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Kirschenküsse

Kirschenküsse

Titel: Kirschenküsse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Bomann
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»Sehr gut.«
    Schweigend hockten wir uns auf die Treppe und aßen die Kirschen im Mondschein. Vielleicht bildete ich es mir nur ein, aber irgendwie schien ihr Geschmack noch besser geworden zu sein. Oder lag das an der Gesellschaft?
    Obwohl ich ihm eigentlich viel zu erzählen gehabt hätte, sagte ich kein Wort. Er sprach aber auch nicht. Hin und wieder blickte ich verstohlen zu ihm hinüber und stellte wieder einmal fest, wie gut er doch aussah.
    Als wir mit dem Essen fertig waren, fasste er mich bei der Hand. Zunächst durchfuhr es mich wie ein Blitzschlag, dann stellte ich überrascht fest, wie weich seine Hand war. Dabei arbeitete er ständig im Garten!
    Eigentlich hatte ich gerade doch noch etwas zu der Gespenstersache sagen oder ihm zumindest mitteilen wollen, dass ich den Rest der Woche noch bleiben durfte, aber mir entfielen schlagartig alle Worte. Ich ließ mich von ihm die Treppe hinunterziehen und wir gingen nebeneinander über einen Kiesweg in genau die entgegengesetzte Richtung von der, die Herr Heidenreich mit uns eingeschlagen hatte.
    Ein schmaler Weg führte zu einem Eisenzaun, den ich vorher gar nicht bemerkt hatte. Das wunderte mich ein wenig, denn außer hohen Hecken gab es für den Schlosspark keine Umzäunung.
    »Der Schlossgarten ist eingezäunt worden, damit niemand auf die Idee kommt, die Orangerie des Schlosses zu plündern oder die große Muschel im Muschelbrunnen mitzunehmen«, erklärte Thomas, als hätte er meine Gedanken lesen können.
    »Ist so was denn schon mal passiert?«, fragte ich.
    »Versucht worden ist es. Glücklicherweise war der Wachschutz rasch zur Stelle und hat den Transporter gestellt, bevor er auf die Autobahn verschwinden konnte. Stell dir vor, neben ein paar Orangenbäumchen haben sie sogar die Riesenmuschel mitgenommen!«
    »Was wollten sie damit?«, fragte ich. »Haben sie gedacht, da drin steckt eine große Perle?«
    »Keine Ahnung. Eine Perle kann da drin nicht mehr stecken, sie ist offen und lebt auch schon seit einiger Zeit nicht mehr. Die Diebe wollten sie wohl in ihrem Garten aufstellen oder sie wegen des Perlmutts verkaufen. Dabei ist sie viel wertvoller als das Geld, das sie dafür bekommen hätten. Alexander von Humboldt soll sie von einer seiner Reisen mitgebracht und dem Herzog geschenkt haben. Das macht sie unbezahlbar.«
    Von Humboldt hatte ich bereits in der Schule gehört, aber offenbar noch nicht genug. Wenn ich zu Hause war und wieder an den Computer konnte, würde ich mich ein wenig schlaumachen.
    »Jetzt müssen wir nur noch durch diesen Zaun«, sagte er schließlich und ließ seinen Blick über das Gitter gleiten, als suche er etwas.
    »Aber du hast dafür den Schlüssel, nicht wahr?«, fragte ich und hielt es zunächst für eine weitere seiner Neckereien, als er den Kopf schüttelte.
    Doch offenbar hatte er wirklich keinen Schlüssel.
    »Wir brauchen auch keinen«, behauptete er und zog mich weiter mit sich.
    »Und wie wollen wir da durchkommen?«, fragte ich.
    »Wir machen es wie die Diebe«, entgegnete er. »Wir klettern einfach drüber!«
    Na das konnte ja heiter werden – ich im Rock und klettern! In Jeans wäre es kein Thema gewesen, aber wenn ich nun mit dem Rocksaum irgendwo hängen blieb! Und das mit meinem besten Rock!
    »Na komm schon, hab keine Angst!«, ermunterte er mich und machte eine Räuberleiter.
    Nun gut, dann also rein ins Abenteuer! Ich stützte mich an seinen Schultern ab und stieß ein überraschtes Kieksen aus, als ich spürte, dass Thomas mit meinem Gewicht überhaupt keine Schwierigkeiten hatte. Ohne zu schnaufen oder besonders angestrengt auszusehen, hob er mich so hoch, dass ich die Oberkante des Zaunes erreichte.
    »Stell dich auf die Querstrebe im Tor«, wies er mich an.
    Das war ja alles noch leicht, aber wie jetzt wieder runterkommen?
    Im nächsten Augenblick tauchte er neben mir auf. Weiß der Geier, wie er so schnell da hochgekommen war! Wahrscheinlich kletterte er nicht zum ersten Mal über diesen Zaun. Das ließ nun doch ein wenig Neid bei mir aufkommen. Ich würde auch so gern in der Nähe eines Schlosses wohnen!
    Aber im Moment war es wichtiger, wieder festen Boden unter den Füßen zu bekommen.
    »Und jetzt?«, fragte ich Thomas, der sein Bein sportlich über den Zaun schwang, sich auf der Querstrebe, auf der auch ich immer noch stand, abstützte und dann in die Tiefe sprang.
    »Jetzt springst du einfach ab, wie ich es getan habe!«, antwortete er.
    Im Gegensatz zu ihm traute ich mich aber nicht, einfach

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