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Kirschenküsse

Kirschenküsse

Titel: Kirschenküsse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Bomann
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und das blieb auch so, als wir an unsere Plätze gingen.
    Frau Tizian hatte mir neuen Stoff organisiert, beinahe identische Stoffstücke, die jeweils auf einer kleinen Papprolle aufgerollt auf meinem Tisch bereitlagen. Ich fragte mich, was wohl mit dem zerrissenen Modell geschehen war, denn die Figurine hinter meinem Platz war leer.
    Als ich die Modelle der anderen sah, die sauber geheftet auf den Schneiderpuppen hingen, hätte ich heulen können.
    Aber wollte ich denn wirklich gewinnen?
    Auf Thomas einen guten Eindruck machen wollte ich, ja, aber wenn ich an die gestrige Nacht zurückdachte, hatte ich keine der Münzen mit dem Wunsch nach Sieg beim Wettbewerb in den Brunnen geschickt.
    Doch freuen würde es mich schon, wenn mein Modell ein Lob von Frau Tizian und den anderen Kursleitern einheimsen würde. Allein schon deswegen, weil Norman sehen sollte, dass er mit seiner Tat nichts bewirkt hatte!
    Nun denn, auf ans Werk!
    Ich holte meine Zeichnung wieder hervor und versuchte, mich an die Arbeitsschritte zu erinnern, die ich beim letzten Mal durchgegangen war.
    Glücklicherweise war mein Gedächtnis ziemlich gut, was mir schon mal bei einer Klassenarbeit zugutegekommen war. Ich hatte es fertiggebracht, in der Hofpause vor der Arbeit für Physik zu lernen (weil ich es total verschwitzt hatte, dass wir eine Arbeit schrieben!) und damit eine Zwei zu bekommen!
    Ähnlich war es jetzt bei dem Kleid. Ich erinnerte mich noch, wie ich die einzelnen Teile zugeschnitten hatte, und setzte die Schere an den neuen Stoff an. Ob ich es schaffen würde, die verlorene Zeit aufzuholen, war aber noch fraglich. Ich sah mich schon die halbe Nacht vor der Figurine stehen und alles zurechtstecken.
    Sonst hatte es mich nicht gestört, aber während ich jetzt versuchte, mir nicht ständig in die Fingerkuppen zu stechen, hörte ich überdeutlich die Bildhauer nebenan, denen jetzt wieder Hammer und Meißel ausgehändigt worden waren. Von den Malern bekam man ja glücklicherweise nicht viel mit, aber das Rumgeklopfe auf den Steinen ging mir schon ziemlich auf die Nerven.
    Denk an Thomas, sagte ich mir. Du willst doch nicht, dass er über dein Modell lacht!
    In der Mittagspause, während ich Hühnchen und Möhrengemüse in mich hineinstopfte – wegen der konzentrierten Arbeit war auch mein Hungergefühl wiedergekommen –, fiel mir wieder ein, dass ich noch das Bild in der Ahnengalerie fotografieren wollte, das mir als Inspiration gedient hatte und das ich Ivy mitbringen wollte. Ohne sie hätte es das wunderbare Treffen mit Thomas gestern nicht gegeben, da hätte sie eigentlich ein ganzes Bilderalbum verdient!
    »Hast du einen Moment Zeit?«, fragte ich also Anett, denn ich wollte nicht allein in die Ahnengalerie. Außerdem wäre es gut, wenn es jemanden gäbe, der Schmiere stehen könnte.
    »Wofür denn?«, erkundigte sie sich neugierig.
    »Ich möchte gern ein paar Bilder in der Ahnengalerie machen. Für eine Freundin, die mir sehr geholfen hat.« Ich fand es passend, das zu erwähnen, so konnte mir jedenfalls niemand unterstellen, dass ich mir einen unfairen Vorteil verschaffen wollte.
    »Okay, wollen wir jetzt gleich?«, fragte sie und schob das leere Nachtischschälchen beiseite. Es hatte Erdbeercreme mit Sahne gegeben, nicht gerade das, was Modefürsten ihren Models empfehlen würden, aber wir wollten ja nicht Models werden und konnten es uns erlauben.
    »Meinetwegen!«, antwortete ich, denn in der Hoffnung, doch noch irgendwann eine Nachricht von Mona zu bekommen, hatte ich mein Handy stets bei mir und musste es nicht erst aus dem Zimmer holen.
    Wir verließen also den Speisesaal und gingen in Richtung Schlossmuseum.
    In den Museumsräumen war nicht besonders viel los. Die Touristen schlenderten im Moment lieber durch den Park oder saßen im Schlosscafé und genossen die Sonne. Ich hoffte, dass das auch für die Museumswärterin galt.
    Tatsächlich war der Platz an der Latschenvergabe verwaist, und auch sonst war niemand zu sehen, der hier auf die Kunstwerke achtete. Rechnete man zu dieser Zeit nicht mit Touristen oder gab es für das Schlossmuseum auch so eine Art Ruhezeit?
    »Meinst du wirklich, man kommt hier so einfach ohne Eintrittskarte rein?«, wisperte Anett, während sie spähend den Hals reckte.
    »Beim letzten Mal hatten wir doch auch keine Karte.«
    »Ja, aber da war Herr Heidenreich dabei. Die werden sich unmöglich unsere Gesichter gemerkt haben!«
    »Aber wenn wir erst mal drin sind, woher wollen sie dann wissen, dass

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