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Kirchwies

Kirchwies

Titel: Kirchwies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannsdieter Loy
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gleich bei dir.«
    »Bei wem?«, fragte Campari mitleidslos.
    »Fritzi«, hauchte Breitenberg.
    Ein Schatten machte sich hinter ihnen breit.
    Pater Timo. Er hielt beide Hände flach vor sich ausgestreckt. Auf jeder Handfläche befand sich ein Glas mit trübgelber Füllung. »Quittengelee«, gab er bekannt. »Von meiner Schwester. Speziell für Sie.«

zehn
    Leiche wird wieder ausgegraben!
    Die Leiche der in Kirchwies brutal ermordeten Physiotherapeutin Thea Brommel wird auf richterliche Anordnung hin exhumiert.
    »Es gibt eine neue und vielversprechende Spur, welche die Aufklärung des Falles wieder hochaktuell werden lässt«, so äußerte sich ein Mitglied der Sonderkommission. Ebenso arbeitet seit wenigen Tagen ein Experte für Täterprofile vom Bundeskriminalamt am Fall mit. Die Leiche, erklärte er, sei mit absoluter Sicherheit noch in gutem Zustand. Dann würden sichere Erkenntnisse und Beweise gefunden werden, sodass man in der Folge unmittelbar vor der Lösung des Falles stünde.
    Die Ermittlungen leitet Max Campari, der Bürgermeister von Kirchwies. »In gewisser Weise«, verdeutlichte er, »wollen wir Thea Brommel auferstehen lassen, damit sie als Zeugin ihrer eigenen Ermordung aussagen kann.«
    Die Exhumierung wird morgen um neun Uhr vormittags stattfinden. Der Grabraum wird weiträumig abgesperrt sein.
    Die Meldung im »Oberbayerischen Volksblatt« schlug in der Bevölkerung wie eine Bombe ein. Ein Rumoren wie in einem aufgescheuchten Ameisenhaufen begann.
    * * *
    Das Kirchwieser Löchl, die Dorfwirtschaft, lag nur einen Steinwurf von Pater Timos Dorfkirche entfernt. Auf der anderen Seite der Straße, ebenfalls nicht viel weiter weg, breitete sich der Friedhof aus. Auf ovaler Fläche, so groß wie ein halbes Fußballfeld, schmiegte er sich an eine dahinter liegende Anhöhe an. Es war ein katholischer Friedhof. Das hieß nichts anderes, als dass nur katholischgläubige Christen hier begraben werden durften. Wer beispielsweise aus der Kirche ausgetreten oder Protestant war, hatte hier nichts zu suchen.
    Thea Brommel war Protestantin gewesen. Da sie nicht mit ihrem frühen Tod gerechnet hatte, war auch nichts geregelt worden, was ihre Beisetzung betraf. Demnach hätte der Bestatter sie nach Rosenheim auf den Stadtfriedhof bringen müssen. Das Eingreifen Pater Timos hatte es jedoch möglich gemacht, die Tote hier zu Grabe zu tragen.
    Durch ein kunstvoll geschmiedetes überdachtes Törchen betrat man den Grund. Eine kleine Aussegnungskapelle mit Holzschindeldach, offensichtlich der Friedhofskirche nachgebildet, einem Kreuz als Spitze und einem liegenden Christus aus dem Stein der Gegend. Davor drei parallel angeordnete Grabreihen. Dazwischen kiesbestreute Gehwege, auf denen nicht ein einziges Blatt und keine Zigarettenkippe lagen.
    Ein gleich großes Dorf in einem anderen Bundesland hätte einen Friedhof dieser Art zu seinem ganz persönlichen botanischen Garten erklärt. Blumen, Büsche und Ranken vom Feinsten, zwei sprudelnde Zierbrunnen, ein Brunnen zum Wasserholen, Schatten spendende Ahornbäume. Singvögel in den Zweigen, Eidechsen auf den Grabsteinen und -platten, ein Ameisenhaufen und ein facettenreicher Steingarten, höher als ein Nordseedeich, rundeten das Landschaftsbild ab.
    Dieser Ort war das Paradies der Toten von Kirchwies. Von jedem Grab aus hatte man einen ungehinderten Blick auf die Berge der Voralpen. Das Familiengrab der Camparis, wo auch Tonio – Max Camparis Vater – begraben lag, war das zweite an der Mauer links neben der Kapelle.
    Das letzte Grab in der hintersten Reihe vor der Thujenhecke und der Mauer war frisch. Ein kleiner Erdhaufen mit Blumen, Kränzen, Schleifen und anderen Hinterlassenschaften. Das war das Grab von Thea Brommel. Dieses Grab sollte auf richterliche Verfügung hin geöffnet werden.
    Campari lehnte etwas abseits an einer sich üppig verwindenden Korkenzieherakazie und betrachtete nachdenklich den Vorgang auf dem Friedhof. Sein Blick schweifte über die Gräber hinüber zur Aussegnungskapelle, deren Dach sich mit einem gedämpften Rotbraun gegen die blaue Silhouette der Berge abhob. Die Dachrinne hatte in der Mitte ein Loch, durch das sich das Material drängte, das ein Amsel- oder Schwalbenpärchen im Frühjahr zum Nestbau angesammelt hatte. Im Sommer schienen Vögel hier nicht zu existieren. Sie hausten irgendwo in den Bäumen oder im Schatten unter den Büschen. Hören oder sehen tat man sie selbst jetzt in der etwas kühleren Frühe nicht.
    Begonien in allen

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