbe. Die tollen Beine muß er wohl leider weglassen, passen nicht zu einer verzweifelten Mutter. Zu lang.
    »Sie ist seit gestern nachmittag verschwunden, glaub ich«, sagt die Mutter.
    »Und da kommen Sie jetzt erst?« fragt Kwiatkowski mit kaum unterdrückter Verachtung.
    »Ich dachte, sie wär mit dem Hund weg, macht sie doch manchmal. Die, ihre Mitarbeiterin – wie heißt die noch?«
    »Karla«, hilft Lenchen aus.
    »Die Karla gibt ihr den Hund doch sogar nachts mit. Hat sie schon mal gemacht. Wo ist die? Die muß doch wissen, wo mein Kind ist. Mein Kind.« Sie bricht wieder in Tränen aus, der Fotograf zieht ein Päckchen Tempos aus der Brusttasche seines Hemdes, bevor die ganze blaue Wimperntusche verläuft, sieht Scheiße aus in Farbe. »Hier«, mit fürsorglich gedämpfter Stimme bietet er ihr ein Papiertaschentuch an. Nikitas Mutter greift zu.
    Der Journalist linst ein letztes Mal nach der Politesse, dann sagt er fest: »Sie müssen die Polizei holen.«
    »Genau, da kann ja sonst wer weiß was passieren«, sagt der Fotograf. Endlich kapiert dieser Beilagenesser neben ihm, was eine richtige Geschichte ist und daß man da als Team ran muß.
    »Die Polizei?« schreit Nikitas Mutter.
    Soweit hat sie zwar auch schon gedacht, aber da machte der Mann nicht mit.
    »Keine Polizei, hörste, sonst bin ich weg.« Polizei ist das letzte, was er in seiner Umgebung brauchen kann. »Ist doch ’ne Rumtreiberin. Warte erst mal ab.«
    Das hat sie eine Stunde gemacht und Tarot gelegt, hat aber nicht geholfen. Nikita ist nicht aufgetaucht, dafür hat jemand von der Schule angerufen, wo das Mädchen bleibt.
    »Dann geh eben zu dem Scheiß-Kiosk und frag nach«, hat der Mann endlich gemeint. »Wahrscheinlich ist die Kleine wegen dem dämlichen Hund da, hab dir gleich gesagt, schaff mir den Köter aus dem Blickfeld.«
    »Aber ihr Bett ist nicht zerwühlt, sie hat nicht hier geschlafen.« Der Mann zuckt mit den Achseln. Nikitas Mutter ist also zunächst zum Kiosk, kann ja schlecht die Polizei rufen, wenn ihr Verlobter das nicht will. Na ja, fast ihr Verlobter, das mit dem Baby weiß er seit gestern nacht. Er muß sich nur noch zum Heiratsantrag durchringen und die Ringe kaufen. Ausgerechnet jetzt, wo es aufwärts geht, muß Nikita verschwinden.
    »Wenn ich diese Karla zu fassen kriege, schlag ich sie grün und blau«, schwört Nikitas Mutter, als sie vor dem Büdchen an diesem Punkt ihrer Überlegungen angelangt ist. »Also, wo ist sie?«
    Typ Löwenmutter, leicht beschränkt, denkt sich der Fotograf. Die rückt bestimmt Fotos von der Kleinen raus, wenn man sie richtig anspricht.
    »Sie ist nicht da«, sagt Lenchen. Schnell fügt sie hinzu. »Heute morgen.«
    »Und wann kommt sie wieder? Und wo ist der Hund?« fragt Nikitas Mutter. Achselzucken. »Ich halt das nicht aus. Ich halt das nicht aus. Man muß doch was tun.«
    »Unsere Zeitung hilft Ihnen bei der Suche, das verspreche ich Ihnen persönlich. Wir müssen erst mal ein Bild von Ihnen machen.« Der Fotograf schaltet den automatischen Auslöser zu und schießt eine Serie weinende Mutter.
    Der Dachdecker legt hilfreich einen Arm um die Schulter von Nikitas Mama, zieht sie an sich ran. »Nu ma immer mit der Ruhe, die kommt schon nicht um.«
    Helles Schluchzen ist die Antwort. Der Journalist fragt nach Nikitas Aussehen. Die Mutter gibt Auskunft.
    »Wenn Sie ein Foto von ihr hätten, wäre das für die Suchaktion natürlich am besten. Da können unsere Leser alle helfen. Das machen wir ganz groß«, meint der Fotograf freundlich. Sie kramt ein Bild aus ihrem Portemonnaie. Nikita mit Blumenspängchen im Haar, rosa Kirschblüten, das Lächeln hat ihr der Pixiemitarbeiter ins Gesicht geredet, es findet darin keinen rechten Halt.
    »Da war sie erst acht, aber so sieht sie immer noch aus. Mein Kind, mein armes Kind. Sie ist noch so klein.«
    »Nein, was für ein niedliches Kind, also wirklich«, sagt der Fotograf und steckt das Foto rasch ein. »Haben Sie vielleicht eins, wo man sie ganz drauf sieht? Ich meine, damit die Leute sie wiedererkennen, wenn sie sie finden.«
    »Finden? Wie meinen Sie das? O Gott, mein Kind. Wenn etwas passiert ist, bringe ich mich um. Ich bring mich um.« Der Journalist notiert das kurz, dann geht er dazwischen, so macht man das nicht. Er tut amtlich, verbindliche

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