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Kirschenküsse

Kirschenküsse

Titel: Kirschenküsse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Bomann
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meinen Zimmergenossinnen noch nicht wirklich geschlafen haben konnte, war plötzlich wieder da und ließ mein Herz noch schneller schlagen. Wenn es morgen einen Schaden an einem anderen Modell gab, dann würde man sicher mich verdächtigen …
    Aber dann drängte ich diesen Gedanken wieder beiseite. Der einzige Kleiderzerstörer war Norman und der hatte es ausschließlich auf mich abgesehen.
    Ich schlich also weiter und versuchte, meine Gedanken auf das Treffen mit Thomas zu lenken. Und das war nicht besonders schwer! Wie würde es sein, allein mit ihm durch den nächtlichen Park zu laufen? Oder in der Grotte zu sitzen, die andere Pärchen zum Knutschen nutzten?
    Als ich plötzlich eine Tür hinter mir aufgehen hörte, schreckte ich zusammen. Weil mir nichts Besseres einfiel und ich mich auch nicht auf meine Tarnung als halber Geist verlassen wollte, presste ich mich an die Wand. Beinahe kam ich mir wie eine Geheimagentin vor, die auf einer gefährlichen Mission war. Ein Lichtschein fiel auf den Gang. War es vielleicht Herr Heidenreich, der etwas gehört hatte und nach dem Rechten sehen wollte? Ich konnte es nicht erkennen, denn ich versteckte mich hinter einer der Säulen, die die Decke unseres Ganges trugen.
    Bange Augenblicke vergingen. Ich malte mir bereits aus, wie mich der Reiseleiter erwischte, sich meiner Schandtat vom Vormittag entsann und mich dann morgen früh in den nächsten Bus setzte.
    Das Schlimmste an dieser Vorstellung war nicht mal, dass ich nach Hause geschickt würde (okay, das war auch schon ziemlich schlimm), sondern, dass Thomas wahrscheinlich denken würde, ich hätte heute Nachmittag schon den Bus nach Hause nehmen müssen und mich nicht mal mehr bei ihm verabschiedet. Ob ich dann morgen dazu noch die Gelegenheit hätte, bezweifelte ich. Dann wäre er sicher böse auf mich und ich könnte ihm nicht mal erklären, was passiert war.
    Wer auch immer die Tür geöffnet hatte, schien jedoch nicht vorzuhaben, nach draußen zu kommen. Nach einer Weile wurde der Lichtstreifen kleiner und die Tür klappte wieder zu.
    Puh! Jetzt musste ich erst einmal durchatmen!
    Als ich mich wieder beruhigt hatte, setzte ich meinen Weg zur Treppe fort. Ein Blick auf mein Handy sagte mir, dass es schon acht Minuten nach zehn war! Jetzt hieß es aber Beeilung!
    Zwischendurch hielt ich Ausschau nach potenziellen Verstecken, für den Fall, dass ich dem Nachtwächter über den Weg lief. Zwar wusste ich nicht, ob es hier so jemanden gab, aber sicher gab es doch einen Wachschutz, der das Gebäude im Auge behielt.
    Nachdem ich die Treppe hinter mich gebracht hatte, blickte ich mich um. Wie schaurig das Schloss doch wirkte, wenn niemand durch die Gänge huschte und keine Stimmen von Touristen und Museumswärtern durch das Gemäuer wisperten! Hier könnte man prima einen Gruselfilm drehen, vielleicht einen mit Vampiren. Immerhin gab es doch schon Fledermäuse auf dem Gelände.
    Da ein Nachtwächter nirgends zu sehen war, schlich ich weiter zur Tür und drückte die Klinke herunter. Jetzt würde sich zeigen, ob Thomas wirklich gekommen war und auf mich gewartet hatte – es war bestimmt schon zehn nach zehn! – oder ob all die Aufregung umsonst gewesen war.
    Als die Tür aufschnappte, sah ich Thomas’ Hinterkopf und seufzte erleichtert. Mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht begrüßte ich ihn, als er sich umwandte.
    »Dachte schon, du kommst gar nicht mehr«, bemerkte er, ebenfalls lächelnd.
    Ich blickte noch einmal misstrauisch zur Tür. Hatte mich auch wirklich niemand bemerkt? »Entschuldige, aber ich musste mich erst noch vor dem Nachtgespenst verstecken«, behauptete ich und grinste ihn weiter an. »Ich glaube nicht, dass es Konkurrenz dulden würde.«
    »Die Geister in unserem Schloss sind friedlich«, gab Thomas zurück. Dann sagte er: »Mach die Augen zu und halt deine Hand auf!«
    Ich fragte mich zwar, was er vorhatte, kam aber seiner Aufforderung ohne Weiteres nach. Er nahm meine ausgestreckte Hand und ließ mit der anderen mehrere kleine, kühle Dinge hineinfallen.
    »Man soll das Mädchen bei einem Date ja eigentlich schick ausführen«, kommentierte er. »Aber ich habe leider nur Kirschen.«
    Ich machte die Augen auf, starrte auf die Kirschen in meiner Hand und spürte, wie ich rot wurde. Insgeheim hatte ich es ja gehofft, doch nun sprach er aus, dass dies ein Date war. Mein erstes richtiges Date!
    »Kirschen sind gut«, sagte ich schnell und schaute ihm – nur kurz, aber immerhin – in die Augen.

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