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Kirchwies

Kirchwies

Titel: Kirchwies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannsdieter Loy
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Gemeinderat war einstimmig dafür. Ich habe mich der Stimme enthalten.«
    Nun strahlte Pater Timo übers ganze Gesicht. Er musste sich zurückhalten, seine Gefühle nicht allzu deutlich zu zeigen.
    Doch kaum war er in die höchsten Höhen des Glücks gehoben worden, fiel er ebenso rasch wieder auf den Boden der Realität zurück. Die Erinnerung, die ihm viele Tage im Kopf herumgeschwirrt war, flatterte nun in Camparis Gesellschaft in die Freiheit. Seine Erinnerungen und die Gedanken, die er nächtelang gewälzt hatte, klebten an ihm wie schmieriger Brei.
    Die Beichte!
    »Thea Brommel hat vor ihrem schrecklichen Tod gebeichtet«, platzte es aus ihm heraus.
    Campari schluckte und erstarrte. Er wendete sich ab und hob den Kopf zur Decke. Timo konnte nur seinen fleischigen Nacken erkennen. Aus dem war alles Blut gewichen.
    »Ich habe natürlich Schweigepflichten«, sagte Timo. »Aber – wenn Sie wollen: Stellen Sie Fragen, die ich beantworten kann.« Er vermutete, dass es in Camparis Kopf nur so wirbelte. »Wenn Sie mögen«, wiederholte er.
    Langsam drehte Campari sich um. Er wirkte um Jahre älter. »Das heißt …«, flüsterte er tonlos.
    Das Gewölbe über ihm fing die Bemerkung auf und warf sie verzerrt zurück. Pater Timo verschränkte die Arme vor der Brust und nickte kaum wahrnehmbar. In den Augen des anderen blitzte Erkenntnis auf. Thea hatte ihre Affäre mit ihm gebeichtet! Dabei hätte der Bürgermeister alles gegeben, um die Nachricht zu unterdrücken. Die Erkenntnis mündete in Unsicherheit.
    »Aber Sie haben doch …«, sagte er eindringlich.
    »Ein Beichtgeheimnis, natürlich. Und das werde ich auch einhalten.«
    Dass Timo sich anschließend bekreuzigte, schien den Sünder ein klein wenig zu beruhigen. Seine Brust wurde wieder breiter.
    Mehrmals schon hatte Pater Timo überlegt, dass Campari – rein theoretisch natürlich – als Mörder von Thea Brommel in Frage kam. Er hatte ein Motiv. Er führte die Ermittlungen selbst. Wer hatte sein Alibi überprüft? Hatte er womöglich auch Fritzi auf dem Gewissen? Rein hypothetisch war alles möglich.
    Pater Timo besaß ein Buch, in dem er alle Ohrenbeichten protokollierte. Auch das Eingeständnis von Thea war darin eingetragen. Das Buch besaß einen Schleifenverschluss. In den vorderen und hinteren Buchdeckel waren Löcher eingelassen, die durch Schleifen miteinander verbunden waren. Das verhinderte ein unbeabsichtigtes Aufklappen. Es bot jedoch keinen Schutz vor unbefugtem Öffnen. Dazu band Timo die Schleifen mit einem Kreuzknoten zusammen. Den konnte man zwar öffnen, doch nicht wieder verknüpfen, wenn man nichts von Seemannsknoten verstand. Zwei Mal in den vergangenen vierzehn Tagen hatte der Pater feststellen müssen, dass sich jemand an seinem Beichtbuch zu schaffen gemacht hatte.
    Hatte er nun das Beichtgeheimnis gebrochen oder nicht? Von Jesus in der Kirche hätte er dazu eine Antwort erwartet. Doch Jesus blieb stumm wie ein Fisch.
    Eine Frage konnte sich Timo freilich selbst beantworten: wer in dem Buch nachgelesen hatte. Ihn fröstelte bei dem Gedanken.
    * * *
    Die Sommerhitze machte es unmöglich, sich im Inneren des Kirchwieser Löchls aufzuhalten. Doch das war eh nicht Camparis Absicht und auch nicht die von Felix Breitenberg gewesen. Ein echter Bayer findet wirkliche Erholung nur in seinem Biergarten. Sie setzten sich in den Schatten der drei Uraltkastanien, die sogar das Haus ein paar Meter überragten und ihre Zweige über die gesamte Fläche spannten.
    »Also. Red«, sagte Campari. Der Schrecken aus der Unterhaltung mit Pater Timo saß ihm noch in den Knochen. Er wirkte bedrückt.
    »Dass der Pater und seine Haushälterin Geschwister sind, hab ich erst hier vor Ort herausgefunden«, begann Breitenberg. Er kam schnurstracks zum Thema.
    Sein Gegenüber schwieg. Er hatte zwei Halbe für sich und den anderen bestellt.
    »Und hier in Kirchwies hab ich begonnen, detaillierter zu recherchieren«, fuhr Breitenberg in sachlichem Ton fort. Er rückte seinen Brauereistuhl zur Seite, um die Bedienung an den Tisch zu lassen, eine stämmige, vollbusige Vierzigjährige. Sie trug ein Tablett mit zwei Flaschen und zwei Gläsern.
    »Is des a Weißbier?«, rief Campari aus.
    »Ja freili. Wie bestellt.«
    »Nix. I hob zwoa Hoibe bstellt. Verstehst? Zwei halbe Liter normales helles Bier vom Fass.«
    Die Kellnerin sah ein, dass sie hier den Kürzeren ziehen würde. Ohne zu murren, trabte sie zurück. Breitenberg rückte den Stuhl wieder zurück. Der Kies

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